OGH 10ObS22/11z

OGH10ObS22/11z31.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Erwin Blazek (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Rotraut Leitner (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Kreissl & Pichler & Walther Rechtsanwälte GmbH in Liezen, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Hinterbliebenenpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. November 2010, GZ 7 Rs 148/10d-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. Mai 2010, GZ 22 Cgs 23/10b-5, in der Hauptsache bestätigt und im Kostenpunkt abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen mit 185,76 EUR bestimmten Anteil an den Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 30,96 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin war mit dem 1939 geborenen E***** (in der Folge: „Versicherter“) verheiratet. Seit 1983 ist die Ehe geschieden. Unstrittig ist, dass der Versicherte der Klägerin seit der Scheidung Unterhalt leistete. Mit Bescheid vom 1. 1. 1998 erkannte die beklagte Partei dem Versicherten eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer zu. Vom 26. 5. 2008 bis 20. 7. 2009 befand sich der Versicherte in Untersuchungshaft; vom 21. 7. 2009 bis 26. 8. 2009 war er in Strafhaft, anschließend erfolgte eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, deren voraussichtliches Ende der 21. 7. 2010 sein sollte. Mit Beginn der Strafhaft am 21. 7. 2009 stellte die beklagte Partei die vorzeitige Alterspension ruhend.

Die Klägerin bezieht Wohnbeihilfe in Höhe von rund 170 EUR und bringt vor, auf den Bezug von Sozialhilfe angewiesen zu sein. Sie bewohnt ein Zimmer.

Mit Bescheid vom 26. 1. 2010 lehnte die beklagte Partei den auf § 89 Abs 5 ASVG gestützten Antrag der Klägerin auf Zahlung einer Pension in der halben Höhe der Pension ihres geschiedenen Ehegatten ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Klage.

Die Klägerin vertritt den Standpunkt, § 89 Abs 5 ASVG sei so auszulegen, dass auch die geschiedene (unterhaltsberechtigte) Ehefrau als Angehörige gelte. Wenngleich in den Absätzen 1 und 4 des § 89 ASVG auf den für die Krankenversicherung definierten Angehörigenbegriff des § 123 ASVG verwiesen werde (der die geschiedene Ehegattin nicht umfasse), werde zwar in dem hier allein maßgeblichen Abs 5 neuerlich der Begriff „Angehörige“ verwendet, auf § 123 ASVG jedoch nicht mehr Bezug genommen. Eine Differenzierung zwischen Angehörigen und Unterhaltsberechtigten wäre unzulässig und widerspräche dem Gleichheitsgrundsatz. Die Nichtauszahlung einer Pension wäre unbillig und würde einen unzumutbaren Härtefall bedeuten.

