Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 844,85 EUR (darin enthalten 140,81 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die zu FN ***** im Firmenbuch eingetragene N***** GmbH (in der Folge „Gesellschaft“) mit einem Stammkapital von 500.000 ATS betreibt in Wien eine Mechanikerwerkstätte. Der Kläger, ein ungarischer Staatsangehöriger, ist im Firmenbuch als Gesellschafter dieser Gesellschaft mit einem Geschäftsanteil, der einer zur Hälfte einbezahlten Stammeinlage von 150.000 ATS (10.900,93 EUR) entspricht, eingetragen. Die beiden aus Ungarn stammenden Beklagten sind ebenfalls an dieser Gesellschaft mit je einem Geschäftsanteil, der einer zur Hälfte einbezahlten Stammeinlage von 175.000 ATS entspricht, beteiligt. Die Beklagten sind auch Geschäftsführer der Gesellschaft mit jeweils selbständiger Vertretungsbefugnis. Die firmenbuchmäßige Eintragung des Erwerbs des Geschäftsanteils durch den Kläger beruht auf einem am 23. 3. 2005 vom öffentlichen Notar Dr. R***** D***** in Notariatsaktsform errichteten Abtretungsvertrag. Inhalt des Vertrags war die Abtretung eines jeweils fünfzehnprozentigen Geschäftsanteils an der Gesellschaft von jedem der beiden Beklagten an den Kläger zu einem Abtretungspreis von jeweils 1 EUR.
Bereits in der Zeit von 2003 bis 2004 war der Kläger in der Mechanikerwerkstätte der Gesellschaft als Praktikant beschäftigt, wobei er Kfz-Reparaturen durchführte. Dieses Praktikum ermöglichte es ihm, ein Jahr lang legal in Österreich zu arbeiten, wobei Voraussetzung für die Zulässigkeit eines solchen Praktikums die Absolvierung eines Deutschkurses war. Dieser Kurs, den der Kläger belegte, hatte vor allem technische Ausdrücke zum Inhalt.
Im Jahr 2005 wollte der Kläger abermals in der Werkstätte der Gesellschaft arbeiten, verfügte aber über keine Arbeitsbewilligung in Österreich. Die beiden Beklagten kamen daraufhin überein, ihn als Gesellschafter in die Gesellschaft aufzunehmen. Dieses Vorhaben und die dafür geplante Abtretung von 30 % der Gesellschaftsanteile an den Kläger wurden daraufhin vom Steuerberater der Gesellschaft im Beisein des Klägers und der beiden Beklagten in deutscher Sprache erörtert. Der Kläger nickte zu den Erklärungen des Steuerberaters und sagte, dass er verstanden habe.
Zu diesem Zeitpunkt sprach der Kläger jedoch nur leidlich Deutsch. Es war ihm lediglich möglich, einfache Gespräche des täglichen Lebens zu führen, und er war mit technischen Ausdrücken, die die von ihm vorgenommenen Reparaturtätigkeiten betrafen, vertraut.
Mehrere Tage vor der Errichtung des Notariatsakts wurde dem Kläger eine Kopie des aufgesetzten Abtretungsvertrags ausgehändigt.
Am 23. 3. 2005 fanden sich sodann der Kläger, die beiden Beklagten und der Steuerberater in der Kanzlei des Notars ein. Dieser verlas den in deutscher Sprache verfassten Text des Abtretungsvertrags, wobei der Kläger ein Exemplar desselben in Händen hielt. Ein allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Dolmetsch für die ungarische Sprache wurde nicht beigezogen. Der Notar war der ungarischen Sprache nicht kundig, ungarisch sprechende Zeugen wurden nicht beigezogen. Im Notariatsakt wurde auch nicht angeführt, dass die Voraussetzungen für die Aufnahme desselben ohne die Zuziehung eines Dolmetsches gegeben seien. Nur sehr vereinzelt sprach die Erstbeklagte während der Verlesung des Vertrags auf ungarisch mit dem Kläger, wobei nicht festgestellt werden kann, ob sie dabei Teile des Vertrags übersetzte oder diesen nur auf sonstige Weise kommentierte. Auf die Frage des Notars, ob der Kläger den Vertragsinhalt verstanden habe, machte dieser eine Kopfbewegung, die dies bejahen sollte, da es sein Ziel war, möglichst rasch legal in Österreich arbeiten zu können. Der Notar vergewisserte sich nicht, etwa durch weitere Fragen, ob die Deutschkenntnisse des Klägers tatsächlich ausreichten, um der Verlesung soweit zu folgen, dass die Genehmigung des Vertragstexts durch den Kläger möglich war. Tatsächlich reichten die Deutschkenntnisse des Klägers nicht annähernd aus, um den gesamten Vertragsinhalt, insbesondere den Umstand, dass die Stammeinlage nur zur Hälfte einbezahlt war und die Gesellschaft die weitere Hälfte von ihm fordern könne, zu verstehen. Der Kläger war sich daher auch nicht bewusst, dass er zur Einzahlung der weiteren Hälfte der Stammeinlage verhalten werden könnte.
