OGH 7Ob50/10v

OGH7Ob50/10v14.7.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr.

Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** G*****, vertreten durch I***** C***** als Betreuer, dieser vertreten durch Brand Lang Wiederkehr Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei V***** V***** reg. Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Concin & Partner Rechtsanwälte GmbH in Bludenz, wegen 321.097,76 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. Dezember 2009, GZ 4 R 211/09z‑42, womit das mit Beschluss vom 14. Oktober 2009 berichtigte Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 28. Juni 2009, GZ 6 Cg 147/05p‑33, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Der Kläger ist deutscher Staatsbürger. Er erlitt am 13. 7. 1985 eine schwere Schädel-/Hirnverletzung, die zu einem bleibenden organischen Psychosyndrom und einer hirnorganischen Wesensänderung geführt hat. Aufgrund dieser Störung, die mit ausgeprägten Schädigungen des Denk‑, Urteils‑, Kritik‑ und Steuerungsvermögens, aber auch des Verhaltens verbunden ist, war er nicht in der Lage, die Tragweite verschiedener mit der Beklagten abgeschlossener Geschäfte im Zeitraum 11. 4. 1998 bis 24. 1. 2000 zu erkennen und dementsprechend zu handeln. Ab etwa 1995 trat eine zusätzliche demenzielle Entwicklung ein, somit eine chronisch fortschreitende Gehirnerkrankung, welche zu einer weiteren Minderung seiner psychischen Leistungsfähigkeit führte. Aufgrund des fassadenhaften Verhaltens war die Schwere der Störung für die Geschäftspartner nicht ohne weiteres erkennbar. Sein scheinbar überlegtes, gezieltes Verhalten kann als Ausdruck seiner Wesensänderung, aber auch der maniformen Selbstüberschätzung und des Realitätsverlustes interpretiert werden.

Der Kläger erteilte der Beklagten verschiedene Aufträge zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren, wobei die Beklagte dabei jeweils als Kommissionärin tätig wurde. Sie kaufte und verkaufte die Wertpapiere jeweils im eigenen Namen, jedoch auf Rechnung des Klägers. Sie gab die gekauften Wertpapiere und den Verkaufserlös aus den Verkäufen an den Kläger heraus. Die Gewinne und Verluste traten zunächst bei der Beklagten und erst in der Folge beim Kläger ein. Der Kläger erwarb ukrainische Staatsanleihen am 11. 4. 1998 mit einem Nominale von 100.000 DM zu einem Kaufpreis von 55.310,07 EUR und am 11. 8. 1998 mit einem Nominale von 850.000 DM und 2.800.000 DM zu einem Kaufpreis von 284.468,80 EUR und 929.914,95 EUR. Bei der Veräußerung jeweils am 24. 1. 2000 wurde ein Verkaufspreis von 25.448,56 EUR, 216.312,77 EUR und 712.599,72 EUR erzielt.

Am 30. 8. 1999 erwarb die Beklagte für den Kläger DAEWOO‑Anleihen mit einem Nominale von 30.000 DM um 13.910 EUR, wobei diese Anleihen infolge Kursverlustes wertlos wurden.

Aus den Transaktionen, die der Kläger neben den genannten bei der Beklagten durchführte, erzielte er einen Gewinn in der Höhe von 535.913,34 EUR. Der Verlust aus den einzelnen Geschäften betrug insgesamt 271.467,67 EUR, wenn man die innerhalb der Wertpapierkennung 197.685 erzielten Gewinne berücksichtigt.

Die Gewinne wurden an den Kläger auf ein Verrechnungskonto überwiesen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der klagsgegenständlichen Geschäfte wohnte der Kläger in M*****.

Lässt man die erzielten Gewinne außer Betracht und berücksichtigt man nur die durch die beiden Anleihen erlittenen Verluste, so errechnet sich (unter Einbeziehung der Zinserträge während der Behaltedauer) der Klagsbetrag.