Die beklagte Partei bestreitet und beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie nimmt den Standpunkt ein, die Ausnahmebestimmung des § 89 Abs 5 ASVG gelte nicht für geschiedene Ehegatten. In Zusammenschau des ASVG mit dem B-KUVG, GSVG und BSVG sei davon auszugehen, dass die geschiedene Ehegattin gerade nicht als Angehörige gelten solle.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin in der Hauptsache nicht Folge; im Kostenpunkt gab es ihr hingegen teilweise Folge. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil es eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung darstelle, ob auch einem geschiedenen Ehegatten nach § 89 Abs 5 ASVG Anspruch auf die Hälfte der Pension (Rente) des Versicherten zukomme und bisher zu dieser Frage keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege. Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, die von der Klägerin gewünschte Auslegung komme nicht in Betracht. Wenngleich § 123 ASVG definiere, welchen Angehörigen Anspruchsberechtigung auf Leistungen der Krankenversicherung zukomme, sei diese Definition des Angehörigenbegriffs auch für den Kreis der Anspruchsberechtigten nach § 89 Abs 5 ASVG maßgeblich. Für diese Rechtsansicht spreche nicht nur der in Abs 1 und 4 des § 89 ASVG enthaltene ausdrückliche Verweis auf § 123 ASVG, sondern auch die historische Entwicklung dieser Gesetzesbestimmung. In der Stammfassung des § 89 ASVG sei eine Trennung in zwei Absätze hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Ruhen der Leistungsansprüche in der Krankenversicherung einerseits und in der Unfall- bzw Pensionsversicherung andererseits nicht vorgenommen worden. Aus der Stammfassung des § 89 Abs 4 ASVG ergebe sich, dass die Angehörigeneigenschaft sowohl in der Kranken - als auch in der Unfall- und Pensionsversicherung durch § 123 ASVG definiert werde. Eine Aufteilung in zwei getrennte Absätze sei erst durch die 34. ASVG Novelle (BGBl 1979/530) erfolgt, durch die im Interesse einer Rechtsvereinheitlichung eine inhaltlich und sprachlich möglichst kongruente Gestaltung der Bestimmungen über das Ruhen der Leistungsansprüche aus der Krankenversicherung angestrebt worden sei. Keinesfalls sollten mit dieser Novelle geschiedene Ehegatten den in aufrechter Ehe lebenden Ehegatten gleichgestellt werden. Auch das Oberlandesgericht Wien sei als seinerzeitiges Höchstgericht in der Entscheidung 32 R 99/81 zu dem Ergebnis gelangt, nur der Ehefrau (nicht aber der geschiedenen Ehefrau) stehe ein Anspruch gemäß § 89 Abs 5 ASVG zu. Eine planwidrige Gesetzeslücke sei zu verneinen. Eine solche sei nur gegeben, wenn die Regelung eines Sachbereichs keine Bestimmung für eine Frage enthalte, die im Zusammenhang mit dieser Regelung an sich geregelt werden müsste, wenn die Norm gemessen an ihrer Teleologie unvollständig, also ergänzungsbedürftig sei und ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspreche. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Auch ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz sei zu verneinen. Es sei keine unsachliche Ungleichbehandlung darin zu sehen, dass im Fall des Ruhens der Pension des Versicherten dessen geschiedener (unterhaltsberechtigter) Ehegatte im Gegensatz zu einem in aufrechter Ehe lebenden Ehegatten keinen Anspruch auf die Hälfte der ruhenden Pension habe. Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 89 Abs 5 ASVG vermöge auch der Hinweis auf § 56 Abs 7 B-KUVG nicht zu begründen. Wenngleich diese Regelung den früheren Ehegatten in den Kreis der Anspruchsberechtigten in der Krankenversicherung einbeziehe, bestünden zwischen dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und der Materie des Sozialversicherungsrechts grundlegende Unterschiede, die eine Verschiedenbehandlung rechtfertigen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beteiligte sich am Revisionsverfahren nicht.

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin vertritt weiterhin die Rechtsansicht, auch der geschiedene Ehegatte sei zu den Anspruchsberechtigten nach § 89 Abs 5 ASVG zu zählen; auf den Angehörigenbegriff der Krankenversicherung (§ 123 ASVG) sei nicht abzustellen. Dass in der im § 89 Abs 5 letzter Satz ASVG enthaltenen Aufzählung der geschiedene Ehegatte unerwähnt bleibe, stehe dem nicht entgegen, weil dieser Satz keine taxative Aufzählung enthalte, sondern nur eine Rangfolge festlege, in deren Rahmen die Angehörigen bzw Anspruchsberechtigten auf eine Hinterbliebenenpension befriedigt werden sollten. Primärer Regelungsinhalt des § 89 Abs 5 ASVG sei die Frage des Anspruchs auf Hinterbliebenenpension und nicht jene der Angehörigeneigenschaft. Es könne dem Gesetz kein Grund dafür entnommen werden, warum gesetzlich Unterhaltsberechtigte bzw Anspruchsberechtigte auf eine Hinterbliebenenpension bei vergleichbaren Sachverhalten unterschiedlich behandelt werden sollten. Es widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz, zwischen Angehörigen und Unterhaltsberechtigten zu differenzieren.

