OGH 7Ob132/10b

OGH7Ob132/10b14.7.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** R*****, vertreten durch Mag. Helmut Gruber, Rechtsanwalt in St. Jakob in Haus, gegen die beklagte Partei O***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen 39.155,44 EUR (sA), über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 19. Mai 2010, GZ 1 R 175/09z-17, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Strittig ist im vorliegenden Rechtsstreit, ob das Verhalten der Beklagten als schlüssiger Verzicht auf ein nach Art 15 der Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung 2003 (AUVB 2003) fakultativ vorgesehenes Ärztekommissionsverfahren zu werten ist oder nicht. Die Beurteilung der Konkludenz einer Willenserklärung oder der Schlüssigkeit eines Verhaltens stellt nach ständiger Judikatur regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (7 Ob 140/09b, RIS-Justiz RS0043253 [T18] uva), sind doch für diese Beurteilung die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit kommt einer derartigen Entscheidung nur dann eine über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung zu, wenn ihr Ergebnis den Grundsätzen des Gesetzes und der Logik widerspricht, ihre Unanfechtbarkeit daher mit der Rechtssicherheit nicht vereinbar wäre (7 Ob 58/07s, RIS-Justiz RS0042776 [T11] uva). Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein:

Die Beklagte hat in Schreiben an den Klagevertreter wiederholt darauf hingewiesen, dass sie für den Fall, dass der Kläger mit der von ihr vorgenommenen Invaliditätsabrechnung nicht einverstanden sein sollte, von ihrem Recht, nach Art 15 AUVB 2003 ein Ärztekommissionsverfahren einzuberufen, Gebrauch machen werde. Sie hat den Kläger in diesem Zusammenhang weiters ausdrücklich ersucht, ihr gegebenenfalls innerhalb von 6 Monaten seinen (nach Art 15 Z 4 AUVB 2003 zum Mitglied der Ärztekommission zu bestimmenden) Vertrauensarzt bekannt zu geben; sie werde dann die weiteren Veranlassungen treffen. Diesem Ersuchen ist der Kläger, der etwa zwei Monate danach die Klage einbrachte, nicht nachgekommen.

Seine Ansicht, die Beklagte habe dadurch, dass sie bis dahin das Ärztekommissionsverfahren nicht eingeleitet habe, auf dieses Verfahren schlüssig verzichtet, will der Kläger insbesondere auf die Entscheidung 7 Ob 222/09m stützen. Darin hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass von einem Versicherer, der noch vor Ablauf der in den AUVB vorgesehenen Sechsmonatsfrist vom Versicherungsnehmer klagsweise in Anspruch genommen werde, zur Vermeidung von Verzögerungen zu verlangen sei, dass er den Einwand, seinerseits die Ärztekommission anrufen zu wollen, ungesäumt erhebe, widrigenfalls ein Verzicht auf das Ärztekommissionsverfahren anzunehmen sei. Der Revisionswerber übersieht, dass die Beklagte hier von vorne herein ausdrücklich klargestellt hat, für den Fall, dass der Kläger mit ihrer Invaliditätsabrechnung nicht einverstanden sei, auf der Durchführung eines Ärztekommissionsverfahrens zu bestehen; insofern ist der vorliegende Rechtsfall mit dem zu 7 Ob 222/09m entschiedenen nicht vergleichbar. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe vor Ablauf der ihm gesetzten Frist eine weitere Veranlassung der Beklagten zur Durchführung des Ärztekommissionsverfahrens nicht erwarten dürfen, ist zutreffend. Der Einwand, die Beklagte sei selbst untätig geblieben, geht daher ins Leere. Dass die Vorinstanzen einen schlüssigen Verzicht der Beklagten auf ein Ärztekommissionsverfahren, an dessen Annahme ein strenger Maßstab anzulegen ist (RIS-Justiz RS0014570), verneint haben, stellt demnach entgegen der in der außerordentlichen Revision vertretenen Ansicht keine Fehlbeurteilung dar.

Da der Kläger somit einen tauglichen Zulassungsgrund nicht aufzuzeigen vermag, ist sein außerordentliches Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen. Dies bedarf nach § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung.

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