OGH 2Ob144/09d

OGH2Ob144/09d28.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Monika S*****, vertreten durch Dr. Friedrich Nusterer, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Franz A*****, vertreten durch Dr. Martin Wandl, Dr. Wolfgang Krempl, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen 44.688,85 EUR sA und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 13. Jänner 2009, GZ 21 R 365/08x-52, womit das Teilzwischenurteil des Bezirksgerichts St. Pölten vom 30. September 2008, GZ 6 C 843/06i-45, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin hat im Dachgeschoss gelegene Räumlichkeiten ihres Hauses mit Mietvertrag vom 1. 7. 2004 an den Beklagten vermietet. Er hinterlegte bei Abschluss des Mietvertrags eine Kaution von 795 EUR.

Das Haus wird mit Fernwärme beheizt. Das zugeführte Wasser hat abhängig von der Außentemperatur 80 bis 120 Grad Celsius. Für 3 Objekte im Dachgeschoss besteht ein einziger Heizkreislauf. Sämtliche Radiatoren und Entlüftungsventile sind für den Betrieb mit Fernwärme (hoher Druck) ausgelegt, sowohl für die Vorlauf- als auch die Rücklaufleitung sind im Dachgeschoss Absperrhähne vorhanden und offen zugänglich. Auch die einzelnen Radiatoren sind jeweils durch Sperre des Vor- und Rücklaufs vom Heizkreislauf abklemmbar. Die Heizungsinstallation entspricht dem Stand der Technik und ist zum Betrieb von Fernwärme geeignet.

Am 23. 1. 2006 funktionierte die Heizung in diesem Haus nicht richtig. Der Beklagte versuchte im Beisein eines anderen Mieters einen Radiator zu entlüften. Der Heizkörper blieb aber dennoch kalt. Obwohl er am 24. 1. einen Termin mit dem Lebensgefährten der Klägerin wegen der Heizung vereinbart hatte, entschloss er sich an diesem Tag, noch einmal auf eigene Faust die Entlüftung des Heizkörpers zu versuchen. Dabei drehte er mit Gewalt das gesamte Lüftungsventil aus dem Heizkörper, worauf heißes Heizungswasser herausschoss. Daraufhin geriet der Beklagte in Panik und verließ das Haus. Als er zurück kam, war „alles voller Wasser" und Dampf in seinen Räumlichkeiten. Er versuchte daraufhin die Heizung im Stiegenhaus abzudrehen und ging in den Keller um zu sehen, ob sich dort allenfalls auch ein Hahn befand. Im Stiegenhaus traf er auf einen Polizisten, mit dem er gemeinsam in die Wohnung zurückging. Der Beklagte selbst oder der Polizist trennte dort den Radiator mit einer Zange durch Absperren zweier Ventile vom Heizkreislauf und der Beklagte schraubte das einige Meter entfernt liegende Lüftungsventil mit der Hand wieder in den Radiator. Sodann kam ein Installateur, der versuchte im Keller einen Hauptabsperrhahn zu finden, den betreffenden Raum jedoch versperrt vorfand.

Der Beklagte räumte die Wohnung Ende März 2006 vollständig.

Die Klägerin begehrt die Zahlung von 44.688,85 EUR sA an Mietzinsausfall sowie Arbeitszeit und Reinigungsmaterial für die Behebung des Wasserschadens und weiters die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle künftigen Schäden aus der unsachgemäßen Manipulation am Heizkörper. Die Gebäudeversicherung habe einen Teilbetrag von 7.300 EUR geleistet.

