OGH 10ObS23/11x

OGH10ObS23/11x29.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Krüger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Schleinbach (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Thomas Krankl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Dezember 2010, GZ 9 Rs 99/10k-156, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

So wie es für die Beurteilung, ob ein in Österreich erlernter Beruf nach § 255 Abs 1 ASVG vorliegt, allein darauf ankommt, ob die vorgesehene Lehrabschlussprüfung erfolgreich abgelegt wurde (10 ObS 139/02t mwN), ist für die Frage, ob ein Beruf iSd § 255 Abs 1 ASVG im Ausland erlernt wurde, bei Fehlen einer entsprechenden Gleichstellung in einem Staatsvertrag oder durch Verordnung des (jetzt [BGBl I 2010/40]) Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend (§ 27a Abs 1 BAG) entscheidend, ob ein rechtsgestaltender Gleichstellungsbescheid (§ 27a Abs 2 BAG) vorliegt (10 ObS 260/03p mwN). Da beim Kläger keiner dieser drei genannten Voraussetzungen vorliegt, hat das Berufungsgericht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats einen Berufsschutz des Klägers nach § 255 Abs 1 ASVG (erlernter Beruf) zutreffend verneint (10 ObS 260/03p mwN).

Ein angelernter Beruf liegt gemäß § 255 Abs 2 ASVG vor, wenn für seine Ausübung qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich waren, welche jenen in einem erlernten österreichischen Lehrberuf gleichzuhalten sind. Die Kenntnisse und Fähigkeiten eines angelernten Berufskraftfahrers sind am Berufsbild des Lehrberufs „Berufskraftfahrer“ zu messen (10 ObS 260/03p).

Einen Berufsschutz als Berufskraftfahrer leitet der Kläger, der vom 19. 2. bis 19. 6. 1987 in Jugoslawien die Prüfung für den qualifizierten Lenker von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr erfolgreich abgelegt hat und vom 8. 7. 1986 bis 4. 1. 1989 in Kroatien als Transportunternehmer tätig war, aus dem Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 7. 4. 2008 in Verbindung mit der positiven Beurteilung des Prüfungsteils „Transportgeschäftsfall“ in dem im vorliegenden Verfahren eingeholten Berufsprüfungsgutachten vom 18. 10. 2003 ab. Im genannten Bescheid wurde „im Hinblick auf § 27 Abs 4 Berufsausbildungsgesetz […] festgestellt, dass die vom [Kläger] in Bosnien und Herzegowina absolvierte Berufsausbildung mit der Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Berufskraftfahrer/in gemäß Berufskraftfahrer-Ausbildungsordnung BGBl II Nr 152/1998 mit Ausnahme des Prüftungsteils der Lehrabschlussprüfung 'Transportgeschäftsfall' gleichwertig ist“. Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass dieser Bescheid kein Gleichstellungsbescheid iSd § 27a Abs 2 BAG ist und nur bestätigt, dass die Voraussetzungen nach § 27a Abs 4 BAG (nach der Novellierung durch BGBl I 2010/40: § 27a Abs 3 BAG) vorliegen. Demnach hat der Kläger die Gleichwertigkeit iSd § 27a Abs 2 BAG im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht nachgewiesen (vgl Satz 1 des § 27a Abs 3 BAG). Der Kläger konnte Berufsschutz als Berufskraftfahrer nur durch Anlernung (§ 255 Abs 2 ASVG) erwerben. Welche Kenntnisse und Fähigkeiten er wann erworben hat, ist eine Tatsachenfrage, ob diese zur Bejahung eines Berufsschutzes ausreichen, eine Rechtsfrage. Entgegen der Auffassung des Klägers hindert die Rechtskraft des Bescheids des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 7. 4. 2008 nicht die selbständige Prüfung und Beurteilung dieser Fragen durch die Gerichte im sozialgerichtlichen Verfahren. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist eine Drittwirkung eines Bescheids nur dann anzunehmen (4 Ob 192/06y = SZ 2006/174 mwN), wenn ein Bescheid eine neue Rechtslage schafft (Gestaltungswirkung, RIS-Justiz RS0036975) oder die Rechtsordnung (sonst) an die bloße Tatsache seiner Existenz Rechtsfolgen knüpft (Tatbestandswirkung, RIS-Justiz RS0110351). Die bloße Rechtskraft für sich allein führt noch nicht zu Wirkungen für Dritte (4 Ob 192/06y = SZ 2006/174). Im vorliegenden Fall hat der Feststellungsbescheid weder rechtsgestaltenden Charakter, noch kommt ihm Tatbestandswirkung zu. Denn er ist nicht Tatbestandsvoraussetzung des Berufsschutzes durch Anlernung (§ 255 Abs 2 ASVG).

Im Übrigen führt der Revisionswerber gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass ihm kein Berufsschutz als angelernter Berufskraftfahrer zukommt und er daher die Voraussetzungen für die Gewährung einer Invaliditätspension nicht erfüllt, nichts Konkretes ins Treffen. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, der sich in den letzten Jahren in zahlreichen Entscheidungen mit dem Berufsbild des Berufskraftfahrers auseinandergesetzt hat (10 ObS 260/03p; RIS-Justiz RS0084792).

Da der Revisionswerber somit keine für die Entscheidung des Verfahrens relevante Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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