Für den Kläger wurde am 25. 5. 2001 in Österreich ein Sachwalter bestellt. Im März 2004 bestellte das Amtsgericht Dachau für den Kläger einen Betreuer. Sein Aufgabenkreis umfasst die Vertretung bei Gericht, Vermögensvorsorge, Schriftverkehr mit Behörden, Banken und Versicherungen, Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Anhalten und Öffnen der Post, die Vertretung des Betroffenen vor der Polizei, der Staatsanwaltschaft, sonstigen Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichten. Im Bereich der Vermögenssorge wurde ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet. Der Sachwalter des Klägers teilte der Beklagten im Jahr 2003 mit, dass eine Rückabwicklung der für den Kläger vorteilhaften Geschäfte nicht vorzunehmen sei. Der nunmehrige Betreuer genehmigte jene Aufträge des Klägers an die Beklagte, aus denen ein Gewinn für den Kläger entstand.

Der Kläger begehrt den Klagsbetrag, weil er in den Zeitpunkten, in denen er die Aufträge für die Wertpapiertransaktionen (ukrainische Staatsanleihen und DAEWOO‑Anleihe) erteilt habe, im Zustand der absoluten Geschäftsunfähigkeit gewesen und die Aufträge weder vom Sachwalter noch vom Betreuer genehmigt worden seien. Die Beklagte sei zur Rückabwicklung verpflichtet und habe ihm die Differenz zwischen effektivem An‑ und Verkaufswert unter Berücksichtigung von Zinsen zu bezahlen. Der Anspruch sei nicht durch außergerichtliche Aufrechnung erloschen. Die Gegenforderung bestehe wegen der Genehmigung des Sachwalters und der Bestätigung des nunmehrigen Betreuers nicht zu Recht. Im Übrigen seien allfällige Gewinne entweder gar nicht oder direkt an den Kläger ausbezahlt worden, der die Geldbeträge nutzlos verspekuliert habe, sodass keinerlei Bereicherung mehr vorhanden sei.

Die Beklagte beantragt Klagsabweisung. Sie sei mit dem Kläger seit Februar 1992 in Geschäftsbeziehung gestanden und habe zahlreiche weitere ‑ äußerst erfolgreiche ‑ Effektengeschäfte mit ihm abgewickelt. Sollte der Kläger tatsächlich „absolut geschäftsunfähig“ gewesen sein, so seien sämtliche Rechtsgeschäfte im Sinn des § 865 Satz 1 ABGB gänzlich unwirksam und einer nachträglichen Genehmigung nicht zugänglich, sodass alle Geschäfte, auch die gewinnbringenden, rückabzuwickeln seien. Eine nunmehr erteilte Genehmigung sei rechtsmissbräuchlich, sittenwidrig und verstoße gegen Treu und Glauben. Es bestehe eine Gegenforderung in der Höhe des Gewinnes aus den übrigen Effektengeschäften in der Höhe von 535.913,34 EUR. Die Aufrechnung sei bereits außergerichtlich erklärt worden. Die Forderung werde aber auch compensando bis zur Höhe des Klagsbetrags eingewandt. Überdies werde bestritten, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Transaktionen geschäftsunfähig gewesen sei.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung als zu Recht, die eingewandte Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es traf neben dem oben wiedergegebenen Sachverhalt noch die Feststellung, dass die dem Kläger zugeflossenen Gewinne seinem Betreuer nicht zugegangen seien, sondern der Kläger das Geld ausgegeben habe und dieses jedenfalls nicht zu seinem Vorteil verwendet worden sei. Es vertrat die Rechtsansicht, dass nach § 9 IPRG das Personalstatut einer natürlichen Person das Recht des Staats sei, dem die Person angehöre, im Fall des Klägers also deutsches Recht. Der Kläger sei sowohl nach deutschem als auch nach österreichischem Recht geschäftsunfähig. Nach § 46 IPRG seien die Bereicherungsansprüche hier nach dem Recht des Staats zu beurteilen, dessen Rechtsnormen auf das Rechtsverhältnis anzuwenden seien, somit nach österreichischem Recht. Da die Beklagte ungeachtet der Ungültigkeit des Geschäfts mit dem Kläger Eigentümerin der von ihr in Erfüllung des vermeintlich wirksamen Auftrags des Klägers angekauften Wertpapiere geworden sei und sie dem Kläger mangels gültigen Titels kein Eigentum verschafft habe, sei sie Eigentümerin der Wertpapiere geblieben, sodass sie einen Vorteil erlangt habe, der im Zeitpunkt der Ausführung des Geschäfts dem damaligen Wert der Wertpapiere entsprochen habe. Der in der Folge eingetretene Wertverlust sei im Vermögen der Bank eingetreten, was sich nicht auf die Höhe der Bereicherungsansprüche des Klägers auswirke. Der geschäftsunfähige Bereicherungsschuldner hingegen hafte ohne Rücksicht auf die Redlichkeit nur nach Maßgabe der endgültig verbliebenen Bereicherung, also wenn das Empfangene noch vorhanden oder zu seinem Nutzen verwendet worden sei. Der erfolgreichen Geltendmachung der Gegenforderung stehe jedenfalls entgegen, dass der Kläger über die ihm zugeflossenen Gewinne nicht mehr verfüge und das Geld auch nicht zu seinem Vorteil verwendet worden sei. Außerdem sei die Beklagte sehr wohl an die für den Kläger vorteilhaften Geschäfte gebunden, sodass eine Aufrechnung der vom Kläger lukrierten Gewinne mit der Klagsforderung jedenfalls ausscheide.