Der Kläger begehrt primär die Feststellung, der in Notariatsaktsform errichtete Abtretungsvertrag sei nichtig, in eventu die Aufhebung des Abtretungsvertrags. Der Kläger brachte vor, er sei ein einfacher ungarischer Arbeiter. Er habe nach Ablauf eines Praktikums bei der Gesellschaft als Automechaniker in legaler Form weiterarbeiten wollen. Die Beklagten hätten seine Arbeitskraft nicht verlieren wollen und ihm mitgeteilt, sie hätten einen Weg gefunden, wie der Kläger legal in Österreich arbeiten könne. Er habe daraufhin den Notariatsakt unterfertigt, dabei jedoch nicht über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, die zur Errichtung des Notariatsakts erforderlich gewesen wären. Es sei nicht seine Absicht gewesen, Gesellschafter zu werden und insbesondere auch die Verpflichtung zu übernehmen, der Gesellschaft die zweite Hälfte der Stammeinlage zu zahlen. Dies sei den Beklagten bekannt gewesen. Bei der Aufnahme des Notariatsakts hätte ein gerichtlich beeideter Dolmetscher für die ungarische Sprache herangezogen werden müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Deshalb sei gemäß § 66 NO keine öffentliche Urkunde und damit kein Notariatsakt zustande gekommen. Der Abtretungsvertrag sei daher absolut nichtig. Der Notar habe es ferner unterlassen, den Kläger bei Aufnahme des Notariatsakts über dessen Sinn und die Folgen zu belehren und sich von seinem ernstlichen und wahren Willen zu überzeugen. Insbesondere habe der Notar den Kläger nicht über seine Pflicht, bei Erwerb des Geschäftsanteils die offene Stammeinlage bezahlen zu müssen, aufgeklärt. Diese Vorgangsweise widerspreche § 52 NO.
Zum Eventualbegehren brachte der Kläger vor, er habe sich bei Unterfertigung des Notariatsakts in einer Fehlvorstellung über die Wirklichkeit, insbesondere über die mit der Abtretung verbundenen Rechtsfolgen befunden. Dieser Irrtum sei durch die beiden Beklagten arglistig verursacht worden oder hätte ihnen zumindest auffallen müssen. Hätte der Kläger die wahre Natur des Geschäfts erkannt, hätte er den Vertrag niemals unterfertigt. Weiters werde der Abtretungsvertrag wegen Verkürzung über die Hälfte angefochten, da die Gesellschaft bereits damals weit überschuldet und der Buchwert der abgetretenen Anteile zum 31. 12. 2005 negativ gewesen sei, somit nicht einmal die Hälfte des Abtretungspreises von jeweils 1 EUR betragen habe.
