OGH 7Ob56/11b

OGH7Ob56/11b16.6.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Erlagssache des Erlegers DI J***** K*****, gegen die „Erlagsgegnerinnen 1. I***** GmbH, *****, und 2. N*****-KG, *****“, über den Revisionsrekurs der Eigentümergemeinschaft *****, vertreten durch Nemetz & Nemetz Rechtsanwalts-KG in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 16. Dezember 2010, GZ 43 R 682/10b-56, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 20. September 2010, GZ 24 Nc 1/09b-47, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Erleger ist einer der Wohnungseigentümer eines Hauses in Wien. Er hinterlegt seit Jänner 2009 einen von ihm als monatliche Betriebskosten bezeichneten Betrag. In seinem am 3. 2. 2009 beim Erstgericht zu Protokoll genommenen Erlagsantrag führte er aus, er habe die Betriebskosten bisher an die I***** GmbH bezahlt und von dieser auch eine Vorschreibung für die Zeit ab Jänner 2009 erhalten. Weiters sei aber auch eine Vorschreibung ab diesem Zeitraum von der „N*****-KG“ bei ihm eingelangt. Er könne daher nicht feststellen, an wen er nun die Betriebskosten zu zahlen habe. Das Erstgericht fasste daraufhin Monat für Monat Beschlüsse, mit denen es die jeweiligen Erläge genehmigte. Als Erlagsgegner bezeichnete das Erstgericht jeweils 1. die „I***** GmbH“ und 2. die „N*****-KG“.

Mit Beschluss vom 20. 9. 2010 wies das Erstgericht den Antrag der Eigentümergemeinschaft, sie als Partei im Verfahren zuzulassen, ab, weil der Erleger dazu keine positive Äußerung abgegeben habe.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss; es obliege den Parteien des Erlagsverfahrens, die Bedingungen für die Ausfolgung des Erlags zu erfüllen. Hier sei die jeweils konkrete Vertretung der Eigentümergemeinschaft des Hauses strittig; auf deren richtige Benennung habe die Rekurswerberin keinen Einfluss. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil es vermehrt mit konkurrierenden Hausverwaltungen konfrontiert sei und die Frage, wie die Eigentümergemeinschaft im Erlagsverfahren zu behandeln sei, vom Obersten Gerichtshof noch nicht behandelt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Eigentümergemeinschaft ist entgegen dem Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.

Soweit der Antrag der Eigentümergemeinschaft dahin zu verstehen ist, sie als zusätzliche Partei in das Erlagsverfahren einzubeziehen (damit sie „gegen einen der Erlagsgegner vorgehen“ könne), wurde ihr Antrag in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung abgewiesen.

Wer Partei des Erlagsverfahrens ist, richtet sich zunächst nach der Bezeichnung durch den Erleger, obgleich das Erlagsgericht auf die richtige und vollständige Bezeichnung der Antragsgegner dringen soll (5 Ob 32/00t; 6 Ob 9/03x). Wenn nach einer Schlüssigkeitsprüfung schon aus den Angaben des Erlegers hervorgeht, dass der (die) von ihm benannte(n) Erlagsgegner nicht Gläubiger des Erlegers sein kann (können), ist der Hinterlegungsantrag abzuweisen (6 Ob 9/03x). Ob eine vom Erleger nicht genannte Person zur Rekurserhebung oder zur Stellung eines Ausfolgungsantrags legitimiert ist, weil ihre rechtlichen Interessen betroffen sind (vgl RIS-Justiz RS0006720), ist anlässlich der Entscheidung über einen solchen Rekurs gegen den Erlagsbeschluss oder einen Ausfolgungsantrag zu prüfen. Die sinngemäß begehrte gerichtliche Feststellung, dass eine weitere Person Parteistellung in einem Erlagsverfahren genieße, kommt ohne diesbezügliche Antragstellung des Erlegers (die auch nachträglich möglich wäre) nicht in Betracht.

