OGH 1Ob40/11f

OGH1Ob40/11f31.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** AG, *****, vertreten durch Thum Weinreich Schwarz Fuchsbauer Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Mag. Johannes M*****, wegen 31.860 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Dezember 2010, GZ 11 R 61/10m-47, mit dem das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 29. Dezember 2009, GZ 5 Cg 40/07s-43, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der beklagte Rechtsanwalt war von November 2002 bis März 2006 Sachwalter einer 1938 geborenen Betroffenen, für die er unter anderem die Verwaltung von Einkommen und Vermögen und die Vertretung „vor“ privaten Vertragspartnern zu besorgen hatte. Zum Vermögen der Betroffenen gehörte ein seit 2004 unbewohntes und auch in der kalten Jahreszeit nicht beheiztes Haus. Am 14. 2. 2006 kam es in diesem Haus zu einem massiven Wasserschaden, weil ein Waschmaschinenanschluss „auffror“. Zur Abgeltung des Wasserschadens zahlte die klagende Partei als Gebäudeleitungswasserversicherer 31.860 EUR an die Betroffene. Diesen Betrag begehrte sie vom Beklagten, der weder für das Absperren der Leitungen noch die Beheizung des versicherten Gebäudes gesorgt hätte.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten zeigte keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Der Beklagte war von November 2002 bis März 2006 Sachwalter. Ein Schadenersatzanspruch der Betroffenen ist daher unter anderem nach den Bestimmungen des ABGB nach Inkrafttreten des KindRÄG 2001, BGBl I 2000/35, mit 1. 7. 2001 und vor Inkrafttreten des SWRÄG 2006, BGBl I 2006/92, mit 1. 1. 2007 zu beurteilen.

Nach § 282 Abs 1 ABGB idF des KindRÄG 2001 waren auf die Rechte und Pflichten der Sachwalter, soweit nichts anderes bestimmt war, die Bestimmungen des 3. Hauptstücks des ABGB (Von den Rechten zwischen Eltern und Kindern) sowie die Bestimmungen des 4. Hauptstücks (Von der Obsorge einer anderen Person der Sachwalterschaft und der Kuratel) anzuwenden. Damit wurde unter anderem auf § 149 Abs 1 ABGB verwiesen, der die Eltern verpflichtete, das Vermögen eines minderjährigen Kindes mit der Sorgfalt ordentlicher Eltern zu verwalten, es in seinem Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren, soferne das Wohl des Kindes nichts anderes erforderte. Nach § 264 Abs 1 iVm § 282 Abs 1 ABGB haftete der Sachwalter dem Pflegebefohlenen für jeden durch sein Verschulden verursachten Schaden. Er haftete nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen, wenn er (wie im konkreten Fall der Betreuung des Hauses der Betroffenen) nicht in Erfüllung einer richterlichen Weisung als Organ nach § 1 Abs 2 AHG handelte (1 Ob 197/01d = SZ 74/179; 4 Ob 26/10t = iFamZ 2010/190, 275 [Parapatits]; vgl Hopf in KBB3 § 264 Rz 1).

Die Frage, ob einem Sachwalter, zu dessen Aufgabenbereich auch die Vermögensverwaltung der betroffenen Person gehört, eine schuldhafte Verletzung seiner Pflichten, die zu einer Beschädigung eines Vermögenswerts der betroffenen Person führt, vorzuwerfen ist, kann grundsätzlich nur nach den Umständen des konkreten Einzelfalls beurteilt werden. Sie stellt daher - ausgenommen im Fall einer zu korrigierenden Fehlbeurteilung - keine erhebliche Rechtsfrage dar.

Eine derartige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, das den Auftrag an die (1935 geborene) langjährige Freundin der Betroffenen, „(weiter) nach dem Haus zu schauen“ (ohne konkrete Anweisung, für einen Standby-Betrieb der von 2004 bis 2006 nie eingeschalteten Zentralheizungsanlage und/oder die Entleerung der wasserführenden Leitungen während der kalten Jahreszeit zu sorgen), als unzureichende Maßnahme zur Abwehr derartiger zu erwartender und letztlich eingetretener Frostschäden ansah, liegt hier nicht vor:

Der Beklagte gesteht selbst als richtig zu, dass die Freundin der Betroffenen weder mit der Entleerung von Wasserleitungen noch der Wartung der Heizungsanlage beauftragt worden war und die Gefahr derartiger Frostschäden in unbeheizten Gebäuden jedem einleuchten hätte müssen. Aus dem zuletzt genannten Umstand zieht er die Konsequenz, die Freundin der Betroffenen hätte im Bewusstsein um diese Gefahr dem Sachwalter „ein kaltes Haus“ melden müssen, um ihm zu ermöglichen, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Deshalb treffe ihn kein Verschulden. War aber die Sorge für eine entsprechende Beheizung des Objekts, die nach den Feststellungen auch nie Thema der Besprechungen gewesen war, nicht Gegenstand des der „Hausbetreuerin“ erteilten Auftrags, ist die Forderung des Berufungsgerichts nach der Veranlassung geeigneter Kontrollmaßnahmen durch den Sachwalter auch ohne vorangegangene Meldung durchaus einleuchtend und bedeutet keine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Überspannung der Sorgfaltspflichten eines Sachwalters. Von diesem wird ja nicht verlangt, dass er persönlich Heizungen wartet und Wasserleitungen entleert. Gefordert wurde ein konkreter Auftrag zur entsprechenden Wartung des Objekts, der nach dem festgestellten Sachverhalt nie erteilt wurde. Wenn der Beklagte noch meint, er habe selbstverständlich regelmäßig überprüft, ob die Freundin der Betroffenen ihre Aufgaben, regelmäßig Nachschau zu halten und Auffälligkeiten sogleich zu melden, ordnungsgemäß erfüllt hätte, vernachlässigt er den festgestellten Sachverhalt. Danach war er nur etwa zwei oder drei Mal, niemals aber im Winter, im Haus und kontrollierte nie die Funktionsfähigkeit der Heizanlage oder deren Standby-Betrieb.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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