OGH 9ObA153/09d

OGH9ObA153/09d3.9.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Paul Kunsky und Helmut Tomek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Peter H*****, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Verein *****, vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Bernd A. Oberhofer und Univ.-Doz. Dr. Thomas Walzel v. Wiesentreu, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 1.630,38 EUR, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. September 2009, GZ 15 Ra 45/09v-11, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. November 2008, GZ 42 Cga 115/08w-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 334,66 EUR (darin 55,78 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist seit 4. 6. 2007 als Streetworker bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis ist der BAGS-KollV anzuwenden. Bei Beginn seiner Tätigkeit wurde der Kläger in die Verwendungsgruppe 8, Gehaltsstufe 1, eingestuft. Ab einer Dienstzeit von sechs Monaten erhielt er die höhere Entlohnung nach der seinen Vordienstzeiten entsprechenden, höheren Gehaltsstufe. Eine Nachzahlung der Gehaltsdifferenz, die sich ergeben würde, wenn man die höhere Einstufung rückwirkend mit dem Beginn des Dienstverhältnisses vornähme, wurde nicht geleistet und ist Gegenstand des Klagebegehrens.

Rechtliche Beurteilung

§ 32 BAGS-KollV sieht eine begrenzte Anrechnung von Vordienstzeiten vor, die - bei sonstiger Nichtberücksichtigung - bis zum Ende des 5. Monats ab Beginn des Arbeitsverhältnisses nachzuweisen sind (Abs 5). Der Absatz 4 dieser KollV-Bestimmung hatte bis 31. 12. 2007 folgenden Wortlaut:

„Die Anrechnung der Vordienstzeiten erfolgt nach einer Dauer des Arbeitsverhältnisses von sechs Monaten“.

Zwischen den Parteien ist nun strittig, ob diese Regelung so auszulegen ist, dass erst ab dem siebenten Monat der Beschäftigung die höhere, den Vordienstzeiten entsprechende Einstufung zu erfolgen hat (Standpunkt des Beklagten) oder, dass ab einer Beschäftigungszeit von sechs Monaten die Anrechnung rückwirkend vorzunehmen und daher eine Differenzzahlung für diese sechs Monate zu leisten ist (Standpunkt des Klägers).

Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht vertraten die erstgenannte Auslegung, sodass das Klagebegehren abgewiesen wurde.

Das Berufungsgericht hat die Frage der Rückwirkung einer Anrechnung und somit einen Anspruch des Klägers auf Nachzahlung einer Gehaltsdifferenz zutreffend verneint. Es kann daher auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Lediglich ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers zu entgegnen:

Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen entspricht dem Grundsatz, dass der normative Teil eines Kollektivvertrags gemäß den §§ 6 und 7 ABGB nach seinem objektiven Inhalt auszulegen und maßgeblich ist, welchen Willen des Normgebers der Leser dem Text entnehmen kann (RIS-Justiz RS0010088; RS0008807). Zutreffend verweist das Berufungsgericht darauf, dass es den Kollektivvertragsparteien unschwer möglich gewesen wäre, eine Rückwirkung der Vordienstzeitenanrechnung zu bestimmen, wenn sie dies gewollt hätten. Der klare Text des § 32 Abs 4 BAGS-KollV (in der bis 31. 12. 2007 geltenden Fassung) lässt somit die vom Kläger gewünschte Auslegung nicht zu. Die von Löschnigg/Resch vertretene, gegenteilige Lehrmeinung (BAGS-KollV 2006, § 32 Anm 7; BAGS-KollV 2007, § 32 Anm 8; daran anknüpfend auch: G. Löschnigg/M. Löschnigg, Vordienstzeitenanrechnung im BAGS-KollV, Altes und neues Recht, in AsoK 2008, 215 f) lässt sich, wie schon von Kaufmann (Der BAGS-KollV 2004-2007, 100) aufgezeigt, mit dem oben genannten Auslegungsgrundsatz nicht vereinbaren, zumal es an jeder Begründung für die Annahme der Autoren mangelt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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