Das Berufungsgericht übernahm die vom Erstgericht getroffene Feststellung, dass das dem Kläger aus den Gewinnen zugeflossene Geld jedenfalls nicht zu seinem Vorteil verwendet worden sei, nicht. Es erachtete das Verfahren diesbezüglich als ergänzungsbedürftig. Weiters vertrat es die Rechtsansicht, die Geschäftsfähigkeit des Klägers sei im Hinblick auf § 9 Abs 1 IPRG nach deutschem Recht zu prüfen. Nach § 104 BGB komme es auf den Ausschluss der freien Willensbestimmung an, der vorliege, wenn jemand nicht imstande sei, seinen Willen frei und unbeeinflusst von der Geistesstörung zu bilden und nach den gewonnenen Erkenntnissen zu handeln. Aus den Feststellungen des Erstgerichts lasse sich nicht zweifelsfrei entnehmen, ob sich der Kläger zum Zeitpunkt aller Vertragsabschlüsse mit der Beklagten, die Gegenstand des Verfahrens seien, in einem derartigen Zustand befunden habe. Insoweit sei das Beweisverfahren etwa durch Gutachtensergänzung zu vervollständigen, um entsprechende Feststellungen treffen zu können. Es sei dabei auf alle anderen, auch für den Kläger vorteilhaften Geschäftsabschlüsse abzustellen. Die bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsansprüche seien nach dem Recht des Kausalverhältnisses, also nach österreichischem Recht zu beurteilen. Wie schon nach dem IPRG ‑ vor dem Inkrafttreten des EVÜ am 1. 12. 1998 ‑ werde auch nach dem EVÜ das gesamte Schicksal des Vertragsverhältnisses grundsätzlich nach dem Vertragsstatut beurteilt. Auch die Frage der Bestätigungs‑ und/oder Genehmigungsfähigkeit eines infolge Geschäftsunfähigkeit eines Vertragsteils nichtigen Vertrags betreffe die Frage des Zustandekommens bzw der Wirksamkeit des Vertrags und sei daher nach dem Vertragsstatut zu beurteilen, sodass auch insofern österreichisches Recht zur Anwendung komme. Danach sei eine Sanierungsmöglichkeit absolut nichtiger Rechtsgeschäfte, auch wenn diese für den Geschäftsunfähigen ausschließlich vorteilhaft seien, nicht gegeben. Damit könne die Beklagte die Aufrechnung mit den vom Kläger erzielten Gewinnen aus den vorteilhaften Vertragsabschlüssen als Gegenforderung vornehmen, allerdings nur insoweit, als diese Gewinne zu seinem Vorteil verwendet worden oder noch vorhanden seien. Diesbezüglich fehlten ein Vorbringen der Parteien und entsprechende Feststellungen, weshalb das angefochtene Urteil aufzuheben sei.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage, ob die Bestätigung‑/Genehmigungsmöglichkeit eines wegen Geschäftsunfähigkeit eines Vertragsteils nichtigen Vertrags nach dem Personal‑ oder dem Vertragsstatut zu beurteilen sei, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Klägers mit einem Abänderungantrag.

Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Gemäß § 50 Abs 2 IPRG idF BGBl I 1998/119 wurden die §§ 36 bis 45 IPRG mit dem Tag des Inkrafttretens des am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (EVÜ) am 1. 12. 1998 aufgehoben. Das EVÜ ist damit auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwenden, die nach dem 30. 11. 1998 geschlossen wurden. Auf jene Rechtsverhältnisse, die vor Inkrafttreten des EVÜ geschlossen wurden, sind die Bestimmungen des IPRG aF weiter anzuwenden. Die zu beurteilenden Rechtsgeschäfte wurden zum Teil vor und zum Teil nach dem Stichtag abgeschlossen.

Für die vor dem 1. 12. 1998 geschlossenen Rechtsverhältnisse gilt nach § 36 IPRG aF, dass gegenseitige Verträge, nach denen die eine Partei der anderen zumindest überwiegend Geld schuldet, nach dem Recht des Staats zu beurteilen sind, in dem die andere Partei ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, das ist das Recht am Sitz des Erbringers der charakteristischen Leistung ( Schwimann in Rummel 2 , § 36 IPRG aF Rz 3). Nach § 38 Abs 1 IPRG aF sind Bankgeschäfte nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem das Kreditunternehmen seine Niederlassung hat. Nach dem IPRG aF findet daher auf die strittigen Vertragsverhältnisse österreichisches Recht Anwendung.

Für die nach dem 30. 11. 1998 geschlossenen Rechtsgeschäfte gilt (auch) das EVÜ. Das EVÜ enthält einheitliches Kollisionsrecht für vertragliche Schuldverhältnisse bei Sachverhalten, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen (Art 1 Abs 1 EVÜ). Das EVÜ und ua das Erste Protokoll betreffend die Auslegung des Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) sind unmittelbar anzuwenden (§ 53 Abs 2 IPRG). Das EVÜ hat damit Vorrang vor dem IPRG.

Soweit nicht das auf den Vertrag anzuwendende Recht nach Art 3 EVÜ frei vereinbart worden ist, ist der Vertrag dem Recht des Staats zu unterstellen, mit dem er die engsten Verbindungen aufweist (Art 4 Abs 1 EVÜ). Es wird ‑ abgesehen von einer hier nicht relevanten Ausnahme ‑ vermutet, dass der Vertrag die engsten Verbindungen mit dem Staat aufweist, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder, wenn es sich um eine Gesellschaft, einen Verein oder eine juristische Person handelt, ihre Hauptverwaltung hat (Art 4 Abs 2 EVÜ). Das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrags oder einer seiner Bestimmungen beurteilen sich nach dem Recht, das nach diesem Übereinkommen anzuwenden wäre, wenn der Vertrag oder die Bestimmung wirksam wäre (Art 8 Abs 1 EVÜ). Die Bestimmungen des EVÜ sind [aber] nicht auf den Personenstand sowie die Rechts‑, Geschäfts‑ und Handlungsfähigkeit von natürlichen Personen, vorbehaltlich des Art 11 EVÜ, anzuwenden (Art 1 Abs 2 lit a EVÜ). Bei einem zwischen Personen, die sich in demselben Staat befinden, geschlossenen Vertrag kann sich eine natürliche Person, die nach dem Recht dieses Staats rechts‑, geschäfts‑ und handlungsfähig wäre, nur dann auf ihre aus dem Recht eines anderen Staats abgeleitete Rechts‑, Geschäfts‑ und Handlungsunfähigkeit berufen, wenn der andere Vertragsteil bei Vertragsabschluss diese Rechts‑, Geschäfts‑ und Handlungsunfähigkeit kannte oder infolge Fahrlässigkeit nicht kannte (Art 11 EVÜ).

