OGH 1Ob103/10v

OGH1Ob103/10v6.7.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann Dr. E. Solé und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** AG, *****, vertreten durch Fellner, Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Martin Kranich, Rechtsanwalt in Wien, wegen 112.082,20 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. März 2010, GZ 1 R 19/10m‑18, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2010:0010OB00103.10V.0706.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

In einer Strafanzeige enthaltene, objektiv unrichtige Beschuldigungen sind, sofern sie den Rahmen eines sachdienlichen Vorbringens nicht überschreiten, wegen des staatlichen Rechtsverfolgungsinteresses nur dann rechtswidrig, wenn sie vom Anzeiger wider besseres Wissen erhoben wurden. Eine besondere Sorgfaltspflicht des Anzeigers in der Richtung, die vorliegenden Verdachtsgründe auf ihre Stichhältigkeit zu prüfen und das Für und Wider selbst abzuwägen, besteht nicht. Dies würde dem öffentlichen Interesse, den Behörden Kenntnis von strafbaren Handlungen zu verschaffen, widersprechen. Es genügt daher grundsätzlich das Vorliegen nicht offenkundig bereits widerlegter Verdachtsgründe für die Annahme, dass eine Strafanzeige nicht wider besseres Wissen und somit rechtmäßig erstattet wurde (RIS‑Justiz RS0031957; 2 Ob 615/85 = SZ 59/190).

Dass diese Grundsätze auch in vertraglichen Verhältnissen gelten und auch in diesem Bereich aus der allgemeinen Treue‑ bzw Interessenwahrungspflicht nicht abzuleiten ist, dass vor Erstattung einer Strafanzeige besondere über die allgemeinen Anforderungen hinausgehende Sorgfaltspflichten einzuhalten wären, entspricht der Judikatur (6 Ob 190/08x; 2 Ob 165/85 = SZ 59/190; RIS‑Justiz RS0031957). Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin besteht auch keine hierzu beachtende besondere vertragliche Interessenwahrungspflicht, bezieht sich die von ihr angeführte Vertragsbestimmung doch allein auf ganz bestimmte Aspekte des „Kundenschutzes“.

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