OGH 4Ob130/11p

OGH4Ob130/11p20.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mediengruppe „Ö*****“ GmbH, *****, vertreten durch Zöchbauer, Frauenberger Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei K***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Ruggenthaler Rechtsanwalts KG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 35.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 29. Juni 2011, GZ 2 R 112/11x-9, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 11. Mai 2011, GZ 30 Cg 29/11h-5, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Beklagte verpflichtete sich mit Vergleich vom 17. Februar 2011 in einem zwischen denselben Parteien geführten Verfahren dazu, im geschäftlichen Verkehr die Verbreitung und/oder Behauptung der unwahren und/oder irreführenden Äußerung, sie würde „exklusiv“ und/oder als „Erste“ über politische Vorhaben, insbesondere über das Transferkonto, womit die österreichische Volkspartei alle Sozialleistungen transparent machen möchte, berichten, und/oder sinngleiche irreführende Äußerungen zu unterlassen.

Das Rekursgericht verneinte das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin, in diesem Verfahren einen weiteren gleichartigen Exekutionstitel zu erwirken. Das nunmehr beanstandete Verhalten der Beklagten, nämlich die Behauptung die Ex-Außenministerin Dr. P***** habe sich - wie die Beklagte exklusiv berichtete - auch als Österreichs Botschafterin in Paris beworben, sei - im Falle ihrer Unrichtigkeit oder Irreführungseignung - vom bereits bestehenden Exekutionstitel (Vergleich) umfasst.

Die Klägerin macht als erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO geltend, diese Beurteilung des (fehlenden) Rechtsschutzbedürfnisses der Klägerin widerspreche der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Rechtliche Beurteilung

Das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses führt zur Abweisung der Klage als unbegründet. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der Kläger schon über einen Exekutionstitel zur Durchsetzung seines Anspruchs verfügt oder wenn der Kläger das mit der Klage verfolgte Rechtsschutzziel schon erreicht hat (RIS-Justiz RS0037297, RS0002451, RS0038062 [T1]). Dieser Rechtsprechung ist das Rekursgericht gefolgt und hat den von der Klägerin wider die Beklagte bereits erzielten Exekutionstitel (Vergleich vom 11. Februar 2011) dahin ausgelegt, dass der nunmehr beanstandete Bericht von diesem Exekutionstitel erfasst würde.

Die Auslegung des Exekutionstitels hat im Einzelfall nach dessen Wortlaut zu erfolgen, nur aus diesem selbst ist zu schließen, was die Parteien oder das Gericht dabei in Wirklichkeit gemeint haben. Wenn der Titel aus Parteienerklärungen besteht, wie zB aus einem Vergleich, kommt es auf den objektiven Sinn an, der sich aus der Verpflichtungserklärung im Zusammenhang mit dem sonstigen Inhalt des Titels ergibt, nicht aber darauf, was die Parteien im Einzelfall gewollt haben. Ist der Titel irgendwie unklar, so geht das zu Lasten des betreibenden Gläubigers (RIS-Justiz RS0000207). Die Beantwortung der Frage, ob ein bestimmtes festgestelltes Verhalten des Verpflichteten noch vom Exekutionstitel erfasst wird, geht über den konkreten Anlassfall nicht hinaus (RIS-Justiz RS0004662 [T1]; RS0000595 [T4]); wie ein singulärer Exekutionstitel aufzufassen ist, ist keine erhebliche Rechtsfrage (3 Ob 280/08k).

Die Auffassung des Rekursgerichts, das titulierte Verbot unwahrer und/oder irreführender Äußerungen, die Beklagte würde „exklusiv“ und/oder als „Erste“ über politische Vorhaben berichten, und/oder sinngleiche irreführende Äußerungen erfasse auch die (allenfalls) unwahre Äußerung, die Beklagte würde als Erste über die Bewerbung einer früheren Außenministerin für einen bestimmten Botschafterposten Österreichs berichten, bildet keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Die Bewerbung einer bekannten Politikerin für eine Botschafterstelle bildet zwar kein politisches Vorhaben im Sinn des gewöhnlichen Sprachgebrauchs, aber einen Vorgang von allgemeinem Interesse, über den exklusiv oder als Erster zu berichten ein vergleichbares Qualitätsmerkmal in den Augen des Kaufinteressenten für eine Tageszeitung bilden und daher ohne weiteres als sinngleiche irreführende Äußerung beurteilt werden kann, die nach dem hier maßgeblichen Exekutionstitel verboten ist.

Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage nach § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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