Die Feststellungen des Erstgerichts zielen auf die Beurteilung der Geschäftsfähigkeit des Klägers nach österreichischem Recht ab. Ihnen folgend ist von einer Geschäftsunfähigkeit des Klägers nach österreichischem Recht auszugehen, was die Beklagte ohnehin auch zugestanden hat. Schon deshalb kann Art 11 EVÜ nicht zur Anwendung kommen.

Damit kommt es zusammenfassend für alle Rechtgeschäfte auf die Beurteilung der Geschäftsfähigkeit nach dem IPRG an. Die Rechts‑ und Handlungsfähigkeit einer Person sind nach deren Personalstatut zu beurteilen (§ 12 IPRG). Das Personalstatut einer natürlichen Person ist das Recht des Staats, dem die Person angehört (§ 9 Abs 1 IPRG). Die Geschäftsfähigkeit des Klägers ist also nach deutschem Recht zu prüfen.

Nach § 104 Z 2 BGB ist geschäftsunfähig, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist. Es muss eine dauerhafte geistige Anomalie bestehen, die bewirkt, dass der Betroffene nicht imstande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von der Geistesstörung zu bilden und nach den gewonnenen Erkenntnissen zu handeln. Nicht ausreichend ist hingegen eine bloße Willensschwäche, leichte Beeinflussbarkeit allein oder das Unvermögen, die Tragweite einer Willenserklärung zu ermessen. Es kommt auf die Möglichkeit der freien Willensentschließung an ( Palandt , BGB 65 , § 104 Rn 3 ff; Knothe in Staudinger, BGB [2004], § 104 Rn 4 ff; J . Schmitt in MünchKomm BGB, § 104 Rn 9 ff; Wendtland in Bamberger/Roth , Beck OK BGB, § 104 Rn 9 f). Es wird auch eine teilweise Geschäftsunfähigkeit bejaht, wenn sich diese auf bestimmte Lebensbereiche beschränkt, in denen aufgrund einer krankhaften psychischen Störung die freie Willensbestimmung allein ausgeschlossen ist ( Knothe aaO Rn 14, J. Schmitt aaO Rn 15 f). Soweit das Berufungsgericht die Ansicht vertritt, dass die vorliegenden Feststellungen noch nicht ausreichen, um mit Sicherheit die Geschäftsunfähigkeit des Klägers nach § 104 BGB bejahen zu können, ist dem vom Obersten Gerichtshof nicht entgegenzutreten. Zutreffend wurde auch aufgezeigt, dass die Geschäftsunfähigkeit zu den jeweiligen Zeitpunkten der hier verfahrensgegenständlichen Geschäfte zu prüfen ist. Sollte bejaht werden, dass der Kläger zum Zeitpunkt aller oder einzelner Vertragsabschlüsse geschäftsunfähig war, so bewirkt dies, dass die davon betroffenen Willenserklärungen nichtig sind (§ 105 Abs 1 BGB).

Dann stellt sich die Frage, nach welchem Recht, dem Personal‑ oder dem Vertragsstatut, die Frage einer allfälligen Heilung derart nichtiger Rechtsgeschäfte zu prüfen ist. Nach der herrschenden Meinung in Deutschland zu Art 7 EGBGB (bei vergleichbarer Rechtslage) bestimmen sich die Folgen eines Geschäftsfähigkeitsmangels und die Frage, ob eine Heilung oder Genehmigungsfähigkeit vorliegt, nach dem Personalstatut ( Palandt aaO Art 7 EGBGB Rn 5; Hausmann in Staudinger , BGB [2007], Art 7 EGBGB Rn 71 f, Birk in MünchKomm BGB [2009], Art 7 EGBGB Rn 36 [mit Darstellung der Gegenmeinung]; Mäsch in Bamberger/Roth , Beck OK EGBGB, Art 7 Rn 28).

Zu § 12 IPRG hingegen werden in Österreich differenziertere und auch auf den Einzelfall abstellende Meinungen vertreten ( Verschraegen in Rummel 3 , § 12 IPRG Rz 3; Schwimann in Rummel 2 , § 12 IPRG Rz 3).

