Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beklagten die mit 492,56 EUR (davon 82,09 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Kläger sind Eigentümer der EZ 214, GB *****, mit den Grundstücken Nr 132/27 und Nr 132/30. Der Beklagte ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 126 desselben Grundbuchs, mit dem Grundstück Nr 132/7 und der Liegenschaft EZ 142, desselben Grundbuchs, bestehend aus den Grundstücken Nr 132/8 und Nr 132/10.
Das Grundstück Nr 132/30 ist zur Gänze asphaltiert. Von der Sonnbergstraße (Grundstück Nr 460) verläuft die Auffahrt zum Haus des Beklagten zum Teil über das Grundstück Nr 132/30, teilweise über das Grundstück Nr 132/27 und über das Grundstück Nr 132/8.
Die Kläger errichteten im Jahr 1977 auf ihrem Grundstück Nr 132/27 eine Garage. Die ostseitige Garagenmauer musste um einen Meter Richtung Westen zurückversetzt werden, um die Auffahrt zur Liegenschaft des Beklagten in der ursprünglichen Breite wiederherzustellen. A***** A***** trat im Zuge dessen das Teilstück 4 an die Kläger ab. Den Platz vor der Garage nutzten sie als Parkplatz oder als Abstellfläche.
Das Haus des Beklagten wurde 1965 errichtet.
Die Kläger haben dem Beklagten für seine Grundstücke Nr 132/7 und Nr 132/8 über ihr Grundstück Nr 132/30 ein unentgeltliches, immerwährendes Geh- und Fahrtrecht eingeräumt, das im Grundbuch einverleibt ist.
Die Nebenintervenientin errichtete an der Grenze zum Grundstück des Beklagten direkt neben der dort verlaufenden Sonnbergstraße eine Stützmauer, als die Straße saniert und im öffentlichen Interesse verbreitert wurde. Die Mauer wurde ca 1978, jedenfalls aber erst nach dem Bau der Garage der Kläger gebaut.
Die Zufahrtsstraße zum Haus des Beklagten war ursprünglich anders als der derzeitige Zustand. Der Weg war weder asphaltiert noch beschottert und sehr schmal. Durch die Errichtung der Stützmauer wurde die Kehre so spitz, dass man bei der Zufahrt vor die Garage der Kläger fahren muss. Zuvor konnte man in einem Zug bergwärts zufahren.
Als der Erstkläger wahrnahm, dass der Vater des Beklagten über seinen Grund fahren wollte, brachte er an der östlichen Garagenmauer ein Schild mit der Aufschrift „Privatgrund bis zur Grenzmarkierung. Benützung bis auf Widerruf gestattet“ an.
Die Kläger waren mit der Zufahrt zum Haus des Beklagten über ihr Grundstück durch den Beklagten, dessen Verwandte und dessen Mieter nicht einverstanden und versuchten immer wieder, das Fahren zu verhindern. Der Beklagte ging daher mehrmals zur Nebenintervenientin und beschwerte sich. Es wurde mehrmals versucht, eine Einigung zu erzielen. Diese Versuche blieben jedoch erfolglos.
Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren, wonach der Beklagte nicht berechtigt ist, das Eigentum der Kläger dadurch zu stören, dass er über das Grundstück Nr 132/27 fährt, und dem auf Unterlassung dieser Störungshandlung und ähnlicher Handlungen gerichtete Unterlassungsbegehren statt. Zwischen den Parteien gäbe es keine vertragliche Vereinbarung über das Gehen und Fahren über das Grundstück Nr 132/27. Der Beklagte habe auch das Recht zum Gehen und Fahren über dieses Grundstück nicht ersessen, weil er nicht im guten Glauben an die Rechtmäßigkeit seiner Besitzausübung habe sein können, hätten doch die Kläger ihn und seinen Rechtsvorgänger wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass ihnen kein Recht zustehe, über dieses Grundstück zu fahren.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte das Urteil des Erstgerichts im klageabweisenden Sinn ab. Schon vor der Verlegung der Zufahrt aufgrund des Umbaus der Sonnbergstraße hätten die Kläger dem Beklagten ein unentgeltliches immerwährendes Geh- und Fahrtrecht über ihr Grundstück Nr 132/30 einräumen müssen, sodass der Beklagte nach den damaligen örtlichen Gegebenheiten zu seinem Haus habe zufahren können. Auch wenn nicht ausdrücklich festgestellt worden sei, dass die Umgestaltung der Zufahrt einverständlich erfolgt sei, gehe doch das Einverständnis der Kläger aus den übrigen Feststellungen klar hervor. Sie hätten nämlich ihre Garage um einen Meter weiter in Richtung Westen errichtet, damit