OGH 5Ob3/11v

OGH5Ob3/11v29.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin M*****, vertreten durch Korn & Gärtner Rechtsanwälte OG in Salzburg, gegen die Antragsgegnerin E***** GmbH, *****, vertreten durch Kopp-Wittek Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG iVm § 6 Abs 2 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss und Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 29. September 2010, GZ 22 R 250/10h-91, womit der Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 20. April 2010, GZ 18 Msch 19/04x-87, zurückgewiesen und dem Rekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 20. April 2010, GZ 18 Msch 19/04x-87, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit 311,86 EUR (darin enthalten 51,98 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist (die einzig verbliebene) Mieterin des Hauses auf der nunmehr im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Liegenschaft EZ ***** GB *****.

Mit Sachbeschluss des Erstgerichts vom 24. 7. 2002 in einem Vorverfahren wurde ua für die Wohnung der Antragstellerin (top 4) gemäß § 18 MRG ein erhöhter monatlicher Hauptmietzins für zulässig erklärt und der in diesem Verfahren antragstellenden Partei (Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin) die Durchführung im Spruch näher bezeichneter Arbeiten zu voraussichtlichen Kosten von insgesamt umgerechnet 246.567 EUR binnen Jahresfrist aufgetragen.

Mit Beschluss des Erstgerichts vom 17. 12. 2004 (ON 8; richtig: 5. 10. 2004 - vgl Protokoll ON 6) wurde über Antrag der Antragstellerin gemäß § 6 Abs 2 MRG zum Zweck der Durchführung der aufgetragenen Erhaltungsarbeiten, der Aufnahme und Tilgung des erforderlichen Kapitals und der ordnungsgemäßen Erhaltung und Verwaltung der Liegenschaft bis zur Tilgung des Kapitals ein Zwangsverwalter bestellt.

Das Erstgericht wies mit Beschluss die am 20. 11. 2007 gestellten Anträge der Antragstellerin auf Enthebung des Zwangsverwalters und auf Erteilung von Weisungen an den Zwangsverwalter ab und stellte mit Sachbeschluss die bewilligte Zwangsverwaltung gemäß § 6 Abs 3 Z 2 MRG ein. Es traf ua folgende Feststellungen:

„Mit den im Sachbeschluss … [Vorverfahren] explizit angeführten und genannten Maßnahmen kann nicht das Auslangen gefunden werden, weil die Liegenschaft schwerwiegende statische Mängel aufweist und die Fundamente im Moorboden enden und die Gründung auf nicht tragfähigem Boden steht. Die Sanierung der Liegenschaft würde einen Kostenaufwand von rund 1,2 Mio EUR erfordern, während der Abbruch und Neubau des Objekts lediglich rund die Hälfte der Sanierungskosten nach sich zieht. Der Stand auf dem Konto der Zwangsverwaltung beträgt per 13. 11. 2009 64.232,28 EUR. Die Antragstellerin bezahlt derzeit monatlich einen erhöhten Hauptmietzins von rund 570 EUR. Für die in Aussicht genommenen Sanierungsmaßnahmen in der Größenordnung von 246.000 EUR unter Berücksichtigung einer vorhandenen Mietzinsreserve von 76.000 EUR und einem sich so errechnenden Finanzierungsaufwand von 170.000 EUR wurde gegenüber dem Zwangsverwalter die Gewährung eines Darlehens bereits abgelehnt. Eine Fremdfinanzierung des Sanierungskostenaufwands von 1,2 Mio EUR trotz grundbücherlicher Sicherstellung und Berücksichtigung der nach der Sanierung gegebenen Vermietbarkeit der Liegenschaft ist nicht möglich.“

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass die von der Antragstellerin behauptete beharrliche Pflichtverletzung des Zwangsverwalters nicht gegeben sei. Die Zwangsverwaltung sei einzustellen, weil feststehe, dass ausgehend vom festgestellten Sanierungsaufwand eine Finanzierung nicht zu bewerkstelligen sei.