Die Beklagten beantragen Klageabweisung und brachten im Wesentlichen vor, die Deutschkenntnisse des Klägers seien völlig ausreichend gewesen, um den vom Notar ordnungsgemäß vorgetragenen Text des Abtretungsvertrags verstehen zu können. Der Abtretungsvertrag sei somit nicht nichtig. Im Übrigen seien sämtliche Folgen des Abtretungsvertrags schon vor dessen Errichtung mit dem Steuerberater erörtert worden. Schon allein aufgrund dieser Gespräche sei allen Beteiligten klar gewesen, dass der Kläger Gesellschafter werden sollte. Es sei sogar angedacht gewesen, dass der Kläger die gesamte Gesellschaft einmal erwerben werde. Ihm sei auch die schlechte wirtschaftliche Lage der Gesellschaft bei Abschluss des Abtretungsvertrags bekannt gewesen. Der Notar habe dem Kläger schon zwei bis drei Wochen vor dem Abschluss des Abtretungsvertrags einen Entwurf übergeben, gegen den der Kläger keine Einwände gehabt habe. Bei Unterzeichnung des Notariatsakts habe der Notar den Kläger abermals aufgeklärt.
Das Erstgericht gab dem Hauptklagebegehren statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen und vertrat in rechtlicher Hinsicht die Ansicht, da der Kläger den Notariatsakt nicht soweit verstanden habe, dass ihm eine Genehmigung möglich gewesen wäre, hätte der Notar gemäß § 63 NO einen Dolmetsch für die ungarische Sprache beiziehen müssen. Die Unterlassung dieser Maßnahme nehme dem Notariatsakt die Eigenschaft einer öffentlichen Urkunde. Die Verletzung der Notariatsaktspflicht (für den Abtretungsvertrag gemäß § 76 Abs 2 GmbHG) bewirke die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten in der Hauptsache nicht Folge. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, ein Verstoß gegen die Verpflichtung der Beiziehung eines Dolmetschers gemäß § 63 Abs 1 NO führe (anders als ein Verstoß gegen die notariellen Pflichten nach § 52 NO) gemäß § 66 NO zur Unwirksamkeit des Notariatsakts (4 Ob 99/99h). § 63 Abs 1 NO sehe eine Dolmetschbeiziehung nur vor, wenn die Partei der deutschen Sprache „nicht kundig“ sei, lasse somit das Dolmetscherfordernis bei einer Partei offen, die über gewisse Sprachkenntnisse verfüge.
Nach Wagner/Knechtel, NO6 (2006) § 63 Rz 1 sei die Dolmetschbeiziehung nach § 63 Abs 1 NO nicht erforderlich, wenn die Partei über „hinreichende Sprachkenntnis“ verfüge. Eine solche liege nur vor, wenn die Partei der Vorlesung so weit folgen könne, dass ihr eine Genehmigung möglich sei.
Nach Kostner, Handkommentar zur Notariatsordnung (1971) 222 seien die infolge Verständigungsschwierigkeiten erteilten Vorschriften der §§ 62 bis 65 NO sowohl zum Schutz der Parteien wie auch im Interesse des Notars von besonderer Bedeutung. Dabei werde man schon aus Sicherheitsgründen davon ausgehen können, dass ein Beteiligter (Partei oder Zeuge) nicht erst dann „einer Sprache unkundig“ sei, wenn es ihm an jeglichen Kenntnissen in dieser Sprache mangle. Es werde zum Wirksamwerden dieser Vorschriften schon genügen, wenn ein Beteiligter die für seine Beteiligung notwendige Sprache nicht in einem solchen Ausmaß beherrsche, dass er den Inhalt der Urkunde selbst, aber auch die bei ihrer Errichtung einzuhaltenden Vorgänge, Besprechungen, Beratungen und Erklärungen in allen Einzelheiten verstehen könne. Die dabei zwangsläufig auftauchenden Fachausdrücke müsse er - jedenfalls nach Erläuterung durch den Notar - mit Sicherheit verstehen können. Die dabei wahrzunehmenden Maßnahmen lägen nicht nur im Interesse der sprachbehinderten Partei, sondern dienten dem Schutz aller Parteien. Denn auch die Geschäftspartner der sprachunkundigen Partei hätten einen ebenso berechtigten Anspruch, sicher zu gehen, dass durch Ausschaltung von Missverständnissen sprachlicher Natur die Sicherheit der gegenseitigen Rechtsverhältnisse in möglichst weitem Umfang gegeben sei.