auch nach dem Bau der Stützmauer die Auffahrt zur Liegenschaft des Beklagten in der ursprünglichen Breite wiederhergestellt habe werden können, wobei A***** A***** im Zuge dessen das Teilstück 4 an die Kläger abgetreten habe. Gerade der Umstand, dass die Stützmauer für die Sonnbergstraße zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht errichtet, aber schon absehbar gewesen sei, dass der Einfahrtswinkel von der verbreiterten Sonnbergstraße mit der zu errichtenden Stützmauer so spitz werden würde, dass man bei der Zufahrt zum Beklagten zunächst vor die Garage der Kläger fahren musste, während vorher ein Zufahren in einem Zug möglich gewesen sei, zeige aber auch, dass der Beklagte sogar eine Verschlechterung seiner Zufahrtssituation in Kauf genommen habe, um die (im Übrigen sogar unter Inanspruchnahme seines Grundes erfolgte) Verbreiterung der Sonnbergstraße zu ermöglichen. Auch daraus sei aber der übereinstimmende Wille aller Beteiligten erkennbar, schon im Vorfeld zumindest alles Erforderliche zu unternehmen, damit auch nach dem Errichten der Stützmauer dem Beklagten die Zufahrt zum Haus in der ursprünglichen Breite zur Verfügung stehen würde. Der Beklagte habe den Weg also nicht eigenmächtig verlegt, sondern die Verlegung der mit einer Dienstbarkeit auf Grundstück Nr 132/30 verbücherten Zufahrt sei einvernehmlich aufgrund der bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt angestellten Überlegungen darüber erfolgt, was geschehen würde, wenn durch die Stützmauer der Zufahrtsweg zum Beklagten eingeengt werde. Die konkludente Einräumung einer Servitut sei gerade dann anzunehmen, wenn die Verlegung des verbücherten Wegerechts im Zusammenhang mit einer kostspieligen Anlage geschehen sei und die Liegenschaftseigentümer dies duldeten, obwohl sie hätten wissen müssen, dass der Begünstigte dieser aufwendigen Nichterhaltung der Zufahrt nie zugestimmt hätte, wenn ihm nun im Gegensatz zur ursprünglichen Situation das Gebrauchsrecht jederzeit hätte entzogen werden können. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Kläger dem Beklagten schon zuvor über das Grundstück Nr 132/30 ein unentgeltliches immerwährendes Geh- und Fahrtrecht eingeräumt hätten, habe der Beklagte die einverständliche Zurückversetzung der geplanten Garage daher nur dahin verstehen können, dass die Kläger ihm weiterhin das Recht auf die Möglichkeit einräumen wollten, auch die neue Zufahrt in der ursprünglichen Breite zu befahren und damit teilweise auch über das Grundstück Nr 132/27 zu seinem Haus zuzufahren. Auch wenn sich die Kläger in der Folge nicht mehr an ihre Zustimmung gebunden fühlten und den Platz vor der Garage als Parkplatz und als Abstellfläche nutzten, könne dies nichts daran ändern, dass der anlässlich der Änderung der örtlichen Verhältnisse abzuleitende rechtsgeschäftliche Wille der Kläger sich auf die Einräumung einer Dienstbarkeit auch über das Grundstück Nr 132/27 als dingliches Recht bezogen habe. Bestünden aber - wie im Anlassfall - Anhaltspunkte für die Annahme der Parteiabsicht, ein dingliches Recht begründen zu wollen, so habe der Beweis dafür, dass entgegen der Vermutung des § 479 ABGB tatsächlich nur eine jederzeit widerrufbare Gebrauchsgestattung vorliege, dem oblegen, der diese Einschränkung behaupte. Durch die von den Klägern kurze Zeit später an der Garage angebrachte Tafel, dass die Benutzung nur bis auf Widerruf erfolgen dürfe, und auch ihr in der Folge an den Tag gelegtes Verhalten habe dieser Nachweis jedenfalls nicht erbracht werden können. Schon das Erstgericht habe zutreffend darauf hingewiesen, es könne nicht angenommen werden, dass sich die Tafel auch auf die Anrainer beziehe.
Nachträglich (§ 508 ZPO) ließ das Berufungsgericht die ordentliche Revision zu, weil zur Frage, ob von der schlüssigen Einräumung einer Dienstbarkeit im Zusammenhang mit einer kostspieligen Anlage auch dann ausgegangen werden könne, wenn der Begünstigte keine unmittelbaren Aufwendungen dafür tätige, sondern nur einen Teil seiner Liegenschaft für die Verbreiterung der Sonnbergstraße zur Verfügung stelle, höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht existiere.