Das Rekursgericht wies den von der Antragstellerin gegen den erstgerichtlichen Beschluss erhobenen Rekurs mit der Begründung zurück, dass die in § 6 Abs 2 MRG angeordnete sinngemäße Anwendung der Vorschriften der EO über die Zwangsverwaltung zur Beurteilung der Unanfechtbarkeit dieses Beschlusses zu führen habe. Im Übrigen billigte es die Rechtsauffassung des Erstgerichts bezüglich der Einstellung der Zwangsverwaltung. Das Rekursgericht bewertete den Wert des Entscheidungsgegenstands mit über 10.000 EUR und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil zum Einstellungsgrund eine fallbezogene oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht zugänglich gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Antragstellerin erhobene Revisionsrekus, mit welchem sie eine Abweisung des Einstellungsantrags und eine Enthebung des Zwangsverwalters anstrebt, ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) nicht zulässig:

1. Gemäß § 6 Abs 2 Satz 5 MRG sind im Verfahren über die Zwangsverwaltung nach § 6 Abs 2 MRG im Übrigen die §§ 98, 99, 103, 108-121, 130 und 132 der EO sinngemäß anzuwenden. Darunter ist nach dem klaren Wortlaut zu verstehen, dass die Vorschriften der EO unmittelbar dann anzuwenden sind, wenn das MRG selbst keine Sonderregelungen enthält. Eine entsprechende Sonderregelung findet sich für die Enthebung des bestellten Zwangsverwalters nicht; vielmehr enthält § 6 Abs 2 Satz 5 MRG einen ausdrücklichen Verweis auf § 108 und § 132 EO. Gemäß § 132 Z 2 EO findet gegen Beschlüsse, durch welche ein anderer Zwangsverwalter bestellt wird (§ 108), ein Rekurs nicht statt. Es entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass dem Verpflichteten konsequenterweise auch kein Rekursrecht gegen die eine Enthebung des Zwangsverwalters ablehnende Entscheidung des Exekutionsgerichts zusteht (3 Ob 12/02i JBl 2002, 659; RIS-Justiz RS0002682). Diese Rechtsprechung wurde auch nach Inkrafttreten der EO-Novelle 2008 ausdrücklich aufrecht erhalten (3 Ob 233/09z MietSlg 61.768).

2. Das Rekursgericht hat die im Rekurs von der Antragstellerin bekämpften Feststellungen des Erstgerichts ausdrücklich übernommen und hat die von der Antragstellerin gerügten (primären) Verfahrensmängel verneint. Soweit im Revisionsrekurs daher versucht wird, die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen zu bekämpfen, kann diesen Rechtsmittelausführungen kein Erfolg beschieden sein, weil auch im Außerstreitverfahren die Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen mit Revisionsrekurs nicht möglich ist (RIS-Justiz RS0108449). Ebenso entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass vom Gericht zweiter Instanz verneinte Mängel erster Instanz auch im Außerstreitverfahren nicht mehr vom Obersten Gerichtshof zu überprüfen sind (RIS-Justiz RS0030748).

3. Vorauszuschicken ist, dass sowohl die Bewilligung der Zwangsverwaltung aufgrund eines Auftrags nach § 6 Abs 1 MRG als auch die Einstellung der bewilligten Zwangsverwaltung in § 6 Abs 2 und 3 MRG geregelt sind. Es sind daher insofern die Vorschriften des AußStrG, nicht aber jene der EO anzuwenden (vgl auch § 6 Abs 2 vorletzter Satz MRG, wonach über den Exekutionsantrag im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden ist). Die Regelung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO ist daher auf die den Einstellungsbeschluss bestätigende Rekursentscheidung nicht anzuwenden.

4. Gemäß dem klaren Wortlaut des § 6 Abs 3 Z 2 MRG ist die Zwangsverwaltung nach Abs 2 einzustellen, wenn sich erweist, dass die aufgetragenen Arbeiten wegen mangelnder Finanzierbarkeit oder sonst unüberwindbarer Hindernisse nicht durchgeführt werden können. Genau dieser Fall liegt nach den getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen hier vor. Der Hinweis im Revisionsrekurs, die aufgetragenen Arbeiten seien nicht mit dem (nun festgestellten) Gesamtsanierungsaufwand gleichzusetzen, lässt außer Acht, dass nicht nur die Unfinanzierbarkeit des Gesamtsanierungsaufwands, sondern auch die mangelnde Finanzierbarkeit der Durchführung der konkret mit Sachbeschluss aufgetragenen Erhaltungsarbeiten feststeht.

5. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage war daher der Revisionsrekurs insgesamt zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0042656); gemäß § 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG bedarf es hiezu keiner noch weitergehenden Begründung.

6. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Antragstellerin hingewiesen. Es entspricht daher der Billigkeit, der Antragstellerin den Ersatz der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung aufzuerlegen.

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