OGH 8Ob53/11v

OGH8Ob53/11v15.7.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Johann Sommer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei K***** S*****, vertreten durch Mag. Banu Kurtulan, Rechtsanwältin in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 15. März 2011, GZ 40 R 86/11k-39, womit das Urteil des Bezirksgerichts Favoriten vom 20. September 2010, GZ 5 C 973/08w-34, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten des Mieters oder seiner Mitbewohner den Kündigungsgrund des unleidlichen Verhaltens nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG verwirklicht hat, ist immer einzelfallbezogen und könnte die Zulässigkeit einer Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nur dann begründen, wenn dem Berufungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre. Das Gleiche gilt für die Frage, ob eine während des Verfahrens eingetretene Änderung der Verhältnisse die Annahme rechtfertigt, dass eine Wiederholung der bisherigen Unzukömmlichkeiten auszuschließen ist (RIS-Justiz RS0042790).

Nach dem im Revisionsverfahren nicht mehr zu überprüfenden Sachverhalt verursacht einerseits der behinderte erwachsene Sohn des Beklagten regelmäßig, teilweise bereits in den frühen Morgenstunden, in der Wohnhausanlage störenden Lärm, andererseits haben der Beklagte selbst, dessen Ehegattin und ein weiterer, nicht behinderter Sohn Mitbewohner wiederholt, sogar noch während des laufenden Kündigungsverfahrens, beschimpft und bedroht.

Ausgehend von diesem Sachverhalt ist die Entscheidung des Berufungsgerichts jedenfalls vertretbar. Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 MRG setzt nicht voraus, dass das Verhalten dem Störer subjektiv vorwerfbar ist (RIS-Justiz RS0020957 [T8], RS0070243). Beruht ein unleidliches Verhalten auf einer geistigen Erkrankung, ist nur ein weniger strenger Maßstab anzulegen und eine Abwägung der Interessen der beeinträchtigten Mitbewohner und des Gekündigten vorzunehmen (RIS-Justiz RS0067733 [T4]). Im vorliegenden Fall war aber nicht allein das Verhalten des behinderten Sohnes, sondern insbesondere auch das unleidliche Verhalten des Beklagten selbst und seiner (nicht behinderten) Familienmitglieder für die Entscheidung des Berufungsgerichts ausschlaggebend. Eine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtseinheit aufzugreifende Fehlbeurteilung kann unter den festgestellten Umständen nicht erblickt werden.

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