Der Antrag der Eigentümergemeinschaft, sie als weitere Partei im Erlagsverfahren zuzulassen, ist hier aber auch deshalb verfehlt, weil ihren Ausführungen in ihrem Antrag und in ihren Rechtsmitteln insoweit beizupflichten ist, dass ohnehin nur sie als einzige Erlagsgegnerin und nicht die beiden Hausverwaltungen, die das Erstgericht in seinen Beschlüssen als Erlagsgegner bezeichnete, in Betracht kommt. Der Antragsteller hat selbst keinen Erlagsgegner namentlich bezeichnet. Aus seinem Vorbringen zum Erlagsantrag ergibt sich unmissverständlich, dass er nicht wisse, wer das rechtmäßige Organ der Eigentümergemeinschaft, seiner Gläubigerin, sei. Er machte demnach als Erlagsgrund die in der Sphäre seiner Gläubigerin liegende Unsicherheit, wohin er zahlen solle, geltend, nicht hingegen das Vorliegen mehrerer Forderungsprätendenten. Die als gesetzliches Organ der Eigentümergemeinschaft in Betracht kommenden beiden Hausverwaltungen können ja keineswegs eine eigene Gläubigerstellung beanspruchen. An der Gläubigerstellung der Eigentümergemeinschaft, die in Angelegenheiten der Verwaltung zwingend Rechtspersönlichkeit genießt (RIS-Justiz RS0110079) und ausschließlich sachlegitimiert ist (vgl RIS-Justiz RS0116451), kann hier kein Zweifel bestehen. Die Eigentümergemeinschaft entscheidet in Verwaltungsangelegenheiten und ist damit die Gewaltgeberin des Verwalters (RIS-Justiz RS0110934), dessen Aufgaben und Befugnisse in § 20 WEG geregelt sind. Darunter fällt auch, dass er für die zu Gunsten der Eigentümergemeinschaft inkassierten Beträge entsprechende Konten zu führen hat (vgl § 20 Abs 6 WEG). Eigentümer eines auf dem betreffenden Konto vorhandenen Guthabens ist die Eigentümergemeinschaft (nicht der Hausverwalter).

Das Erstgericht hätte daher von vornherein den Erlagsantrag des Erlegers dahin aufzufassen gehabt, dass als Erlagsgegner die Eigentümergemeinschaft gemeint ist. Es hätte daher die Erlagsbeschlüsse entsprechend auszufertigen gehabt.

Dem steht auch die Stellungnahme des Erlegers vom 19. 8. 2010 zum Antrag der Eigentümergemeinschaft nicht entgegen. Darin teilte er lediglich mit, dass er noch immer nicht wisse, wer „jetzt endgültig die tatsächliche Hausverwaltung ... ist oder sein wird“, weshalb er mit der Ausfolgung der erlegten Betriebskosten nicht einverstanden sei.

Das Erstgericht - und nicht der Erleger - hat demnach den Erlagsgegner irrtümlich unrichtig bezeichnet.

Soweit die Ausführungen der Eigentümergemeinschaft daher als Antrag auf Berichtigung der Parteibezeichnung (oder zumindest als Anregung auf amtswegige Berichtigung) des Erlagsgegners auf sie, nunmehr vertreten durch die N*****-KG aufzufassen sind, wird das Erstgericht über eine betreffende Berichtigung (§ 41 AußStrG) seiner offenbar irrtümlich formulierten Beschlüsse zu entscheiden haben.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass der Oberste Gerichtshof zur Frage, wohin Zahlungen der Wohnungseigentümer während des Verfahrens auf Anfechtung der Verwalterkündigung mit schuldbefreiender Wirkung geleistet werden können, in seiner Entscheidung 5 Ob 277/05d (RIS-Justiz RS0109645 [T5]) dahin beantwortet hat, dass auf das gemäß § 20 Abs 6 WEG 2002 (vom bisherigen Verwalter) eingerichtete Konto gezahlt werden kann.

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