OGH 2Ob239/09z

OGH2Ob239/09z18.12.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Adoptionssache der mj Laura ***** P*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Minderjährigen, ihrer Mutter Susanne ***** P***** und deren Ehegatten Michael P*****, vertreten durch Stenitzer & Stenitzer Rechtsanwälte OG in Leibnitz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 8. Oktober 2009, GZ 2 R 219/09d-15, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Leibnitz vom 28. Juli 2009, GZ 8 P 53/09f-10, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die verweigerte Zustimmung des leiblichen Vaters zur Adoption kann gemäß § 181 Abs 3 ABGB nur auf Antrag eines Vertragsteils ersetzt werden. Die Mutter der Minderjährigen ist kein Vertragsteil des Adoptionsvertrags. Ihr fehlt daher auch die Rechtsmittellegitimation (vgl 1 Ob 100/01i), sodass der außerordentliche Revisionsrekurs in Ansehung der Mutter bereits aus diesem Grund unzulässig ist.

2. Ob eine Adoption dem Wohl des Kindes dient und ob die verweigerte Zustimmung gemäß § 181 Abs 3 ABGB zu ersetzen ist, weil kein gerechtfertigter Grund für die Verweigerung vorliegt, hat das Gericht aufgrund der Verfahrensergebnisse nach freiem pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (RIS-Justiz RS0086536). Eine Einzelfallentscheidung ist für den Obersten Gerichtshof aber nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm, konkret bei der Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffs der „gerechtfertigten Gründe" korrigiert werden müsste. Gebietet das Gesetz die Entscheidung nach billigem Ermessen, könnte letztlich nur eine eklatante Überschreitung dieses Ermessens aufgegriffen werden (vgl RIS-Justiz RS0044088).

3. Die Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen mit Revisionsrekurs ist nicht möglich (RIS-Justiz RS0108449). Auch im Außerstreitverfahren ist der Oberste Gerichtshof nur Rechtsinstanz und nicht Tatsacheninstanz (RIS-Justiz RS0006737).

4. Ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz kann keinen Revisionsgrund bilden, soferne eine Durchbrechung dieses Grundsatzes aus Gründen des Kindeswohls nicht erforderlich ist (RIS-Justiz RS0050037 [T1]). Dies ist hier nicht der Fall, zumal der Ehemann der Mutter (Adoptionswerber) nicht daran gehindert ist, auch ohne Adoption eine liebevolle Beziehung zu dem in seinen Familienverband integrierten und seinen Familiennamen tragenden Kind zu unterhalten.

5. In der Übernahme von Feststellungen des Erstgerichts durch das Rekursgericht kann schon begrifflich keine Aktenwidrigkeit liegen (vgl RIS-Justiz RS0043240).

6. Die in der oberstgerichtlichen Judikatur entwickelten Grundsätze zur auslegungsbedürftigen Frage, was unter dem Begriff „gerechtfertigte Gründe" zu verstehen ist, besagen im Wesentlichen, dass die gesetzlichen Bestimmungen sicherstellen sollen, dass keine Adoption gegen die wohlbegründete Meinung der Person zustandekommt, die durch die Adoption in ihren Rechten tiefgreifend betroffen wird. Dem Kindeswohl entsprechende, in der Familie des Annehmenden bestehende bessere, der Entwicklung des Kindes förderliche Lebensverhältnisse sind nicht der alleinige oder auch nur überwiegende Gesichtspunkt, die Verweigerung der Zustimmung als nicht gerechtfertigt anzusehen. Im Zweifel ist die Weigerung als gerechtfertigt zu betrachten. Der Wunsch des Elternteils um Kontakte und Bindung zu seinem Kind ist zwar kein absolut gerechtfertigter Weigerungsgrund, die Adoption muss aber für das Kind geradezu notwendig sein. Die Verweigerung der Zustimmung ist nicht gerechtfertigt, wenn schuldhafte Pflichtverletzungen des Elternteils gegenüber dem Kind (bei der Pflege und Erziehung oder der Unterhaltsgewährung) vorliegen, wodurch das Kindeswohl gefährdet wurde oder ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre. Die Pflichtvergessenheit oder Gleichgültigkeit des Elternteils kann die Verweigerung der Zustimmung zur Adoption als missbräuchlich erscheinen lassen. Pflichtverletzungen machen es schwer, gerechtfertigte Weigerungsgründe vorzubringen (6 Ob 50/02z mwN).

7. Das Rekursgericht ist - nach Erwähnung dieser Grundsätze - zum Schluss gekommen, dass eine innige Beziehung zwischen dem Kind und seinem leiblichen Vater vorliege, sodass es auf allfällige finanzielle Vorteile durch die Adoption nicht ankomme und auch die gute Beziehung zum Adoptionswerber nichts an den gerechtfertigten Gründen der Weigerung durch den leiblichen Vater ändere. Dies stellt im Zusammenhang mit dem gesamten Akteninhalt keine (grobe) Fehlbeurteilung bzw eklatante Ermessensüberschreitung dar, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre. Den Revisionsrekurswerbern ist es nicht gelungen, Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen.

Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher hinsichtlich der Mutter mangels deren Rechtsmittellegitimation und im Übrigen mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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