Dazu ist auszuführen:

Die anzuwendenden Normen des ASVG (hier nicht relevante Novellierungen außer Betracht lassend) lauten:

Ruhen der Leistungsansprüche bei Haft und Auslandsaufenthalt

§ 89. (1) Die Leistungsansprüche ruhen

1. in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung, solange der Anspruchsberechtigte oder sein Angehöriger (§ 123), für den die Leistung gewährt wird, eine Freiheitsstrafe verbüßt oder in den Fällen der §§ 21 Abs. 2, 22 und 23 des Strafgesetzbuches, BGBl. Nr. 60/1974, in einer der dort genannten Anstalten angehalten wird;

2. in der Krankenversicherung überdies für die Dauer der Untersuchungshaft;

3. in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung hinsichtlich der Geldleistungen, solange sich der Anspruchsberechtigte im Ausland aufhält;

...

(4) Hat ein Versicherter, dessen Leistungsanspruch in der Krankenversicherung ruht, im Inland Angehörige (§ 123), so gebühren ihm die für diese Angehörigen vorgesehenen Leistungen.

(5) Hat ein Versicherter, dessen Leistungsanspruch in der Unfallversicherung und in der Pensionsversicherung ruht, im Inland Angehörige, so gebührt diesen im Inland sich aufhaltenden Angehörigen, die im Falle des Todes des Versicherten - in der Unfallversicherung im Falle des Todes infolge des Arbeitsunfalles (der Berufskrankheit) - Anspruch auf Hinterbliebenenrente (Pension) haben, eine Rente (Pension) in der Höhe der halben ruhenden Rente (Pension) mit Ausnahme allfälliger Kinderzuschüsse. Zu dieser Rente (Pension) gebühren allfällige Kinderzuschüsse in der Höhe, wie sie zu der ruhenden Rente (Pension) gebühren. Der Anspruch steht in folgender Reihenfolge zu: Ehegatte/Ehegattin oder eingetragene PartnerIn, Kinder, Eltern, Geschwister.

Anspruchsberechtigung für Angehörige

§ 123. (1) Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung besteht für Angehörige, ...

(2) Als Angehöriger gelten:

1. der/die Ehegatte/Ehegattin ...

2. die ehelichen Kinder, die legitimierten Kinder und Wahlkinder;

3. die unehelichen Kinder einer weiblichen Versicherten;

4. die unehelichen Kinder eines männlichen Versicherten, wenn seine Vaterschaft durch Urteil oder durch Anerkenntnis festgestellt ist (§ 163b ABGB);

5. die Stiefkinder und Enkel, wenn sie mit dem Versicherten ständig in Hausgemeinschaft leben;

6. die Pflegekinder, wenn sie vom Versicherten unentgeltlich verpflegt werden oder das Pflegeverhältnis auf einer behördlichen Bewilligung beruht.“ ...

Der Oberste Gerichtshof erachtet die rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts für zutreffend, sodass grundsätzlich auf dessen rechtliche Beurteilung verwiesen werden kann.

Ergänzend ist der Rechtsmittelwerberin Folgendes entgegenzuhalten:

1. § 89 ASVG regelt in seinem ersten Absatz das Ruhen von Leistungsansprüchen in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung bei Verbüßung einer Freiheitsstrafe oder bei Auslandsaufenthalt. In den Absätzen 2 bis 5 sind Ausnahmen von den in Abs 1 leg cit normierten Ruhensbestimmungen enthalten; die Absätze 4 und 5 regeln die trotz Ruhens des Leistungsanspruchs des Versicherten bestehenden Ansprüche von Angehörigen in der Krankenversicherung (Abs 4) und in der Unfall- und Pensionsversicherung (Abs 5).