Das Berufungsgericht führte weiter aus, es sei einerseits zwischen dem Verständnis des mittels Notariatsakts zu errichtenden Vertrags nach seinem Wortsinn (§ 63 NO) und andererseits den notariellen Belehrungspflichten zwecks intellektueller Erfassung des Vertragsinhalts in materieller Hinsicht (§ 52 NO) zu differenzieren.
Verletze der Notar bei Beteiligung von Personen mit perfekten Deutschkenntnissen seine Belehrungspflichten nach § 52 NO, bleibe der Notariatsakt vollauf wirksam. Dasselbe müsse dann aber auch für eine Person gelten, bei der der Notar die Belehrung zwar nicht grundsätzlich unterlassen, sie jedoch in einer für die Partei aufgrund eingeschränkter Deutschkenntnisse nicht verständlichen Weise vorgenommen habe. Eine Ungleichbehandlung von Personen mit perfekten Deutschkenntnissen gegenüber solchen mit bloß eingeschränkten sprachlichen Fähigkeiten mit der Folge, dass jene einen Notariatsakt gelten lassen müssten, ohne die Rechtsfolgen verstanden zu haben, während diese aus demselben Grund Vorteile ableiten könnten, erschiene nicht sachgerecht. Der dargestellten Auffassung von Kostner, wonach ein Dolmetsch nach § 63 Abs 1 NO auch dann notwendig sei, wenn ein Beteiligter die für seine Beteiligung notwendige Sprache nicht in einem solchen Ausmaß beherrsche, dass er auch die bei der Errichtung der Urkunde einzuhaltenden Vorgänge, Besprechungen, Beratungen und Erklärungen in allen Einzelheiten verstehen könne, könne somit nicht beigetreten werden. Derartige Irrtümer ließen daher in beiden Fällen die Wirkungen des Notariatsakts unberührt und unterlägen gegebenenfalls der Korrektur des (in Notariatsaktsform abgeschlossenen) Vertrags nach den materiellrechtlichen Regelungen des ABGB.
Im vorliegenden Fall enthalte aber der Notariatsakt selbst verschiedene Rechtsbelehrungen, insbesondere dass der übernehmende Gesellschafter für die Einzahlung der noch nicht voll einbezahlten Stammeinlagen im Falle der Einforderung hafte. Unter anderem diesen Umstand habe der Kläger aufgrund seiner mangelnden Deutschkenntnisse beim Verlesen der Vertragsurkunde ua nicht verstehen können. Er habe daher der Vorlesung des Notariatsakts nicht so weit folgen können, dass ihm dessen Genehmigung möglich gewesen sei. Es liege insoweit kein dem § 52 NO zu unterstellender Sachverhalt vor, bei dem bloß vorgenommene (mündliche) Belehrungen wegen mangelnder Deutschkenntnisse oder aus sonstigen Gründen nicht verstanden worden seien, was auf die Wirksamkeit des Notariatsakts keinen Einfluss hätte.
Die Bejahung der Frage nach dem Verstehen der deutschen Sprache durch die Vertragspartei entbinde den Notar nicht von seiner Verpflichtung, bei nicht hinreichenden Sprachkenntnissen nach § 63 Abs 1 NO vorzugehen. Selbst wenn man im Sinn der Beklagten bezüglich der vom Notar einzuhaltenden Pflichten gemäß § 63 Abs 1 NO von einer Ex-ante-Betrachtung ausgehe, habe sich der Notar im vorliegenden Fall nicht ausreichend davon überzeugt, dass der Kläger über hinreichende Sprachkenntnisse iSd § 63 Abs 1 NO verfügt habe. Das bloße Kopfnicken des Klägers auf die Frage, ob er den Vertragsinhalt verstanden habe, reiche nicht aus. Der Notar hätte sich, etwa durch weitere Fragen, von den für das Verständnis des Klägers vom Vertragsinhalt ausreichenden Deutschkenntnissen vergewissern müssen. Dies gelte umso mehr, als die Erstbeklagte während der Verlesung des Vertrags vereinzelt mit dem Kläger auf ungarisch gesprochen habe, was für den Notar ein weiteres Indiz für die unzureichenden Deutschkenntnisse des Klägers hätte sein müssen.
Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil zur Auslegung von § 63 Abs 1 NO keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiere. So sei ungeklärt,
1) unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien eine Partei als der deutschen Sprache nicht kundig iSd § 63 Abs 1 NO anzusehen sei,
2) ob diese Bestimmung auch bei mangelnder Sprachkenntnis einer Partei und Nichtbeiziehung eines Dolmetschers dann nicht verletzt sei, wenn diese Partei - allenfalls auch aufgrund von im Vorfeld geführter Gespräche - (volle) Kenntnis vom Vertragsinhalt habe,
3) aus welcher Sicht (ex ante oder ex post; aus Sicht des Notars oder nach objektiven Kriterien) die mangelnde Sprachkundigkeit einer Partei iSd § 63 Abs 1 NO zu beurteilen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Anzuwendende Rechtsnormen:
Der Notar ist verpflichtet, bei Aufnahme eines Notariatsaktes die persönliche Fähigkeit und Berechtigung jeder Partei zum Abschlusse des Geschäftes nach Möglichkeit zu erforschen, die Parteien über den Sinn und die Folgen desselben zu belehren und sich von ihrem ernstlichen und wahren Willen zu überzeugen, ihre Erklärung mit voller Klarheit und Bestimmtheit schriftlich aufzunehmen und nach geschehener Vorlesung des Aktes durch persönliches Befragen der Parteien sich zu vergewissern, dass derselbe ihrem Willen entsprechend sei.
(1) Ist eine der Parteien der Sprache nicht kundig, in welcher der Notariatsakt aufgenommen wird, so muss der Verhandlung ein allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Dolmetscher für die betreffende Sprache beigezogen werden, welcher zugleich alle Eigenschaften eines fähigen Aktszeugen besitzen muss.
(2) Die Zuziehung eines Dolmetsches ist jedoch nicht nötig, wenn der Notar und die beiden Zeugen oder der statt der Zeugen einschreitende zweite Notar der Sprache der Partei kundig sind und wenn der die Verhandlung leitende Notar als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Dolmetscher bestellt ist oder wenn der Notar die Diplomprüfung für Dolmetscher oder die Fachprüfung für Übersetzer bestanden hat. In einem solchen Falle können die Zeugen von der Anwesenheit bei der Vorlesung des Aktes seinem ganzen Inhalte nach nicht ausgeschlossen werden, und es muss in dem Akte ausdrücklich angeführt werden, dass die obigen Voraussetzungen für die Aufnahme desselben ohne Zuziehung eines Dolmetsches vorhanden seien.
Ein Notariatsakt, welcher mit Außerachtlassung der in den §§ 54 bis 65 gebotenen Förmlichkeiten und Vorsichten aufgenommen worden ist, hat nicht die Kraft einer öffentlichen Urkunde.
2. Der Oberste Gerichtshof erachtet die Revisionsausführungen für nicht stichhaltig, die Begründung des angefochtenen Urteils hingegen für zutreffend (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).
In Erwiderung auf die Revisionsausführungen und ergänzend zur berufungsgerichtlichen Begründung ist noch Folgendes auszuführen:
2.1. Zur Frage, wann eine Person der Sprache des Notariatsakts „nicht kundig“ iSd § 63 Abs 1 NO ist, teilt der Oberste Gerichtshof die insoweit übereinstimmenden Auffassungen von Wagner/Knechtel aaO sowie des Berufungsgerichts. Danach kann die Frage nicht generell beantwortet werden, sondern es kommt auf den konkreten Gegenstand des Notariatsakts an. Nach dem Schutzzweck des § 63 NO ist entscheidend, ob die betreffende Person der Vorlesung des Notariatsakts so weit folgen kann, dass ihr eine Genehmigung möglich ist.