Der Beklagte bestritt, den Wasserschaden verursacht zu haben. Er habe vielmehr die Wohnung verlassen und nach seiner Rückkehr eine Stunde später den Wasseraustritt bemerkt. Das Entlüftungsventil sei offenbar durch zu hohen Druck herausgerissen worden. Die Klägerin habe es verabsäumt, für eine ausreichende Gebäudeversicherung zu sorgen. Daraus, aus der Tatsache, dass die Absperrhähne unzugänglich gewesen seien, sowie aus dem nicht ordnungsgemäßen Zustand der gesamten Heizung, leite sich ihr Allein- bzw Mitverschulden ab. Im Übrigen sei das Klagebegehren im Hinblick auf § 1111 ABGB verfristet. Ein Feststellungsbegehren könne nicht dazu dienen, eine derartige Präklusivfrist zu verlängern. Sämtliche Arbeiten und Zahlungen der Klägerin seien spätestens mit Ende 2006 abgeschlossen gewesen.

Das Erstgericht sprach mit Teilzwischenurteil aus, dass das Zahlungsbegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Der Beklagte habe gemäß § 1318 ABGB für das unsachgemäß verwahrte Wasser in vollem Umfang zu haften. Zu beachten sei jedoch die Präklusivfrist des § 1111 ABGB für Schäden am Bestandobjekt selbst, weshalb diese - über die hinterlegte Kaution hinaus - nur insoweit zu Recht bestünden, als sie spätestens mit Schriftsatz vom 27. 2. 2007 geltend gemacht worden seien. Für die Schäden an den anderen Teilen und Mietobjekten des Hauses gelte diese spezielle Frist hingegen nicht.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, dass die Klagsforderung dem Grunde nach zu Recht bestehe, hinsichtlich der Schäden am Bestandobjekt des Beklagten selbst allerdings nur insoweit, als diese über die hinterlegte Kaution hinausgingen und spätestens mit Schriftsatz vom 27. 2. 2007 geltend gemacht worden seien. Nach Verwerfung der Beweisrüge gelangte das Berufungsgericht rechtlich zu dem Ergebnis, dass das Erstgericht die nunmehr im Spruch verdeutlichten Einschränkungen der Haftung mit seiner Begründung ohnehin zum Ausdruck habe bringen wollen. Eine Haftung sei im Hinblick auf § 1318 ABGB zu bejahen. Der Mitverschuldenseinwand sei betreffend die Heizungsinstallation ungerechtfertigt und hinsichtlich der Unzugänglichkeit der Absperrhähne in Wahrheit ein solcher der allfälligen Verletzung einer Schadensminderungspflicht, wenn - wie behauptet - die mangelnde Zugänglichkeit das Schadensausmaß vergrößert habe. Diese sei aber im Zusammenhang mit der Höhe der Ansprüche der Klägerin zu prüfen. Aus der behaupteten unzureichenden Versicherung des Objekts könne ein Mitverschuldenseinwand schon im Hinblick auf § 67 Abs 1 VersVG nicht abgeleitet werden. Der Schadenersatzanspruch stünde in diesem Fall eben nicht der Klägerin selbst sondern dem Versicherer zu. An der grundsätzlichen Haftung des Beklagten ändere sich dadurch aber nichts. Die ordentliche Revision wurde zugelassen, weil man zur Frage, ob hier ein Zwischenurteil zulässig sei, auch die Meinung vertreten könne, dass die Verfristungsproblematik abschließend geklärt werden müsse.

Dagegen richtet sich die ordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag, das Klagebegehren abzuweisen; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt die Revision als unzulässig zurück-, in eventu als unberechtigt abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn des Anfechtungsantrags berechtigt.

Die Frage der Zulässigkeit eines Zwischenurteils ist grundsätzlich eine prozessuale. Ihre unrichtige Lösung bedeutet eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz (2 Ob 157/09s; RIS-Justiz RS0040918 [T8 und T10]). Hat das Berufungsgericht die Zulässigkeit des Zwischenurteils bereits bejaht, wurde damit eine diesbezügliche Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz verneint. Zur Erlassung eines Zwischenurteils über den Grund des Anspruchs ist es aber auch erforderlich, dass alle rechtserzeugenden Tatsachen, aus denen der Anspruch abgeleitet wird, und alle Einwendungen, die seinen Bestand berühren, geklärt worden sind. Fehlt es an den dafür notwendigen Feststellungen, liegt ein Feststellungsmangel vor, der mit Rechtsrüge geltend gemacht werden kann (2 Ob 157/09s; 2 Ob 268/06k je mwN; RIS-Justiz RS0123877; RS0040743).