2. Unter dem Überbegriff „Angehörige“ bezeichnet der Gesetzgeber des ASVG im allgemeinen Personen, die mit dem Versicherten in familienrechtlichen Beziehungen stehen. Ihr Kreis ist in den einzelnen Versicherungszweigen unterschiedlich weit gezogen (Schrammel in Tomandl, SV-System, 5. Erg-Lfg, 119). Zu den Angehörigen zählt ua der Ehegatte, also jene Person, die zum Versicherten in einem nach österreichischem Recht zu beurteilenden aufrechten Eheverhältnis steht. Nach Auflösung der Ehe erlischt die Angehörigeneigenschaft, sofern nicht ausdrücklich das Gegenteil angeordnet ist, wie etwa in § 158 Abs 3 ASVG oder in § 56 Abs 7 B-KUVG (Schrammel aaO). Als „früheren Ehegatten“ versteht das ASVG jenen Ehepartner, der mit dem Versicherten in einer für nichtig erklärten, aufgehobenen oder geschiedenen Ehe gelebt hat.

3. § 89 ASVG verweist in seinen Absätzen 1 und 4 ausdrücklich auf den Angehörigenbegriff des § 123 ASVG, der den Kreis der aus der Krankenversicherung leistungsberechtigten Angehörigen umschreibt und den früheren (geschiedenen) Ehegatten ausnimmt. In Abs 5 des § 89 ASVG wird der Begriff „Angehörige“ verwendet, ohne dass jedoch neuerlich auf § 123 ASVG und den dort enthaltenen Angehörigenbegriff hingewiesen wird.

Wie bereits vom Berufungsgericht ausgeführt, findet dies seine Erklärung im historischen Gesetzwerdungsprozess:

§ 89 Abs 4 ASVG in der Fassung BGBl I 1955/189 hatte folgenden Wortlaut:

„Hat ein Versicherter, dessen Anspruch nach Abs 1 oder 2, ruht, im Inland Angehörige (§ 123), so sind in der Krankenversicherung die für Angehörige vorgesehenen Leistungen zu gewähren. Ruht der Anspruch auf eine Rente aus der Unfallversicherung oder aus der Pensionsversicherung, so gebührt den im Inland sich aufhaltenden Angehörigen, die im Fall des Todes des Versicherten - in der Unfallversicherung im Fall des Todes infolge des Arbeitsunfalls - Anspruch auf Hinterbliebenenrente hätten, eine Rente in der halben Höhe der ruhenden Rente. Der Anspruch steht in folgender Reihenfolge zu: Ehegatte, Kinder, Eltern, Geschwister.“

In der Stammfassung des ASVG waren also in einem einzigen Absatz (Abs 4) die Ansprüche von Angehörigen bei Ruhen sowohl für die Kranken- als auch die Unfall- und Pensionsversicherung geregelt; der Angehörigenbegriff war eindeutig durch den Hinweis auf § 123 ASVG für alle diese Zweige der Versicherung definiert. Eine Aufteilung in zwei getrennte Absätze (die Absätze 4 und 5) erfolgte erst durch die 34. ASVG Novelle (BGBl I 1979/530). Deren Ziel lag darin, im Interesse einer Rechtsvereinheitlichung eine inhaltlich und sprachlich möglichst kongruente Gestaltung der Bestimmungen über das Ruhen der Leistungsansprüche aus der Krankenversicherung zu erzielen (ErläutRV 92, BlgNR 15. GP, 15). Nicht gedacht war daran, eine Änderung des Kreises der anspruchsberechtigten „Angehörigen“ für den Kreis der Unfall- und Pensionsversicherung herbeiführen und diesen Kreis etwa auf den geschiedenen (früheren) Ehegatten auszuweiten.

Verwendet der Gesetzgeber in einer gesetzlichen Bestimmung einen Ausdruck zweimal (oder öfter), hat man im Zweifel davon auszugehen, dass dieser Ausdruck jeweils dasselbe bedeutet (RIS-Justiz RS0008797). Verweist der Gesetzgeber in § 89 Abs 1 und Abs 4 auf den Angehörigenbegriff des § 123 ASVG, besteht somit kein Grund zur Annahme, dass der in § 89 Abs 5 ASVG enthaltene Begriff „Angehörige“ anders (als in § 123 ASVG umschrieben) zu verstehen sein könnte. Diese Auslegung findet im letzten Satz des Abs 5 Niederschlag, der die Reihenfolge regelt, in der anspruchsberechtigte Angehörige zum Zug kommen. Dort wird nur der „Ehegatte“ (und nicht der „frühere“ oder geschiedene Ehegatte) genannt. Das ASVG geht grundsätzlich davon aus, dass im Allgemeinen die Angehörigeneigenschaft des Ehegatten mit der Auflösung der Ehe erlischt, sofern nichts Gegenteiliges angeordnet ist (siehe oben Punkt 2).

