Spruch:
Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die ursprünglich klagende Verlassenschaft war bücherliche Eigentümerin von vier in der Klage näher bezeichneten Liegenschaften. Drei dieser Liegenschaften stehen jetzt im Eigentum der nunmehrigen Klägerin als eingeantworteter Anerbin, die vierte Liegenschaft wurde in der Zwischenzeit veräußert.
Die Beklagte räumte zwischen 1991 und 1998 der späteren Erblasserin - in einem Fall als Mitschuldnerin mit dem Kreditnehmer J***** R***** - zwei Abstattungskredite und einen Kontokorrentkredit ein. Zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten, die der Beklagten aus diesen Kreditverhältnissen gegen die Erblasserin bzw deren Mitverpflichteten erwachsen, sind zu Gunsten der Beklagten ob den genannten vier Liegenschaften als Haupt- bzw Nebeneinlagen Höchstbetragspfandrechte im Betrag von 890.000 ATS, 260.000 ATS und 600.000 ATS einverleibt.
Im Jahr 2000 schloss die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit einem Dritten einen Bestandvertrag über die gegenständlichen Liegenschaften ab, den sie allerdings noch im selben Jahr wegen List und Irrtums gerichtlich anzufechten versuchte; dieses Verfahren wurde nach ihrem Tod im Dezember 2000 von der Verlassenschaft nicht fortgeführt.
Die ursprünglich im vorliegenden Verfahren klagende Verlassenschaft schloss im Jahr 2001 mit der Beklagten einen pätorischen Vergleich über die Rückzahlung eines Teils der zu diesem Zeitpunkt aus allen Kreditverhältnissen insgesamt aushaftenden Salden. Im selben Jahr erhob die Bank gegen die Verlassenschaft nach der Kreditnehmerin und den Bestandnehmer als dort Beklagte eine Klage wegen Pfandverschlechterung durch den Bestandvertrag. Im Zuge dieses Verfahrens erklärte sich der Bestandnehmer bereit, alle auf den pfandrechtlich besicherten Konten der Verlassenschaft aushaftenden Schuldsalden abzudecken und begehrte die Einlösung der Forderungen gemäß § 1422 ABGB. Die Verlassenschaft widersprach dieser beabsichtigten Einlösung mit der Begründung, ihre Interessen würden durch den Gläubigerwechsel geschädigt.
Im März 2003 bezahlte der Bestandnehmer der Pfandliegenschaften den zu diesem Zeitpunkt unberichtigt aushaftenden Schuldsaldo von 152.240,37 EUR aus allen Krediten der Erblasserin an die beklagte Bank, diese erklärte dafür schriftlich, dass Zug um Zug gegen diese Zahlung alle Sicherungsmittel, auch die gegenständlichen Pfandrechte in Haupt- und Nebeneinlagen, auf den Zahler übergehen würden. Gleichzeitig erteilte die Beklagte ihre Einwilligung zur grundbücherlichen Übertragung der Pfandrechte. Eine „Hypothekarübertragungsurkunde" vom 11. 11. 2005, abgeschlossen zwischen der Beklagten und dem Bestandnehmer, enthält die Behauptung, die streitgegenständlichen Kreditverhältnisse seien durch den Tod der Kreditnehmerin beendet worden.
Mit der gegenständlichen Klage wird die Löschung aller Höchstbetragshypotheken als Haupt- und Nebeneinlagen auf allen vier Liegenschaften begehrt. Die gegenständlichen Kredite seien weder notleidend gewesen noch vor der Zahlung des Dritten jemals fällig gestellt worden. Der prätorische Vergleich habe lediglich zur Vorbereitung der zwischen Klägerin und Beklagter im Innenverhältnis vereinbarten Devastationsklage gedient. Durch die Zahlung des Dritten sei die Forderung der Beklagten erloschen, eine gegen die Verlassenschaft eingebrachte Klage des Einlösers auf Zahlung der eingelösten Forderung sei zudem mittlerweile rechtskräftig abgewiesen worden. Den nach wie vor zu Gunsten der Beklagten eingetragenen Höchstbetragshypotheken liege nunmehr keine Forderung mehr zu Grunde, weil mittlerweile auch die Kreditverhältnisse beendet seien. Der Pfandfreilassungsanspruch der Käuferin der vierten Liegenschaft sei an die Klägerin zur Geltendmachung abgetreten worden.
Die Beklagte wandte ein, sie habe die Kredite zur sofortigen Rückzahlung fällig gestellt, jedenfalls sei der prätorische Vergleich der Streitteile als einvernehmliche Auflösung der Kreditverhältnisse anzusehen. Sie sei zur Kündigung berechtigt gewesen, weil die vereinbarten Rückzahlungsraten ab dem Jahr 2001 ausgeblieben seien und zudem unstrittig durch die Inbestandgabe eine Pfandverschlechterung eingetreten sei. Der Schuldsaldo zu Konto Nr. 323733 sei vertragsgemäß zum 28. 2. 2001 endfällig gewesen.