Für die Verträge, auf die das EVÜ anzuwenden ist, ist zu bedenken, dass die Beantwortung der Frage nach dem anzuwendenden Recht letztlich eine solche nach der Abgrenzung zwischen dem autonom auszulegenden Art 8 EVÜ und § 12 IPRG ist. Da Art 8 EVÜ § 12 IPRG vorgeht, müsste zunächst der Wirkungsbereich des Art 8 EVÜ geklärt werden. Die Frage nach dem anzuwendenden Recht kann aber für alle Rechtsgeschäfte dahingestellt bleiben, weil weder nach österreichischem noch nach deutschem Recht eine Heilung der im Fall der Geschäftsunfähigkeit des Klägers nichtigen Rechtsgeschäfte eintreten kann.

Nach österreichischem Recht kann gemäß § 865 ABGB ein Geschäftsunfähiger weder ein Versprechen machen noch es annehmen. Ein von einem Geschäftsunfähigen abgeschlossener Vertrag ist ohne Rücksicht auf seinen Inhalt absolut nichtig und nicht genehmigungsfähig (RIS‑Justiz RS0014653, RS0014652).

Nach deutschem Recht könnte das nichtige Rechtsgeschäft zwar nicht nach § 184 BGB genehmigt werden, weil es nicht schwebend unwirksam ist, wohl aber könnte es grundsätzlich nach § 141 BGB durch den Vertreter des Erklärenden oder den Erklärenden selbst nach Wegfall der Geschäftsunfähigkeit bestätigt werden ( Knothe aaO, § 105 Rn 4; Wendtland aaO, § 105 Rn 7).

Nach § 141 Abs 1 BGB ist es als erneute Vornahme zu beurteilen, wenn ein nichtiges Rechtsgeschäft von demjenigen, welcher es vorgenommen hat, bestätigt wird. Nach § 141 Abs 2 BGB sind die Parteien, wenn sie ein nichtiges Rechtsgeschäft bestätigen, im Zweifel verpflichtet, einander zu gewähren, was sie haben würden, wenn der Vertrag von Anfang an gültig gewesen wäre. § 141 BGB gilt für alle nichtigen Verträge, der Grund für die Nichtigkeit ist gleichgültig ( Roth in Staudinger , BGB [2003], § 141 Rn 9). Die Bestätigung ist ein Rechtsgeschäft. Im Einzelnen ist sie eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Bestätigt werden muss durch diejenigen, die das nichtige Geschäft ursprünglich abgeschlossen haben. Ein nichtiger Vertrag kann daher nur durch übereinstimmendes Handeln aller Vertragspartner bestätigt werden. Jedoch genügt eine einseitige Parteierklärung, wenn sich die Nichtigkeit des Vertrags aus der Nichtigkeit der Willenserklärung nur einer der Vertragsparteien ergibt ( Roth aaO Rn 14). Die Bestätigung setzt zumindest Zweifel an der Gültigkeit des vorgenommenen Geschäfts voraus, und der Bestätigungswille muss ausdrücklich oder konkludent dadurch zum Ausdruck gebracht werden, dass sich die Parteien „auf den Boden“ der früheren Vereinbarung stellen ( Dörner in Schulze ua BGB 6 § 141 Rn 4f; Roth aaO Rn 15). Die Bestätigung ist als Neuvornahme anzusehen und entfaltet ihre Wirkung grundsätzlich erst ex nunc ( Roth aaO Rn 25, Dörner aaO Rn 5, Palandt aaO, § 141 Rn 8). § 141 Abs 2 BGB vermutet zwar, dass die Parteien konkludent eine schuldrechtliche Rückwirkungsvereinbarung eingehen. Diese Rechtsfolge tritt aber nur im Zweifel ein. Um diese Rechtsfolge zu vermeiden, müssen die Parteien einen entgegenstehenden Willen eindeutig zum Ausdruck bringen. Die Wirksamkeit von Zwischenverfügungen bleibt unberührt ( Dörner aaO Rn 5).

