OGH 3Ob228/10s

OGH3Ob228/10s14.12.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei M*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Gert Paulsen, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei F*****, Unternehmer, *****, vertreten durch Dr. Margot Tonitz, Rechtsanwältin in Klagenfurt, wegen Ehescheidung und Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 30. September 2010, GZ 4 R 317/10z-15, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 16. August 2010, GZ 4 C 84/09t-11, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin und gefährdete Partei (im Folgenden: Antragstellerin) und der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei (im Folgenden: Antragsgegner) haben am 28. November 1987 die Ehe geschlossen; die Ehe wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 5. Juli 2010 geschieden.

Der Antragsgegner ist Alleineigentümer einer Liegenschaft mit einem aus sieben Wohneinheiten bestehenden Wohn- und Apartmenthaus, darunter die 123 m² große Ehewohnung der Streitteile. Die Antragstellerin, die eine Pension von weniger als 1.000 EUR bezieht, wäre bei einem Verlust der Ehewohnung nicht wohnversorgt.

Im Zuge des Scheidungsverfahrens stellte die Antragstellerin zur Sicherung ihres Anspruchs auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse den auf § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO gestützten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach dem Antragsgegner für die Zeit bis zum Ablauf eines Jahres nach der rechtskräftigen Erledigung des Ehescheidungsverfahrens sowie für den Fall der Einleitung eines nachehelichen Vermögensaufteilungsverfahrens bis zu dessen rechtskräftiger Erledigung jede Veräußerung und Belastung der Liegenschaft verboten und dieses Verbot im Grundbuch angemerkt werde.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Der Aufteilungsanspruch der Antragstellerin sei gefährdet, weil „der Antragsgegner“ im Sommer 2010 - während des anhängigen Scheidungsverfahrens - auf der Liegenschaft ein Pfandrecht zu Gunsten einer Bank einverleiben habe lassen.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluss im Sinn einer Antragsabweisung ab. Insgesamt seien keine Verfahrensergebnisse hervorgekommen, die die Annahme einer konkreten Anspruchsgefährdung ernstlich nahe legten. Die Antragstellerin habe im Rahmen ihres Vorbringens - neben dem unstrittigen Umstand einer im Mai 2010 erfolgten Pfandrechtseinverleibung, die auf einer aus dem Jahr 1993 stammenden Pfandurkunde basiere - in Richtung einer mit der begehrten Sicherungsmaßnahme abzuwehrenden Gefährdung ihres Aufteilungsanspruchs nur die Behauptung aufgestellt, dass aufgrund der bisherigen Vorgangsweise des Antragsgegners die dringende Gefahr einer Beeinträchtigung ihrer Rechte durch weitere Grundbuchshandlungen bestehe. Dieses allgemein gehaltene Vorbringen lasse keine gesicherten Rückschlüsse auf das Vorliegen einer konkreten Anspruchsgefährdung zu; dem Antragsvorbringen seien keine Hinweise etwa auf eine beabsichtigte Veräußerung und einen Verbrauch des Erlöses für eigene Zwecke durch den Antragsgegner zu entnehmen.

Der Revisionsrekurs wurde nicht zugelassen, weil sich angesichts der höchstgerichtlichen Rechtsprechung keine Rechtsfragen von erheblicher, über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung stellten.

Rechtliche Beurteilung

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs macht die Antragstellerin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO geltend.

Die einstweilige Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren oder einem Verfahren auf Aufteilung des Vermögens ist nur nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO möglich und setzt damit eine entsprechende Gefahrenbescheinigung voraus (RIS-Justiz RS0115099). Die Behauptungs- und Bescheinigungslast für das Vorliegen konkreter Umstände, die eine Gefährdung begründen, liegt ausschließlich bei der antragstellenden Partei (RIS-Justiz RS0005175 [T9]). Nicht jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit einer im § 381 EO erwähnten Erschwerung, Vereitelung, Gewaltanwendung oder Herbeiführung eines unwiederbringlichen Schadens kann eine Anspruchsgefährdung begründen (RIS-Justiz RS0005175 [T2]); vielmehr wird das Vorliegen von Umständen gefordert, die ohne Bewilligung der einstweiligen Verfügung eine Anspruchsbeeinträchtigung als wahrscheinlich erscheinen lassen (RIS-Justiz RS0005175 [T6]).

Bei der Beurteilung der Anspruchsgefährdung nach § 381 EO kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0005118; RS0005175 [T16]). Ob im Einzelfall die Bescheinigung gelungen ist, stellt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar (RIS-Justiz RS0013475; 1 Ob 160/01p). Bei der Beurteilung der Anspruchsgefährdung kommt es immer auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0005118).

Eine krasse Fehlbeurteilung durch das Rekursgericht, die eine Überprüfung der Einzelfallentscheidung durch den Obersten Gerichtshof notwendig machen würde, liegt nicht vor: Ungeachtet der umfangreichen, hauptsächlich die Tatsachenebene betreffenden Ausführungen im außerordentlichen Revisionsrekurs, ist die Ansicht des Rekursgerichts, der Antragstellerin sei die Bescheinigung der Gefährdung ihres Aufteilungsanspruchs nicht gelungen, weil es ungeachtet der Einverleibung eines Vertragspfandrechts an konkreten Umständen fehle, aus denen mit hoher Wahrscheinlichkeit Vereitelungshandlungen hinsichtlich der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens abgeleitet werden können, angesichts der gegebenen Umstände nachvollziehbar; sie hält sich auch im Rahmen der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Die Entscheidung des Rekursgerichts ist in Bezug auf die zentrale Frage der Bescheinigung der Gefährdung keineswegs als „Überraschungsentscheidung“ zu qualifizieren. Im Übrigen wird auch im Revisionsrekurs nicht dargelegt, worin die konkrete Gefahr liegen soll, dass der Antragsgegner die Antragstellerin zu schädigen beabsichtigt; das diesbezügliche Vorbringen erschöpft sich in einer allgemein gehaltenen Darstellung von abstrakten Möglichkeiten.

Mit dem Inhalt der eidesstättigen Erklärung Blg ./B hat sich das Rekursgericht auseinandergesetzt und konnte auch daraus keine ernstlich naheliegende konkrete Anspruchsgefährdung ableiten. Diese Beurteilung stellt einen Akt der Beweiswürdigung dar, der im Revisionsrekursverfahren nicht anfechtbar ist.

Mangels erheblicher Rechtsfrage ist der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte