OGH 7Ob9/10i

OGH7Ob9/10i27.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Dipl.-Ing. (FH) R***** B*****, gegen die Antragsgegnerin M***** B*****, wegen Unterhaltsherabsetzung (53 FAM 9/08p des Bezirksgerichts Leopoldstadt), hier wegen Ablehnung der Mitglieder des Senats 30 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien, über den „Revisionsrekurs" des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 26. Juni 2009, GZ 16 R 102/09a-7, mit dem der Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 8. Oktober 2008, GZ 38 Nc 11/08w-2, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 28. 8. 2008 wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien den Antrag des Rechtsmittelwerbers auf Ablehnung der Mitglieder des Senats 30 (im Unterhaltsherabsetzungsverfahren) zurück. Den dagegen erhobenen Rekurs hat das Rekursgericht als verspätet zurückgewiesen und ausgesprochen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR nicht übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der Vater beantragte - erfolglos - die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rekursfrist. Daneben wendete er sich in seinem auch als „Mitteilung betreffend der behaupteten Fristversäumnis" bezeichneten Schriftsatz inhaltlich gegen die angenommene Verspätung seines Rechtsmittels.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht behandelte den Schriftsatz als „ordentlichen Revisionsrekurs" und legte ihn dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der seit der WGN 1997 (BGBl I 1997/140) geltenden Rechtslage.

§ 62 AußStrG erfasst mit dem Begriff „Revisionsrekurs" alle Rekurse gegen eine Entscheidung der zweiten Instanz als Rekursgericht, unabhängig davon, ob es sich um eine Sachentscheidung oder etwa um die Zurückweisung eines Rechtsmittels handelt (1 Ob 162/09v mwN).

Da es eine § 519 Abs 1 Z 1 ZPO vergleichbare Bestimmung im AußStrG nicht gibt, sind auch Beschlüsse, die einen Rekurs ohne Sachentscheidung aus rein formalen Gründen zurückweisen, nur unter den Voraussetzungen des § 62 AußStrG anfechtbar (RIS-Justiz RS0120974). Ein Zurückweisungsbeschluss kann daher nur angefochten werden, wenn - abgesehen von den Fällen des § 62 Abs 2 und 3 AußStrG - die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG abhängt (1 Ob 63/07g; 1 Ob 243/06a).

Der Revisionsrekurs ist aber jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 20.000 EUR (ab 1. 7. 2009 [Datum der Entscheidung der zweiten Instanz]: 30.000 EUR) nicht übersteigt und das Rekursgericht gemäß § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nach § 63 Abs 1 und Abs 2 AußStrG einen Antrag an das Rekursgericht stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung; 1 Ob 162/09v; 1 Ob 243/06a uva).

Im vorliegenden Fall übersteigt der Entscheidungsgegenstand nicht 20.000 EUR. Ob ein Anspruch vermögensrechtlicher Natur ist, ergibt sich aus seinem materiell-rechtlichen Inhalt (RIS-Justiz RS0007110). Ein rein vermögensrechtlicher Entscheidungsgegenstand liegt jedenfalls dann vor, wenn der Anspruch auf eine Geldleistung gerichtet ist (Fucik/Kloiber, aaO § 62 Rz 6). Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Wird die Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet den Streitwert nicht der Gesamtbetrag, sondern lediglich der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war (RIS-Justiz RS0046543; RS0122735; 7 Ob 247/09p); dieser ist auch bei der Bekämpfung von Zwischenentscheidungen maßgeblich (1 Ob 243/06a mwN).

Gegenstand des Unterhaltsverfahrens war (zuletzt) der Antrag des Vaters auf Herabsetzung des monatlichen Unterhalts von 341 EUR auf 200 EUR für die volljährige Michelle, der mit - vom Vater bekämpften - Beschluss des Erstgerichts vom 4. 6. 2008 (ON 14) abgewiesen wurde. Es ist also ein monatlicher Differenzbetrag von 141 EUR strittig; der dreifache Jahresbetrag beträgt somit 5.076 EUR. Deshalb kommt auch ein außerordentlicher Revisionsrekurs nicht in Betracht (7 Ob 247/09p).

Der Oberste Gerichtshof ist entsprechend der dargestellten Rechtslage (derzeit) nicht zur Entscheidung über den Revisionsrekurs des Vaters berufen. Ob dessen Rechtsmittel den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht, oder ob es einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109516 uva).

Eine Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG ist nicht dem Obersten Gerichtshof, sondern vielmehr dem Rekursgericht zur Erledigung vorzulegen (10 Ob 70/09f; 7 Ob 247/09p).

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