Selbst wenn man die vom für den Kläger bestellten Betreuer abgegebene Erklärung als Bestätigung nach § 141 BGB auffassen wollte, würde diese höchstens ‑ wie oben dargelegt ‑ ex nunc wirken (so zur Geschäftsunfähigkeit Knothe aaO, § 105 Rn 4; Wendtland aaO, § 105 Rn 7). Außerdem liegt keine Bestätigung „der Parteien“, nämlich keine der Beklagten, vor. Es war auch klar, dass die Beklagte mit dieser Wirkung nicht einverstanden sein konnte und es auch nicht war, erstreckte sich doch die Bestätigung nur auf die für den Kläger vorteilhaften, nicht jedoch auf alle seine Geschäfte mit der Beklagten. Die Zweifelsregel des § 141 Abs 2 BGB kommt daher nicht zum Tragen. Eine Neuvornahme der Geschäfte mit der Wirkung ex nunc zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt nach der Bestellung des Betreuers im März 2004 erfolgte erst nach Eintritt der Gewinne und Verluste. Die Bestätigung des Betreuers kann die nichtigen Wertpapiergeschäfte damit ohnehin nicht ersetzen und dem Kläger schon aus diesem Grund die dadurch erzielten Gewinne nicht sichern. Auch die Gewinn bringenden Rechtsgeschäfte des Klägers sind daher im Fall seiner Geschäftsunfähigkeit nichtig. Es hätte daher die Rückabwicklung aller wegen Geschäftsunfähigkeit des Klägers nichtigen Rechtsgeschäfte zu erfolgen.

Für die vor Inkrafttreten des EVÜ abgeschlossenen Verträge sind nach § 46 IPRG aF für die Beurteilung von Bereicherungsansprüchen, die sich auf Leistungen beziehen, die auf der Grundlage eines Rechtsverhältnisses erbracht worden sind, die Sachnormen des Staats maßgebend, dessen Sachnormen auf das Rechtsverhältnis anzuwenden sind. Für den Geltungsbereich des EVÜ ist ebenfalls das Vertragsstatut für die Folgen der Nichtigkeit des Vertrags maßgebend (Art 10 Abs 1 lit e EVÜ). Ziel der Vorschrift ist es, sämtliche Rückabwicklungsansprüche aus einem Vertrag dem Vertragsstatut zu unterstellen ( Verschraegen aaO, Art 10 EVÜ Rn 25 f). Damit ist auch für die geltend gemachten Bereicherungsansprüche generell österreichisches Recht maßgebend.

Das Berufungsgericht hat die Rückabwicklungsgrundsätze zutreffend dargestellt. Die Beklagte wurde für den Kläger als Kommissionärin tätig und hatte die Wertpapiere im eigenen Namen, aber auf Rechnung des Klägers zu verkaufen und zu kaufen. Bei Nichtigkeit des vom Kläger mit der Beklagten geschlossenen Kommissionsvertrags bleibt aber das von der beklagten Bank vorgenommene Deckungsgeschäft aufrecht. Dies führt dazu, dass die Beklagte Eigentümerin der von ihr in Erfüllung des vermeintlich wirksamen Auftrags des Klägers angekauften Wertpapiere geworden ist (vgl RIS‑Justiz RS0019567). Für den Fall der Nichtigkeit des Vertrags mit dem Kläger ist sie Eigentümerin der Wertpapiere geblieben, sodass sie insofern einen Vorteil erlangt hat, der im Zeitpunkt der Ausführung des Geschäfts dem damaligen Wert der Wertpapiere entsprochen hat. Der in der Folge eingetretene Wertverlust der gekauften Papiere ist im Vermögen der beklagten Bank eingetreten. Dies beeinflusst die Höhe des Bereicherungsanspruchs des Klägers nicht (9 Ob 98/04h mwN).