2.2. Soweit sich die Revisionswerber auf die volle Kenntnis des Klägers vom Inhalt des Abtretungsvertrags aufgrund der Aushändigung einer Kopie des Entwurfs des Abtretungsvertrags mehrere Tage vor dem Termin beim Notar berufen, gehen sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Dass dadurch der Kläger die volle Kenntnis des Vertragsinhalts (oder gar auch aller mit dem Vertrag verbundenen Rechtsfolgen) erlangte, steht nicht fest und liegt angesichts der mangelhaften Deutschkenntnisse des Klägers selbst dann nicht nahe, wenn man (was ebenfalls nicht feststeht) unterstellte, der Kläger hätte diesen Entwurf gelesen. Es muss deshalb auf die zweite vom Berufungsgericht gestellte Frage, ob § 63 Abs 1 NO auch bei mangelnder Sprachkenntnis einer Partei und Nichtbeiziehung eines Dolmetschers dann nicht verletzt ist, wenn diese Partei - allenfalls auch aufgrund von im Vorfeld geführter Gespräche - (im Zeitpunkt der Errichtung des Notariatsakts) volle Kenntnis vom Vertragsinhalt hat, nicht eingegangen werden.
2.3. Zur Frage, aus welcher Sicht (ex ante oder ex post; aus Sicht des Notars oder nach objektiven Kriterien) die mangelnde Sprachkundigkeit einer Partei iSd § 63 Abs 1 NO zu beurteilen ist, wurde Folgendes erwogen:
Der Gesetzeswortlaut von § 63 Abs 1 NO ist insoweit eindeutig, als er für die Notwendigkeit, einen Dolmetscher beizuziehen, auf keinerlei subjektiven Kriterien ex ante abstellt. Es kommt also für die Notwendigkeit, einen Dolmetscher beizuziehen, und somit für die Wirksamkeit des Notariatsakts (§ 66 NO; 4 Ob 99/99h), nicht auf das Erkennen oder die Erkennbarkeit der Sprachkunde der betreffenden Person durch den Notar ex ante an. Eine ausreichende Prüfung der Sprachkenntnisse durch den Notar (für die aufgrund der Einzelfallbezogenheit keine generellen Maßstäbe aufgestellt werden können), die diesem den Eindruck verschafft, die Person sei der betreffenden Sprache „hinreichend“ mächtig, indiziert aber, dass die Person der Sprache „kundig“ ist. Dennoch steht auch in diesem Fall der betreffenden Person die die Unwirksamkeit des Notariatsakts nach sich ziehende Beweisführung offen, entgegen dem begründeten Eindruck des Notars der Sprache nicht (hinreichend) kundig gewesen zu sein.
Ungeachtet dessen, dass im Sinn der berufungsgerichtlichen Ausführungen hier der Notar die Sprachkenntnisse des Klägers nicht ausreichend geprüft hat, ergibt sich daher im vorliegenden Fall die nicht ausreichende Sprachkenntnis des Klägers schon aus der Feststellung, er habe die im Notariatsakt enthaltene Rechtsbelehrung über die Haftung für die offene Stammeinlage nicht verstanden.
2.4. Die Revisionswerber meinen, Normzweck von § 63 Abs 1 NO sei nur der Schutz der sprachunkundigen Partei vor Übervorteilung. Eine solche Übervorteilung liege nicht schon dann vor, wenn die Vertragspartei aufgrund ihrer schlechten Sprachkenntnisse der Verlesung des Notariatsakts nicht folgen könne.
Dem kann nicht gefolgt werden: § 63 Abs 1 NO dient nämlich nach zutreffender Auffassung nicht nur dem Schutz des der Sprache nicht hinreichend Kundigen, sondern dem Schutz aller Parteien (so Kostner aaO 222 f). Überdies bezweckt § 63 NO - ähnlich wie § 52 NO - auch den Schutz der Allgemeinheit durch die Form der öffentlichen Urkunde (zu § 52 NO: SZ 61/269 = RIS-Justiz RS0071158).
Weitergehender Feststellungen (etwa darüber, ob dem Kläger bewusst war, Gesellschaftsanteile zu erwerben) bedarf es daher nicht.
3. Da somit schon wegen der Verletzung des § 63 Abs 1 NO der Notariatsakt und somit entsprechend der Formpflicht des § 76 Abs 2 Satz 1 GmbHG der Abtretungsvertrag unwirksam ist, erübrigen sich Überlegungen dahingehend, ob der Abtretungsvertrag etwa auch wegen Umgehung der Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nichtig sein könnte (vgl RIS-Justiz RS0018213).
Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)