OGH 5Ob99/11m

OGH5Ob99/11m7.6.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin prot Firma G***** M*****, Inhaber Ing. Michael M*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Michael T*****, 2. Petra G*****, 3. DI Oliver P*****, 4. DI Heinz M*****, 5. DI Kurt M*****, alle vertreten durch Dr. Stefan Zöhrer, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 12a MRG und Zwischenantrag auf Feststellung (§ 37 Abs 3 Z 11 MRG) über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. März 2011, GZ 38 R 203/10z-33, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Ein Antrag nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG kann, wenn am vermieteten Objekt Wohnungseigentum nicht begründet ist und daher weder nach § 2 Abs 1 zweiter Satz MRG noch nach § 4 Abs 1 WEG die Rechtsstellung des Vermieters einem Wohnungseigentümer allein zukommt, nur gegen alle Mit- und Wohnungseigentümer des Hauses als Vermieter gerichtet werden (RIS-Justiz RS0083777; RS0113769; RS0108811).

2. Der Auffassung, dass dem Mieter eines Bestandobjekts, dessen Mietvertrag vor Begründung von Wohnungseigentum am Haus abgeschlossen wurde, nur die verbliebenen schlichten Miteigentümer als Mietvertragspartner gegenüberstünden, liegt ein unrichtiges Verständnis des Begriffs des Wohnungseigentums zugrunde. Gemäß § 2 Abs 1 und 5 WEG setzt Wohnungseigentum Miteigentum an der Liegenschaft voraus, dies verbunden mit dem dinglichen Recht, ein Wohnungseigentumsobjekt ausschließlich zu nutzen und allein darüber zu verfügen.

3. Wurde ein Antrag nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG an die Schlichtungsstelle bloß gegen einen Teil der Miteigentümer gerichtet, so kann ein solcher Antrag nicht erst im Verfahren vor Gericht auf die anderen Miteigentümer ausgedehnt werden, weil das eine wesentliche Änderung des Inhalts des Antrags bedeutet, der die Unzulässigkeit des Rechtswegs nach § 39 Abs 1 MRG entgegensteht (RIS-Justiz RS0083777 [T14; T17]).

4. Dieser Grundsatz findet dort eine Durchbrechung, wo nach dem verfahrenseinleitenden Antrag an die Schlichtungsstelle eindeutig ist, dass er in Wahrheit gegen die Person gerichtet ist, die die Vermieterposition innehat und nur fälschlich ein anderer genannt wurde (etwa der, mit dem der Mietvertrag abgeschlossen wurde und nicht sein Rechtsnachfolger, oder wenn namentlich nur ein Mehrheitseigentümer in Anspruch genommen wurde, inhaltlich aber der Antrag eindeutig gegen die „Vermieterseite“ gerichtet ist). Dann ist der Antrag so zu verstehen, dass er von vornherein gegen sämtliche Vermieter gerichtet ist, was die amtswegige Beiziehung der weiteren Eigentümer auch erst im gerichtlichen Verfahren ermöglicht und erfordert (RIS-Justiz RS0083777 [T18]).

5. Im vorliegenden Fall hat sich die Antragstellerin, die nur einen Teil der Miteigentümer in Anspruch nahm, weil sie von diesen Personen mit einer Mietzinsklage belangt worden war, nach Belehrung ihres Rechtsvertreters über die Notwendigkeit der Beiziehung aller Mit- und Wohnungseigentümer im Mietzinsüberprüfungsverfahren und Androhung der Rechtsfolge der Antragsabweisung ausdrücklich geweigert, den Antrag auch auf die übrigen Vermieter auszudehnen. Es sei Sache der Verwaltungsbehörde, die anderen Mit- und Wohnungseigentümer dem Verfahren beizuziehen. Die Vorinstanzen wiesen infolgedessen den verfahrenseinleitenden Antrag, weil er nicht gegen alle Vermieter gerichtet sei, wegen fehlender passiver Sachlegitimation ab.

6. Die Auslegung des verfahrenseinleitenden Antrags und der dazu abgegebenen Parteierklärungen stellt keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung dar (vgl RIS-Justiz RS0114709 [T2]; RIS-Justiz RS0042828 [T10; T32]). Vor allem ist die Auslegung von Parteivorbringen und Anträgen gegen den erklärten Willen der Parteien unzulässig (5 Ob 67/09b; RS0117152 [T2]).

7. Das Argument, die Antragstellerin sei schließlich von jenen Personen mit einer Mietzinsklage belangt worden, gegen die sie den verfahrenseinleitenden Antrag gerichtet habe, weshalb auch im Revisionsrekurs noch an deren alleiniger Passivlegitimation festgehalten wird, gebietet nach den eingangs dargelegten materiell-rechtlichen Erwägungen über die Vermieterposition keine andere Beurteilung. Fragen der Aktivlegitimation im Verfahren über die Mietzinsklage sind hier ebensowenig zu erörtern wie die Berechtigung der Mietzinsanhebung nach § 12a MRG.

8. Schließlich ist noch klarzustellen, dass das Erstgericht im Rahmen seiner Aufklärungs- und Prozessleitungspflicht (§§ 13, 16 AußStrG) auch ohne Einwand der mangelnden Passivlegitimation den sich aus dem Grundbuchstand ergebenden Mangel der Sachlegitimation als materiell-rechtlichen Abweisungsgrund zu berücksichtigten hatte. Die Antragsgegner haben von ihrer Dispositionsbefugnis im Sinn eines Anerkenntnisses entgegen den Behauptungen des Revisionsrekurses keinen Gebrauch gemacht.

9. Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG werden sohin insgesamt nicht aufgezeigt, was zur Zurückweisung des außerordentlichen Rechtsmittels zu führen hatte.

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