Die von der Revisionswerberin gewünschte Auslegung ist demnach weder interpretativ zu erschließen, noch ist - wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - davon auszugehen, dass § 89 Abs 5 ASVG mit einer planwidrigen Lücke (§ 7 ABGB) behaftet ist, die durch Analogie zu schließen wäre.

4. Voraussetzung für die Anspruchsberechtigung nach § 89 Abs 5 ASVG ist nicht nur die Angehörigeneigenschaft, sondern darüber hinaus, dass sich die Angehörigen im Inland aufhalten und sie im Falle des Todes des Versicherten Anspruch auf Hinterbliebenenpension haben. Dass einem geschiedenen Ehegatten dann, wenn ihm der Versicherte bei seinem Tod aufgrund eines gerichtlichen Urteils, eines gerichtlichen Vergleichs oder einer während des aufrechten Bestands der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung Unterhalt zu leisten hatte, Anspruch auf Hinterbliebenenpension zukommt, reicht als Voraussetzung für den Anspruch nach § 89 Abs 5 ASVG demnach nicht aus, fehlt doch die in § 89 Abs 5 ASVG normierte weitere Voraussetzung der Angehörigeneigenschaft iSd § 123 ASVG. Sollte die Revisionswerberin meinen, es liege darin eine unsachliche Ungleichbehandlung, dass § 89 Abs 5 ASVG nur dem Ehegatten, nicht aber dem geschiedenen Ehegatten Ansprüche gewährt, so ist auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Hinterbliebenenpension zu verweisen, nach der es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, dass der dem geschiedenen Ehegatten zustehende Anspruch anders als der entsprechende Anspruch des mit dem Versicherten zur Zeit des Todes in aufrechter Ehe lebenden Ehegatten (§ 258 Abs 1 ASVG) geregelt wird. Dabei rechtfertigt grundsätzlich schon die Tatsache der Scheidung eine unterschiedliche Behandlung des geschiedenen Ehegatten gegenüber dem in aufrechter Ehe lebenden Ehegatten (stRsp seit 10 ObS 158/87 = SSV-NF 2/27; vgl RIS-Justiz RS0085155). Nichts anderes kann aber für die unterschiedliche Behandlung geschiedener Ehegatten und Ehegatten in aufrechter Ehe nach § 89 Abs 5 ASVG gelten. Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, einen Antrag auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

5. Auch der Hinweis der Rechtsmittelwerberin auf § 56 Abs 7 B-KUVG kann für die Klägerin kein günstigeres Ergebnis zeitigen. § 56 B-KUVG erfasst nur die Kranken- und Unfallversicherung, nicht aber die Pensionsversicherung. Zudem hat schon das Berufungsgericht auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs hingewiesen, nach der eine tiefgreifende Verschiedenheit zwischen dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und der Materie Sozialversicherungswesen besteht, die es ausschließt, Teilbereiche der diese Materien betreffenden Regelungen herauszugreifen und einander gegenüberzustellen (VfGH 27. 6. 2003, G 300/02 ua).

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Im Hinblick darauf, dass die auf Wohnbeihilfe und Sozialhilfebezug angewiesene Klägerin in ihrer Revision eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigte, entspricht es der Billigkeit, ihr trotz ihres gänzlichen Unterliegens im Revisionsverfahren die Hälfte der Revisionskosten zuzuerkennen (10 ObS 26/08h, 10 ObS 144/09p ua). Die Bemessungsgrundlage beträgt bei wiederkehrenden Leistungen gemäß § 77 Abs 2 ASGG 3.600 EUR (Obermaier, Kostenhandbuch2 Rz 448 mwN).

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