OGH 11Os19/10v

OGH11Os19/10v22.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juni 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Spreitzer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Adel R***** und andere Angeklagte wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 14. Oktober 2009, GZ 16 Hv 107/09x-156, sowie über dessen Beschwerde gegen einen Beschluss nach § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche Mitangeklagter enthält, wurde Adel R***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 1 SMG und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG sowie der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Graz - zusammengefasst wiedergegeben -

I./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen durch gewinnbringenden Verkauf überlassen, wobei er die Taten gewerbsmäßig beging und schon einmal wegen einer Staftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war, und zwar

1./ von 6. Februar bis 11. Mai 2009 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mohamed S***** als Mittäter (§ 12 StGB) 2.000 Gramm Cannabiskraut;

2./ von Jänner bis 11. Mai 2009 weitere 600 Gramm Cannabiskraut, etwa 35 Gramm Heroin und etwa 20 Gramm Kokain;

II./ von 11. September 2008 bis 11. Mai 2009 vorschriftswidrig Suchtgift erworben und bessen, indem er unbekannt gebliebene Mengen Cannabiskraut, Heroin und Kokain konsumierte;

III./ am 11. Mai 2009 eine falsche ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz oder zwischenstaatlichen Vertrag inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt (vgl § 1 Abs 4 FSG) ist, nämlich einen gefälschten italienischen Führerschein lautend auf Karim M*****, im Rechtsverkehr zum Beweis der Tatsache seiner falschen Identität gebraucht, indem er diesen bei einer Polizeikontrolle vorwies.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die - auf die Gründe des § 281 Abs 1 Z 5, 10 und Z 11 StPO gestützt - die Annahme der Gewerbsmäßigkeit (I./1./ und 2./) bekämpft.

Mit dem im Rahmen der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) erstatteten Hinweis auf den Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 4 StPO, in dem ungeachtet des Schuldspruchs (I./1./ und 2./) nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 1 SMG und der nach § 28a Abs 2 SMG erfolgten Ausmessung der Strafe (US 15 vierter Absatz) von einer Bestrafung nach § 28a Abs 1 SMG die Rede ist, wird keine nichtigkeitsbegründende Widersprüchlichkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 436) aufgezeigt. Zudem wurde bereits mit (rechtskräftigem; vgl Danek, WK-StPO § 270 Rz 57) Beschluss vom 12. April 2010 (ON 173) die schriftliche Urteilsausfertigung an das mündlich verkündete Urteil angeglichen, weshalb sich ein Eingehen darauf wie auch auf die (teilweise) darauf ebenso Bezug nehmende Sanktionsrüge erübrigt.

Indem der Rechtsmittelwerber mit der Subsumtionsrüge (Z 10) zwei Textpassagen aus den Feststellungen, wonach er und der Mitangeklagte Mohamed S***** beschlossen, sich durch wiederkehrenden Verkauf großer Suchtgiftmengen eine fortlaufende Einnahmsquelle zu erschließen (US 8), bzw die Angeklagten mit dem Vorsatz handelten, sich durch die wiederkehrende Weitergabe von Suchtgiften eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 10), herausgreift und daraus einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zur Tatintention iSd § 70 StGB abzuleiten trachtet, nimmt er nicht Maß an der Gesamtheit der entscheidungswesentlichen Feststellungen (RIS-Justiz RS0099025; RS0117247, insb T 5 und T 6), mögen sich die entsprechenden Präzisierungen auch teils in der Beweiswürdigung (US 13) und der rechtlichen Beurteilung (US 14) finden (RIS-Justiz RS0108729).

Mit dem bloßen, nicht mit inhaltlicher Argumentation verbundenen (RIS-Justiz RS0116565, RS0116569) Einwand, es komme nicht auf die Absicht an, sich „das alltägliche Leben zu finanzieren“, wird weder ein dem Erstgericht unerlaufener Rechtsirrtum dargelegt noch erläutert, aus welchem Grund es dem Erstgericht verwehrt gewesen sein soll, im Zusammenhalt mit den übrigen Feststellungen zur subjektiven Tatseite die Qualifikation des § 28a Abs 2 Z 1 SMG heranzuziehen.

Entgegen der Beschwerdeauffassung liegt auch kein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot des § 32 Abs 2 StGB vor (Z 11 zweiter Fall), der vom Angeklagten darin erblickt wird, dass die Tatbegehung in der Probezeit als erschwerend gewertet wurde, obwohl gleichzeitig mit dem Urteil ein Widerrufsbeschluss gefasst wurde. Die Sanktionsrüge ist schon deshalb unbegründet, weil das Erstgericht nicht diese, sondern den raschen Rückfall als erschwerend wertete, somit ein Verhalten, das sich als für den Rechtsbrecher ungünstiger darstellt als die bloße zum Widerruf einer bedingten Strafnachsicht genügende Begehung in der Probezeit (Ebner in WK2 § 33 Rz 11).

Im Übrigen zeigt die Sanktionsrüge - nach jüngerer Rechtsprechung - ohnehin keinen Rechtsfehler des Erstgerichts auf, weil die Delinquenz während offener Probezeit keine die Strafdrohung mitbestimmende Tatsache ist (vgl RIS-Justiz RS0111324; aA Ebner in WK2 § 33 Rz 10).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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