Grundlage für die Rückforderungsansprüche ist § 877 ABGB (9 Ob 98/04h mwN; RIS‑Justiz RS0016323; Rummel in Rummel 3 § 877 ABGB Rz 1, Bollenberger in KBB 2 § 877 Rz 1). Inhalt und Umfang des Anspruchs nach § 877 ABGB richten sich nach allgemeinen bereicherungsrechtlichen Grundsätzen (9 Ob 98/04h; 4 Ob 104/00a). Die Wirkung der Nichtigkeit zweiseitig verbindlicher Geschäfte ist lediglich die Verpflichtung jedes Vertragsteils zur Rückstellung dessen, was er aus dem Vertrag zu seinem Vorteil erhalten hat. Falls eine Naturalrückstellung unter den gegebenen Umständen nicht in Betracht kommt, ist die Bereicherung herauszugeben (RIS‑Justiz RS0016361).

Bei Bejahung der Geschäftsunfähigkeit des Klägers besteht damit der Klagsanspruch dem Grunde nach zu Recht. Der später eingetrete Kursverlust der Wertpapiere kann nicht zugunsten der Beklagten berücksichtigt werden.

Da ‑ wie oben dargestellt ‑ die für den Kläger vorteilhaften Geschäfte im Fall seiner Geschäftsunfähigkeit ebenfalls nichtig sind, steht der Beklagten diesbezüglich ebenfalls ein Rückabwicklungsanspruch zu, den sie im Wege der Aufrechnung als Gegenforderung grundsätzlich geltend machen kann. Wird die Bereicherung eines Geschäftsunfähigen aufgrund eines mit ihm abgeschlossenen, aber ungültigen Geschäfts geltend gemacht, hat der Gläubiger den Eintritt der Bereicherung, der Geschäftsunfähige aber in analoger Anwendung des § 1424 ABGB zu beweisen, dass diese weggefallen ist, weil das Gut nicht mehr in seinen Händen ist oder nicht zu seinem Vorteil verwendet wurde (RIS‑Justiz RS0048088). Dabei hat sich der Geschäftsunfähige als Nutzen das anrechnen zu lassen, was seine Vermögenssituation nachhaltig verbesserte, indem er Anschaffungen von bleibendem Wert tätigte, richtige und fällige Schulden tilgte oder sich einen Aufwand ersparte, der ihm unter seinen Lebensumständen auch sonst erwachsen wäre. Alle Ausgaben, die sich den geringfügigen Angelegenheiten des täglichen Lebens im Sinn des § 280 Abs 2 ABGB (idF vor dem BGBl I 2006/92: § 273a Abs 2 ABGB) unterstellen lassen, sind demnach zum Nutzen des Geschäftsunfähigen verwendet, darüber hinaus aber auch solche, die er nicht zurückfordern könnte, hätte ihm das Gericht bereits einen Sachwalter bestellt und ihm unter Berücksichtigung seiner Situation Teile seines Einkommens oder Vermögens zur freien Verfügung überlassen. Im Zweifel kann Maß an einer vernünftigen Lebensgebarung genommen werden, wie also ein voll Geschäftsfähiger in einer vergleichbaren Situation disponiert hätte (RIS‑Justiz RS0116400). Die Schwierigkeit, die Erfüllung negativer Tatbestandsvoraussetzungen nachzuweisen, verbietet es, vom Geschäftsunfähigen den strikten Nachweis zu fordern, was vom Empfangenen nicht zu seinem Nutzen verwendet wurde. Es genügt die Widerlegung jener Umstände, die für die Erzielung eines Nutzens im Sinn des § 1424 ABGB sprechen. Es könnte etwa der Beweispflicht dadurch genügt werden, dass ein großer Geldbetrag innerhalb eines kurzen Zeitraums ausgegeben wurde, ohne dass sich dies in Vermögenswerten oder einer erkennbaren Verbesserung der Lebensumstände des Betroffenen niedergeschlagen hat. Es kommt auch die Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO, also die Festsetzung nach richterlichem Ermessen, in Betracht (RIS‑Justiz RS0116399; RS0033628). Auch dazu ist ‑ wie bereits das Berufungsgericht dargelegt hat ‑ eine Verbreiterung der Tatsachengrundlage nötig.

Dem Rekurs ist daher nicht Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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