OGH 13Os13/11b

OGH13Os13/11b12.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Mai 2011 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Resch als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Johann S***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 12. März 2010, GZ 38 Hv 7/09g-267, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann S***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (1) und des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2, 15 StGB (2) schuldig erkannt.

Danach hat er

(1) in K***** als Geschäftsführer der E***** GmbH vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, und zwar für März 2000 um 1.112.554 Euro;

(2) zwischen Jänner und September 2000 in W***** und K***** dazu beigetragen, dass der abgesondert verfolgte Addison L***** als zunächst faktischer und dann auch handelsrechtlicher Geschäftsführer der A***** GmbH deren Vermögen verringerte und dadurch die Befriedigung von deren Gläubigern oder wenigstens eines von ihnen um mehr als 50.000 Euro, nämlich um mindestens 1.300.000 Euro schmälerte, indem S***** als Geschäftsführer der E***** GmbH im Einvernehmen mit L***** Arbeitsleistungen der A***** GmbH ohne Gegenleistung in Anspruch nahm (US 13 f).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5, 5a, 9 lit a und (der Sache nach auch) 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Die Mängelrüge reklamiert zunächst, im Urteil seien bestimmte Aussagen des Zeugen Werner R***** übergangen worden (Z 5 zweiter Fall), die Anhaltspunkte dafür böten, dass der Genannte den Angeklagten „über die Bonität der Firma F*****“ und des Addison L***** täuschen wollte. Inwiefern dies in Betreff des von den Schuldsprüchen erfassten Geschehens erheblich sein soll, ist allerdings auch aus dem Beschwerdevorbringen nicht zu ersehen.

Gesetzmäßige Darlegung einer Nichtigkeit nach Z 5 erfordert die Berücksichtigung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394, 455; RIS-Justiz RS0119370, RS0116504). Die Einwände (Z 5 erster, zweiter und dritter Fall) betreffend die in der Beschwerde aufgeworfene Frage nach dem Wert von Gegenleistungen der E***** GmbH gehen jedoch an den Konstatierungen vorbei, wonach die „Scheingegenleistungen“ (so US 11) gar nicht der A***** GmbH zugute kamen (US 11 f, vgl US 9 Mitte).

Inwiefern die diesbezügliche Argumentation der Tatrichter (US 16 ff) nicht nachvollziehbar sein soll, lässt das - formal im Rahmen der Ausführungen zur Rechtsrüge (Z 9 lit a), der Sache nach aus Z 5 vierter Fall erstattete - Beschwerdevorbringen offen.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Soweit die Beschwerde unter diesem Nichtigkeitsgrund das aus Z 5 Vorgebrachte wiederholt, verfehlt sie den aufgezeigten Ansatz, desgleichen, soweit sie Aspekte der Glaubwürdigkeit des Zeugen Werner R***** aufgrund von dessen „Eindruck“ in der Hauptverhandlung einer eigenständigen Bewertung unterzieht.

Mit den vorgebrachten Hinweisen auf den jährlichen Auftragsstand, die „Tatsache der laufenden Kontrolle des Angeklagten Johann S***** aus Anlass der“ von einem Zeugen so bezeichneten „R*****“, die Aussage des Zeugen Werner R***** sowie Wertangaben zu Unternehmen, Liegenschaften und Parkettholz werden keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen geweckt.

Erwägungen darüber, was dem Angeklagten als lebensfremd erscheine, lassen die bei Geltendmachung von Nichtigkeit nach Z 5a gebotene Bezugnahme auf konkrete Beweismittel vermissen (RIS-Justiz RS0117446).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) reklamiert einen Feststellungsmangel. Ein solcher wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c StPO) oder eine andere rechtliche Unterstellung bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580).

Indem die Beschwerde Feststellungen „über das Vorgehen des von Werner R***** beauftragten Strohmanns Addison L*****, dem Angeklagten Johann S***** eine besondere Bonität der Firma F***** und dessen Person glaubhaft zu machen“ vermisst, leitet sie nicht aus dem Gesetz ab, weshalb es darauf für die rechtliche Beurteilung ankommen soll (eingehend 13 Os 151/03, JBl 2004, 531 [Burgstaller] = SSt 2003/98; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).

Gleiches gilt, soweit sie das Fehlen von Konstatierungen darüber rügt, „dass der Angeklagte Johann S***** aufgrund der bei der Finanzbehörde herrschenden 'R*****' laufend kontrolliert wurde und der Angeklagte hievon Kenntnis hatte“.

Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite betreffend Schuldspruch Punkt 2 finden sich auf US 15 f (vgl RIS-Justiz RS0099810).

Ebenso wenig wird aus dem Gesetz abgeleitet (Z 9 lit b), weshalb dem Schuldspruch Punkt 1 der Umstand entgegen stehen soll, dass der Bescheid über die „Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum 03/2000“ „wegen eines Formalmangels (Zustellung an den Masseverwalter) vom Verwaltungsgerichtshof“ aufgehoben wurde und „dann wegen Verjährung nicht noch einmal erlassen werden“ konnte (US 13; vgl § 31 Abs 4 lit b FinStrG).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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