OGH 1Ob243/06a

OGH1Ob243/06a28.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Pflegschaftssache des 1) Alexander P*****, geboren am 2. November 1986, und der 2) Barbara P*****, geboren am 30. März 1988, infolge Revisionsrekurses des Vaters Ing. Gebhard F*****, vertreten durch Dr. Gerhard Koller, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. Juni 2006, GZ 44 R 330/06i-678, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den Antrag des Rechtsmittelwerbers auf Ablehnung des im Unterhaltsbemessungsverfahren zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Vaters bestellten Sachverständigen ab. Der dagegen erhobene Rekurs wurde vom Rekursgericht mit der Begründung zurückgewiesen, dass derartige Beschlüsse nicht abgesondert, sondern nur mit dem Rekurs gegen die Entscheidung „über die Sache" anfechtbar seien. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für nicht zulässig erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Ein Revisionsrekurs im Sinne des § 62 AußStrG ist jeder Rekurs gegen eine Entscheidung der zweiten Instanz als Rekursgericht, unabhängig davon, ob es sich um eine Sachentscheidung oder etwa um die Zurückweisung eines Rechtsmittels gegen eine erstgerichtliche Entscheidung handelt. Eine § 519 Z 1 ZPO vergleichbare Bestimmung gibt es im Außerstreitgesetz nicht, sodass auch Beschlüsse, die einen Rekurs ohne Sachentscheidung aus rein formalen Gründen zurückweisen, nur unter den Voraussetzungen des § 62 AußStrG anfechtbar sind (Fucik/Kloiber, AußStrG § 62 Rz 2). Der Zurückweisungsbeschluss des Rekursgerichts kann daher nur dann angefochten werden, wenn - abgesehen von den Fällen in § 62 Abs 2 und Abs 3 AußStrG - die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG abhängt.

Der Revisionsrekurs ist aber jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt EUR 20.000,-- nicht übersteigt und das Rekursgericht iSd § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 62 Abs 3 AußStrG). Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und Abs 2 AußStrG einen Antrag an das Rekursgericht stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung).

Im vorliegenden Fall übersteigt der Entscheidungsgegenstand nicht EUR 20.000,--. Ob ein Anspruch vermögensrechtlicher Natur ist, ergibt sich aus seinem materiell-rechtlichen Inhalt (RIS-Justiz RS0007110). Ein rein vermögensrechtlicher Entscheidungsgegenstand liegt jedenfalls dann vor, wenn der Anspruch auf eine Geldleistung gerichtet ist (Fucik/Kloiber, aaO § 62 Rz 6). Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Wird die Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet den Streitwert nicht der Gesamtbetrag, sondern lediglich der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung; dieser ist auch bei der Bekämpfung von Zwischenentscheidungen maßgeblich (Nachweise bei Fucik/Kloiber, aaO § 62 Rz 5). Gegenstand der Unterhaltsverfahren war (zuletzt) einerseits die begehrte Herabsetzung des monatlichen Unterhalts auf EUR 30,-- pro Kind (ON 449) und andererseits die beantragte Erhöhung des monatlichen Unterhaltsbetrags auf (umgerechnet) EUR 167,15 pro Kind (ON 234). Damit ist ein monatlicher Differenzbetrag von EUR 137,15 pro Kind strittig; der dreifache Jahresbetrag beträgt somit jeweils EUR 4.937,40.

Der Oberste Gerichtshof ist entsprechend der dargestellten Rechtslage (derzeit) nicht zur Entscheidung über den Revisionsrekurs berufen. Das Erstgericht wird zu beurteilen haben, ob der vorliegende Schriftsatz als (mit einem Revisionsantrag verbundene) Zulassungsvorstellung zu verstehen ist (vgl § 84 Abs 2 Satz 2 ZPO). Dann wäre er dem Rekursgericht zur Entscheidung vorzulegen. Ist das Erstgericht hingegen der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags an das Rekursgericht entgegen, wird es einen befristeten Verbesserungsauftrag zu erteilen haben.

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