OGH 9ObA1/10b

OGH9ObA1/10b3.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Hopf, sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky und Franz Boindl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei DI Franz B*****, Angestellter, *****, vertreten durch Mag. German Storch und Mag. Rainer Storch, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei A***** M***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in Linz, wegen 14.056,05 EUR sA, über die außerordentliche Revision (Revisionsinteresse: 8.956,07 EUR) der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. Dezember 2009, GZ 11 Ra 90/09y-18, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht zitiert zutreffend die Rechtsprechung, nach der einem Arbeitnehmer, der entgegen dem aus § 3 AVRAG hervorgehenden Kündigungsverbot im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang gekündigt wurde, ein Wahlrecht dahin zusteht, dass er, statt auf der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Übernehmer des Betriebs zu bestehen, die Beendigung akzeptiert und im Falle der frist- oder terminwidrigen Kündigung die Kündigungsentschädigung begehrt (9 ObA 55/07i). Das Berufungsgericht geht zumindest implizit davon aus, dass weder eine Einigung hinsichtlich einer Übernahme des Klägers stattgefunden hat, noch, dass der Kläger wegen einer Weiterbeschäftigung beim Übernehmer eine kürzere Kündigungsfrist akzeptiert hätte. Dazu berief sich die Beklagte auf eine Drei-Parteien-Einigung (AS 39), die aber gerade durch die von ihr selbst ins Treffen geführten Beweise nicht erhärtet wurde und daher auch keinen Eingang in Feststellungen finden konnte. Auch der im Verfahren erster Instanz ohne ausreichende Konkretisierung erhobene Einwand einer Schikane nach § 1295 Abs 2 ABGB kann nicht überzeugen: Zum einen steht nicht fest (und wurde auch nicht vorgebracht), dass der Kläger zu den selben Bedingungen weiter arbeiten konnte, wie sie vordem gegeben waren. Zum anderen ist aber auch in keiner Weise hervorgekommen, dass von den Parteien des neuen Arbeitsvertrags beabsichtigt war, eine Fortsetzung des früheren Arbeitsverhältnisses herbeizuführen, zumal ja die Kündigung nie zurückgezogen wurde. Konnte daher der Kläger von seinem Wahlrecht Gebrauch machen, anstelle auf einer Übernahme seines Arbeitsverhältnisses zu bestehen, vom früheren Arbeitgeber Kündigungsentschädigung zu verlangen, so war es ihm auch unbenommen, ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Übernehmer einzugehen. Da die ersten drei Monate im Rahmen begehrter Kündigungsentschädigung sowohl nach § 1162b ABGB als auch nach § 29 Angestelltengesetz jedenfalls anrechnungsfrei sind (RIS-Justiz RS0028296), kommt es nicht darauf an, ob und in welcher Höhe der Gekündigte in dieser Zeit ein Einkommen bezogen hat.

Zur Auslegung der Kündigungsklärung:

Der Oberste Gerichtshof vertritt in nunmehr ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass durch eine zeitwidrige Kündigung das Arbeitsverhältnis grundsätzlich mit Ablauf der verkürzten Frist bzw zum verfrühten Termin beendet wird (9 ObA 180/07x, 9 ObA 38/02g, SZ 56/176 uva). Nur dann, wenn der Gekündigte zweifelsfrei erkennen konnte, dass sein Vertragspartner tatsächlich unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen kündigen wollte und die Nennung eines verfehlten Kündigungstermins oder einer verkürzten Kündigungsfrist somit Folge einer unrichtigen Wissenserklärung ist, kann eine Wirkung erst zum nächst zulässigen Kündigungstermin angenommen werden (SZ 56/176 ua). Ob nun hinsichtlich Frist bzw Termin eine Wissens- oder Willenserklärung vorliegt, kann nur im Einzelfall anhand des Wortlauts der Erklärung und allfälliger näherer Umstände, wie im Zusammenhang stehender Erklärungen und/oder Verhaltensweisen der Beteiligten beurteilt werden (RIS-Justiz RS0028641, zuletzt 9 ObA 122/04p). Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass im vorliegenden Fall die Beklagte mit ihrem Kündigungsschreiben auf der - gesetzwidrigen - vertraglichen Kündigungsfrist von 4 Wochen beharren wollte, ist jedenfalls vertretbar: Da die Kündigung im Hinblick auf eine vierwöchige Frist relativ knapp abgesandt worden war, konnte der Kläger - wie jeder andere Arbeitnehmer in seiner Lage auch - annehmen, dass mit dem „nächstmöglichen Termin“ nicht der nächste gesetzlich zulässige, sondern anstelle des Monatsletzten der nächste vertragliche Termin, dass heißt der 15. Jänner 2009, gemeint war. Entgegen der Meinung der Beklagten ist daher die Auffassung vertretbar, dass im vorliegenden Fall eine Konversion (zum nächsten gesetzlich zulässigen Kündigungstermin) nicht stattzufinden hat.

Mit jedenfalls vertretbarer Ansicht hat das Berufungsgericht auch das Vorliegen eines Erklärungsirrtums verneint, welcher dem Kläger hätte auffallen müssen. Insbesondere vermag die Beklagte nicht überzeugend darzulegen, warum die Gesetzwidrigkeit der vertraglichen Kündigungsbestimmung dem Kläger eher auffallen hätte müssen als der Beklagten. Zusammenfassend vermag die Revisionswerberin daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

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