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig, weil eine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht vorliegt.
Die Revisionswerber machen in ihren Revisionsausführungen im Wesentlichen geltend, dass entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zwischen den Parteien keine schlüssige Dienstbarkeitsvereinbarung zustandegekommen sei. Das Berufungsgericht habe sich nicht mit der ständigen Rechtsprechung auseinandergesetzt, wonach zum einen ein bloßes Dulden allein durch längere Zeit hinaus nicht auf die Einräumung einer Dienstbarkeit schließen lasse, vielmehr entsprechende konkrete Sachverhaltselemente hinzutreten müssten, die den Schluss erlaubten, der aus einem bestimmten Verhalten abzuleitende rechtsgeschäftliche Wille des Belasteten habe sich auf die Einräumung einer Dienstbarkeit als dingliches Recht bezogen.
Rechtliche Beurteilung
1. Der Frage, ob die Kläger schlüssig ein Recht auf das Befahren des Grundstücks Nr 132/27 einräumten, kommt grundsätzlich keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu (3 Ob 132/09x; RIS-Justiz RS0043253 [T1; T8]). Eine im Interesse der Rechtssicherheit korrekturbedürftige Fehlbeurteilung liegt nicht vor.
2. Dienstbarkeiten können zufolge § 480 ABGB auch vertraglich eingeräumt werden. Ein Dienstbarkeitsvertrag kann auch durch schlüssiges Verhalten iSd § 863 ABGB zustandekommen. Dabei reicht jedoch die bloße Duldung des Gebrauchs nicht aus; es müssen vielmehr Sachverhaltselemente hinzutreten, die den Schluss erlauben, der aus einem bestimmten Verhalten abzuleitende rechtsgeschäftliche Wille des Belasteten habe sich auf die Einräumung einer Dienstbarkeit als dingliches Recht bezogen (3 Ob 132/09x; RIS-Justiz RS0111562, RS0011661; 3 Ob 101/01a = SZ 2002/111). So wird beispielsweise ein stillschweigender Vertragsschluss gewöhnlich angenommen, wenn der Liegenschaftseigentümer die Errichtung und Benützung einer kostspieligen Anlage duldet, weil er wissen musste, dass der Begünstigte solche Aufwendungen nicht getätigt hätte, wenn ihm das Gebrauchsrecht jederzeit entzogen werden könnte. In diesen Fällen ist somit der Schluss erlaubt, dass der aus einem bestimmten Verhalten abzuleitende Wille des Belasteten sich auf die Einräumung einer Dienstbarkeit als dingliches Recht bezog (RIS-Justiz RS0114010; RS0011661 [T3]).
3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die von ihm dargelegten Umstände des Falls keinen vernünftigen Grund übrig lassen, an einem konkludenten Zustandekommen eines Dienstbarkeitsvertrags über das Fahren auf dem Grundstück Nr 132/27 zu zweifeln, ist jedenfalls vertretbar. Dass der Beklagte keine „kostspielige Anlage“ auf diesem Grundstück errichtete, ist nicht entscheidungswesentlich. Die Annahme eines stillschweigenden Vertragsschlusses, wenn der Liegenschaftseigentümer die Errichtung und Benützung einer kostspieligen Anlage duldet, weil er wissen musste, dass der Begünstigte solche Aufwendungen nicht getätigt hätte, wenn ihm das Gebrauchsrecht jederzeit entzogen werden könnte, ist nur eine Variante für das schlüssige Zustandekommen eines Dienstbarkeitsvertrags.
4. Beim Fahrtrecht, das als die umfassendste Wegservitut (§ 477 Z 1 ABGB) auch das Gehrecht umfasst (10 Ob 83/07i mwN), handelt es sich seiner Natur nach um eine Grunddienstbarkeit. Demgemäß oblag es den dies bestreitenden Klägern, das Vorliegen einer bloß auf Widerruf eingeräumten Berechtigung für den Beklagten zu beweisen (§ 479 Satz 2 ABGB). Ob dem Belasteten dieser Beweis gelingt, ist stets eine Frage der Umstände des Einzelfalls (10 Ob 83/07i). Das Berufungsgericht hat den Beweis nicht als erbracht angesehen. Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung ist auch in diesem Zusammenhang nicht erkennbar. Das Recht aus einer regulären Grunddienstbarkeit steht dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks zu (10 Ob 83/07i mwN).
5. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Entscheidung entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts in keinem Punkt von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO abhängt. Die Zurückweisung konnte sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte wies zutreffend auf die Unzulässigkeit der Revision hin, sodass ihm die Kosten seiner Revisionsbeantwortung zuzusprechen sind.
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