OGH 5Ob16/10d

OGH5Ob16/10d15.7.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin Mag. Gabriela S*****, vertreten durch Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die Antragsgegnerin A***** KG, *****, vertreten durch Dr. Johannes Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 12a, 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. November 2009, GZ 39 R 274/09x-13, mit dem infolge Rekurses der Antragstellerin der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 12. Juni 2009, GZ 17 Msch 11/09s-9, teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die frühere Mieterin, die einen monatlichen Mietzins von 1.868,30 EUR zu bezahlen hatte, veräußerte das im Geschäftslokal betriebene Unternehmen an die Antragsgegnerin. Nach Bekanntgabe der Gründung der Antragsgegnerin und nach Übermittlung der 1. Seite des Gesellschaftsvertrags sowie eines Firmenbuchauszugs im Jänner 2008 an die Hausverwaltung übermittelte diese der Antragsgegnerin einen Mietvertrags(-entwurf), nach welchem das Bestandverhältnis am 1. 1. 2008 beginnen und der vereinbarte Mietzins monatlich (brutto) 4.379,76 EUR (Hauptmietzins 3.212,65 EUR, Betriebskosten 435,65 EUR, 729,69 EUR Umsatzsteuer, Manipulationsgebühr 1,50 EUR) betragen sollte. In dieser Höhe wurde der Antragsgegnerin unter einem der Mietzins vorgeschrieben. Die Antragsgegnerin bezahlt seither den auch weiterhin in dieser Höhe vorgeschriebenen Mietzins, unterfertigte den Mietvertrag jedoch nicht, weil sie dieser ihrer Ansicht nach inhaltlich schlechter stellen würde als der Mietvertrag, in den die Antragsgegnerin aufgrund des Unternehmenserwerbs ex lege eingetreten war. Mit Schreiben vom 15. 2. 2008 begehrte die Antragstellerin einen angemessenen monatlichen Hauptmietzins zum Stichtag 1. 1. 2008 in der Höhe von netto 4.956,74 EUR zuzüglich Nebenkosten und Umsatzsteuer.

Das Erstgericht sprach mit seinem Sachbeschluss - insoweit unbekämpft und somit rechtskräftig - aus, die Antragstellerin sei gegenüber der Antragsgegnerin berechtigt, den Hauptmietzins für das Mietobjekt ab 1. 1. 2008 auf den angemessenen Hauptmietzins anzuheben (Punkt 1.). Den weiteren Antrag, es möge festgestellt werden, dass die Hauptmietzinsanhebung ab dem 1. 1. 2008 zulässig sei und der angemessene monatliche Hauptmietzins für das Mietobjekt netto 4.956,74 EUR wertgesichert nach dem VPI 2005, 5%ige Schwelle betrage (Punkt 2.a), in eventu es möge festgestellt werden, wann die Hauptmietzinsanhebung für das Mietobjekt zulässig sei, und die Höhe des angemessenen Hauptmietzinses für das Mietobjekt zum Zeitpunkt der Zulässigkeit der Hauptmietzinsanhebung festzustellen (Punkt 2.b), wies das Erstgericht ab.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass die Antragsgegnerin durch den Unternehmenserwerb ex lege in den Mietvertrag eingetreten sei. Die Antragstellerin habe ihr Anhebungsrecht infolge Unternehmensveräußerung durch Vorschreibung des erhöhten und von der Antragsgegnerin in der Folge auch nie bestrittenen Hauptmietzinses von netto 3.212,65 EUR konsumiert. Für eine nachträgliche weitere Anhebung fehle jede gesetzliche Grundlage, weshalb das Feststellungsbegehren zu Punkt 2. nicht berechtigt sei.

Das Rekursgericht gab dem gegen den abweislichen Teil der erstgerichtlichen Entscheidung gerichteten Rekurs der Antragstellerin Folge und hob den Sachbeschluss - gemeint offenbar im Umfang der Antragsabweisung zu 2. - zur neuerlichen Entscheidung des Erstgerichts nach Verfahrensergänzung auf. Aus der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (5 Ob 102/88 = wobl 1989/59 = MietSlg 41.232; 5 Ob 109/98k = immolex 1998/167 = wobl 1999/71 = MietSlg 50.523; 5 Ob 108/00v = immolex 2000/198 = wobl 2001/65 = MietSlg 52.510; 5 Ob 123/03d = immolex 2004/102 = wobl 2005/65 = MietSlg 56.269) sei im Ergebnis abzuleiten, dass es im Fall eines nicht zur Gänze ausgeschöpften Anhebungsrechts insoweit zu einem partiellen Rechtsverlust komme, als eine weitere Anhebung nach Ablauf der Präklusivfrist ausgeschlossen sei. Daraus folge im Umkehrschluss, dass durch ein bereits gestelltes, den angemessenen Hauptmietzins nicht voll ausschöpfendes Zinserhöhungsbegehren das Recht des Vermieters zu einer weiteren Anhebung innerhalb der Präklusivfrist noch nicht konsumiert sei, was eine materielle Beurteilung des Antragsbegehrens zu 2. erfordere.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil sich das Höchstgericht - soweit überblickbar - noch mit keinem Zinsüberprüfungsantrag befasst habe, in welchem der Vermieter innerhalb der Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG mehrere unterschiedlich hohe Zinsanhebungsbegehren gestellt habe.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses.

Die Antragsstellerin erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG; vgl auch RIS-Justiz RS0042392 [T1]) - Ausspruch des Rekursgerichts mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG) nicht zulässig. Dies ist wie folgt - kurz (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG) - zu begründen:

Nach Bekanntgabe der Unternehmensveräußerung übermittelte die Hausverwaltung der Antragsgegnerin einen - namentlich nach deren Ansicht in zahlreichen Punkten vom Mietvertrag der bisherigen Bestandnehmerin abweichenden - Mietvertragsentwurf, nach dem das Bestandverhältnis am 1. 1. 2008 beginnen und der vereinbarte Mietzins monatlich (brutto) 4.379,76 EUR (Hauptmietzins netto 3.212,65 EUR) betragen sollte. Dieses Erklärungsverhalten der Antragstellerin ist bei der gebotenen objektiven Auslegung (vgl RIS-Justiz RS0017827; RS0102748; RS0014160) aus Sicht des Empfängerhorizonts nach redlicher Verkehrssitte (vgl RIS-Justiz RS0113932), die auch für einseitige Parteierklärungen maßgeblich ist (vgl RIS-Justiz RS0017894; RS0014169), als ein von der Antragsgegnerin - unstrittig nicht angenommenes - Anbot zum Abschluss eines neuen Mietvertrags und nicht als (bloßes) Anhebungsbegehren nach § 12a Abs 1 MRG zu werten. Demnach liegt mit dem Schreiben vom 15. 2. 2008 nur ein einziges (weil allererstes) Anhebungsbegehren vor und die vom Rekursgericht als erheblich erachetete Rechtsfrage stellt sich somit nicht.

Die im Revisionsrekurs ebenfalls vertretene Ansicht, der Sachantrag der Antragstellerin sei verfristet, ist nicht nachvollziehbar.

Da im Revisionsrekurs somit keine (darüber hinausgehende) erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht wird, ist dieser unzulässig und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Die Antragstellerin hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen (5 Ob 88/08i; 5 Ob 15/09f; 5 Ob 75/09d).

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