Die Frage der Verjährung gehört zum Anspruchsgrund (RIS-Justiz RS0034934), ebenso der Einwand eines Mitverschuldens der Klagsseite (RIS-Justiz RS0106185). Dagegen betrifft der Einwand der Verletzung der Schadensminderungspflicht nicht den Anspruchsgrund, sondern die Schadenshöhe, und steht daher der Fällung eines Zwischenurteils nicht entgegen (RIS-Justiz RS0040783 [T1]).

Zu den Mitverschuldenseinwänden:

Dass die Heizungsinstallation nicht dem Stand der Technik entsprochen hätte bzw für Fernwärme nicht geeignet gewesen wäre, konnte der Beklagte nicht nachweisen. Ein Mitverschulden der Klägerin besteht daher insofern nicht.

Was die unzugänglichen Absperrhähne betrifft, kann ein Mitverschulden aufgrund der erstgerichtlichen Feststellungen ebenfalls ausgeschlossen werden. Danach war der Beklagte auf dem Weg in den Keller, um zu sehen, ob sich allenfalls auch dort ein Absperrhahn befände. Im Stiegenhaus traf er aber auf den zwischenzeitig herbeigerufenen Polizisten, mit dem er gemeinsam in seine Wohnung zurückging und den Radiator vom Heizkreislauf trennte. „Sodann" erst suchte der Installateur im Keller eine Hauptsperreinrichtung, fand den betreffenden Raum jedoch versperrt vor. Zu diesem Zeitpunkt war der Radiator, aus dem das Wasser austrat, bereits vom Heizkreislauf getrennt. Weiters waren im Dachgeschoss ohnehin zugängliche Absperrhähne vorhanden. Die Unzugänglichkeit der Absperreinrichtung im Keller ist daher für den eingetretenen Schaden nicht kausal geworden.

Zum Mitverschuldenseinwand der nicht ausreichenden Gebäudeversicherung ist zu sagen, dass nach dem insoweit unbestrittenen Vorbringen der Klägerin eine Versicherung des Hauses bestand, die auch einen Teilbetrag des Schadens abdeckte. Es besteht keine mietvertragliche Nebenpflicht des Vermieters, für einen Versicherungsschutz des Mieters zu sorgen, der diesen im Fall einer - wie hier - grob fahrlässigen Schadenszufügung von jeglicher Schadenstragung befreit.

Die Vorinstanzen sind daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Mitverschuldenseinwände keine Berechtigung haben.

Zur Verfristung:

Die einjährige Frist des § 1111 ABGB ist eine Präklusivfrist (RIS-Justiz RS0020483), die mit der Rückstellung des Bestandobjekts zu laufen beginnt (RIS-Justiz RS0020785). Wurde der Schaden durch das Verschulden des Bestandnehmers herbeigeführt, haftet dieser im Rahmen des § 1111 ABGB nicht nur für die Wiederherstellung der beschädigten Sache, sondern auch für sonstige Schäden (RIS-Justiz RS0024478). Der Zweck der Bestimmung besteht darin, nach Rückstellung des Bestandgegenstands möglichst rasch Klarheit über die gegenseitigen Ansprüche der Vertragspartner zu schaffen (RIS-Justiz RS0036961; RS0020733). Auch die Frage der Verfristung infolge Anwendbarkeit des § 1111 ABGB betrifft - wie die Verjährung - den Grund des Anspruchs und ist deshalb bereits in der Entscheidung dem Grunde nach abschließend zu beurteilen.

Dafür fehlen aber Feststellungen, welche die von Klagsseite undifferenziert geltend gemachten Ansprüche das Bestandobjekt selbst betreffen und daher unter § 1111 ABGB fallen und für welche dies nicht gilt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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