OGH 8Ob117/10d

OGH8Ob117/10d4.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarman-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin H***** R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Mayrhofer, Rechtsanwalt in Mauthausen, gegen den Antragsgegner R***** R*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Mag. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG in Wien, wegen nachehelicher Aufteilung, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 9. Juni 2010, GZ 23 R 188/10k-19, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die am 26. 6. 1992 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Neulengbach vom 14. 5. 2008 zu 1 C 41/07b aus dem alleinigen Verschulden des Antragsgegners geschieden; das Urteil erwuchs am 17. 6. 2008 in Rechtskraft. Mit Antrag vom 14. 5. 2009 begehrte die Antragstellerin die Zuerkennung einer Ausgleichszahlung von 68.214,01 EUR. Mit Gegenantrag vom 2. 7. 2009 begehrte der Antragsgegner, die Antragstellerin zur Leistung einer Ausgleichszahlung von 4.000 EUR an ihn zu verpflichten.

Das Erstgericht wies den Antrag des Antragsgegners ab und erkannte diesen schuldig, der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von 11.021,69 EUR zu zahlen; das Mehrbegehren (57.192,32 EUR) wies es ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners, mit dem er sich nur gegen die Höhe der Ausgleichszahlung zu Gunsten der Antragstellerin wandte, keine Folge. Hingegen gab es dem Rekurs der Antragstellerin teilweise statt und bestimmte die vom Antragsgegner zu leistende Ausgleichszahlung mit 18.369,18 EUR. Gleichzeitig sprach das Rekursgericht aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der vom Antragsgegner erhobene „außerordentliche Revisionsrekurs“, der dem Obersten Gerichtshof vorgelegt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Dazu ergibt sich Folgendes:

1. Der nacheheliche Aufteilungsanspruch geschiedener Ehegatten ist ein in Geld bewertbarer Anspruch rein vermögensrechtlicher Natur, für den keine zwingenden Bewertungsvorschriften bestehen (7 Ob 345/98f = RIS-Justiz RS0007124 [T8]). Im Allgemeinen handelt es sich dabei allerdings um keinen bloßen Geldanspruch. Dies gilt nach der Rechtsprechung grundsätzlich auch dann, wenn der Aufteilungsvorschlag eines Antragstellers neben einer beantragten Zuweisung eine Ausgleichszahlung zum Gegenstand hat (1 Ob 209/04y = RIS-Justiz RS0007124 [T12]).

Im vorliegenden Rechtsmittel weist der Antragsgegner selbst darauf hin, dass die Antragstellerin mit ihrem zugrunde liegenden Antrag vom 14. 5. 2009 nicht die Überlassung einzelner Vermögensgegenstände oder Ersparnisse begehrt, sondern lediglich eine Ausgleichszahlung geltend gemacht habe. Auch er habe nicht die Zuweisung einzelner Vermögenswerte begehrt. Dazu wird darauf hingewiesen, dass der Gegenantrag des Antragsgegners vom Erstgericht unbekämpft abgewiesen wurde, weshalb das vorliegende Rechtsmittel des Antragsgegners allein den Antrag der Antragstellerin vom 14. 5. 2009 betrifft.

Der Rekurs des Antragsgegners hatte nur die Förderungszahlungen und die Nutzungsentgelte, die er nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft (August 2006) bezogen hatte, und der Rekurs der Antragstellerin nur die Höhe der vom Antragsgegner getilgten Kreditverbindlichkeiten gegenüber dessen Vater sowie weiters die bereits anlässlich der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft der Antragstellerin überlassenen Vermögenswerte, nämlich diverse Einrichtungsgegenstände, einen PKW und das Girokonto bei der Sparkasse Neulengbach, zum Gegenstand. Demnach beschränkte sich (jedenfalls) das Rekursverfahren auf die Zuerkennung einer Ausgleichszahlung, ohne dass gleichzeitig eine Zuweisung vorzunehmen war. Der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, bezog sich somit ausschließlich auf einen Geldanspruch. Dementsprechend haben die Streitteile mit ihren Rekursen den Zuspruch jeweils konkreter Geldsummen an die Antragstellerin begehrt und davon ausgehend ihr Rekursinteresse errechnet. Ein gesonderter Bewertungsanspruch durch das Rekursgericht hatte daher nicht zu erfolgen.

2. Ausgehend vom beiderseitigen Rekursinteresse übersteigt der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, 30.000 EUR nicht. Mit Rücksicht auf den Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts ist die Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs nicht gegeben.

Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses richtet sich nach § 62 Abs 3 AußStrG idFd Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl I 2009/52, das nach der Übergangsbestimmung des Art 5 Z 1 iVm Art 16 Abs 4 auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist. Nach der zitierten Bestimmung ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn (wie hier) der rekursgerichtliche Entscheidungsgegenstand an Geld- oder Geldeswert 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen ist auch ein außerordentlicher Revisionsrekurs nicht zulässig. Eine Partei kann daher nur gemäß § 63 Abs 1 AußStrG einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses dahin abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel doch für zulässig erklärt werde. Dieser Antrag ist gemäß § 63 Abs 2 AußStrG beim Gericht erster Instanz einzubringen und vom Rekursgericht zu behandeln. Diese Vorgangsweise ist auch dann einzuhalten, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet wird und an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist. Der Oberste Gerichtshof ist nämlich erst dann zur Entscheidung berufen, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 63 Abs 3 AußStrG aussprechen sollte, dass das ordentliche Rechtsmittel doch zulässig sei. Dies gilt auch in Fällen, in denen der Rechtsmittelwerber keinen förmlichen Antrag nach § 63 Abs 1 AußStrG auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Gericht zweiter Instanz gestellt hat, weil es sich dabei um einen verbesserungsfähigen Mangel handelt (vgl RIS-Justiz RS0109623).

Ob der zu beurteilende Rechtsmittelschriftsatz (ON 20) den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ein Verbesserungsverfahren einzuleiten ist, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (vgl RIS-Justiz RS0109501).

Der Akt ist daher dem Erstgericht zur geschäftsordnungsgemäßen Behandlung zurückzustellen.

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