OGH 6Ob222/09d

OGH6Ob222/09d14.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr.

Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Univ.-Prof. Dr. H***** S*****, vertreten durch Dr. Josef Klaunzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei M***** U***** I*****, vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller, Dr. Markus Orgler und Mag. Norbert Huber, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Feststellung, über die Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 12. August 2009, GZ 4 R 86/09t-22, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16. Februar 2009, GZ 13 Cg 31/08h-16, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00222.09D.0114.000

 

Spruch:

Beide Rekurse werden zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei deren mit 1.959,48 EUR (davon 326,58 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei deren mit 1.961,64 EUR (davon 326,94 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof ist an den Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht gebunden (§ 526 Abs 2 ZPO).

2. Gemäß der Regelung des letzten Satzes des § 510 Abs 3 ZPO, der kraft Größenschlusses auch für die Zurückweisung eines von der zweiten Instanz wegen einer - in Wahrheit nicht vorliegenden - erheblichen Rechtsfrage zugelassenen Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss im Berufungsverfahren nach § 519 Abs 2 ZPO gilt (RIS-Justiz RS0043691), kann sich der Oberste Gerichtshof auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

3. Zum Rekurs des Klägers:

Wie ein bestimmtes Klagebegehren bzw das dazu erstattete Prozessvorbringen zu verstehen ist, ist regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls abhängig, sodass sich eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO grundsätzlich - und auch im Anlassfall - nicht stellt (RIS-Justiz RS0042828 [T25, vgl T 10]).

Die Auffassung des Berufungsgerichts, das Klagebegehren entspreche nicht dem nach dem Klagsvorbringen Gewollten, ist jedenfalls vertretbar. Wenn das Berufungsgericht deshalb eine Erörterung in erster Instanz für notwendig erachtete, so kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten.

4. Zum Rekurs der beklagten Partei:

Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, die zwar bisher die einzige ist, die aber ausführlich begründet ist und mehrfach veröffentlicht wurde, zu der gegenteilige Entscheidungen nicht vorliegen und die auch vom Schrifttum ohne Kritik übernommen wurde, reicht für das Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung aus. Ob die oberstgerichtliche Judikatur älteren oder jüngeren Datums ist, spielt jedenfalls dann keine Rolle, wenn sich, wie im vorliegenden Fall, die Gesetzeslage nicht geändert hat und auch nicht etwa im Schrifttum inzwischen beachtliche Kritik geäußert wurde (RIS-Justiz RS0103384 [T2, T3]).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass ein Begehren auf Feststellung der teilweisen Echtheit einer Urkunde zulässig ist (5 Ob 363/66 SZ 40/3 = EvBl 1967/329, 465; RIS-Justiz RS0038911). Er hat diese Rechtsauffassung in der Entscheidung 5 Ob 137/67 aufrechterhalten. Fasching in Fasching/Konecny² § 228 ZPO Rz 69 ist der Entscheidung 5 Ob 363/66 gefolgt. Gegenteilige Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs oder Kritik der Lehre an den Entscheidungen werden von der Rechtsmittelwerberin ebenso wenig aufgezeigt wie vom Berufungsgericht, das den Rekurs mit der Begründung zuließ, zu den Kriterien in einer Urkundenechtheitsfeststellungsklage nach § 228 ZPO liege kaum höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Die Ausführungen der Rechtsmittelwerberin sind nicht geeignet, erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der genannten Entscheidungen zu wecken.

Echt ist eine Urkunde dann, wenn sie tatsächlich von dem als Aussteller Bezeichneten herrührt (RIS-Justiz RS0040481). Wer als Aussteller einer Urkunde anzusehen ist, richtet sich nach dem äußeren Bild der Urkunde (vgl 8 Ob 24/99h SZ 72/78; RIS-Justiz RS0112369). Eine Zuordnung eines strittigen Eingangsvermerks und der Bezugsnummer zur Ethikkommission der beklagten Partei als Aussteller ist nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde nicht ausgeschlossen.

Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Aufhebung des Ersturteils und Rückverweisung der Rechtssache zur Erörterung und Präzisierung des Klagebegehrens ist - entgegen der Auffassung der Rekurswerberin - durch oberstgerichtliche Judikatur gedeckt. Die Anleitungspflicht des § 182a ZPO ist insofern als erweitert anzusehen, als nun auf ein verfehltes Klagebegehren, das nicht offenkundig dem verfolgten Rechtsschutzziel der Partei entspricht, aufmerksam zu machen und dem Kläger Gelegenheit zu geben ist, sein Klagebegehren auch dann zu ändern, wenn dies eine Klagsänderung ist. Eine genaue Abgrenzung der vom Gericht wahrzunehmenden Prozessleitungspflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0120057).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Wird ein nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO erhobener Rekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen, sind die Kosten nicht nach § 52 ZPO vorzubehalten; vielmehr findet ein Kostenersatz statt, wenn - wie hier - der Rechtsmittelgegner auf diese Unzulässigkeit hingewiesen hat (2 Ob 175/08m mwN; RIS-Justiz RS0123222; RS0035976 [T2]).

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