Durch die Zahlung und Einlösung der fälligen Kredite sei es zu einem Gläubigerwechsel gekommen und auch die Pfandrechte auf den neuen Gläubiger übergegangen und stünden der Beklagten nicht mehr zur Disposition, sodass sie nicht passiv legitimiert sei.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Ausgehend von der als unstrittig angenommenen Feststellung, dass die aushaftenden Kredite von der Beklagten gegenüber der Verlassenschaft fällig gestellt wurden, gelangte es zu dem Ergebnis, die pfandrechtlich besicherten Forderungen seien nicht getilgt worden, sondern im Umfang der Einlösung zusammen mit den Pfandrechten auf den Einlöser übergegangen.
Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung mit dem angefochtenen Beschluss auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Die bekämpfte Feststellung, die aushaftenden Kredite seien von der Beklagten fällig gestellt worden, sei aktenwidrig begründet. Da eine einvernehmliche Schuldübernahme im vorliegenden Fall ausscheide, könne ein Übergang der Höchstbetragshypothek auf den Einlöser nur bewirkt worden sein, wenn die Kreditrahmen jeweils auf eine einzelne Forderung reduziert wurden; ohne eine solche Reduktion gehe nur die eingelöste Forderung, aber nicht die Höchstbetragshypothek auf den Einlöser über. Im fortgesetzten Verfahren sei daher zu klären, ob und mit welchen Beträgen die besicherten Forderungen von der Beklagten gegenüber der Verlassenschaft fällig gestellt bzw das Kreditverhältnis durch Aufkündigung beendet wurde.
Den Rekurs gegen seine Entscheidung erklärte das Berufungsgericht für zulässig, weil eine gesicherte Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die Höchstbetragshypothek entgegen den dargelegten Grundsätzen ausnahmsweise dann bereits ex lege auf den Einlöser übergehe, wenn er - wie im vorliegenden Fall - einen über dem Höchstbetrag liegenden Forderungssaldo bezahlt habe.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobenen Rekurse beider Parteien sind zulässig (§ 526 Abs 2 ZPO), weil das Berufungsgericht in seiner Zulassungsbegründung die Rechtslage verkannt hat, sie sind aber im Ergebnis nicht berechtigt.
1. Zum Rekurs der Klägerin:
Die Klägerin argumentiert zunächst gegen die Rechtsansicht, eine für den Übergang einer Höchstbetragshypothek nach § 1422 ABGB erforderliche Reduktion des Kreditverhältnisses auf „eine Forderung" bereite dann argumentative Probleme, wenn der eingelöste Saldo den Höchstbetrag übersteigt. Diese Ausführungen sind grundsätzlich auch berechtigt.
Wird eine Höchstbetragshypothek bestellt, haftet das Pfand nicht an den einzelnen Forderungen, sondern am Kreditrahmen. Dies zeigt sich am deutlichsten, wenn zB der Kreditnehmer eines Kontokorrentkredites über ein Guthaben auf seinem Konto verfügt, also überhaupt keine Verbindlichkeiten bestehen (Reischauer in Rummel³ § 1422 ABGB Rz 16 mwN; stR, zB RIS-Justiz RS0033415). Da das Pfand - zumindest zunächst - am Rahmen, aber nicht an den einzelnen Forderungen haftet, gehen bei wirksamer Einlösung einer einzelnen oder auch mehrerer Forderungen diese über, nicht aber das Pfand (Reischauer aaO). Gegen den Willen des Gläubigers gibt es vor Abwicklung des Rechtsverhältnisses keine Pfandfreilassung der Liegenschaft (RIS-Justiz RS0104888).
Gleiches gilt auch, wenn der gesamte Saldo aller Einzelforderungen eingelöst wird. Der Kreditrahmen bleibt auch dann weiter besichert, nicht aber die ausgeschiedenen Forderungen. Diese Konsequenz betrifft Kontokorrentkredite genauso wie andere Höchstbetragskredite, etwa den wieder ausnützbaren Abstattungskredit (Reischauer aaO). Erst wenn der Kreditrahmen auf eine einzelne Forderung reduziert ist und für die Parteien im rechtlichen Sinn klar sein muss, dass eine Wiederausnützung des Rahmens nicht mehr stattfinden soll, haftet die Höchstbetragshypothek nur noch an dieser Forderung (samt Zinsen etc) und nicht mehr am Kreditrahmen (Reischauer aaO mwN). Erst die Reduktion auf eine einzige Forderung, sei es durch Vereinbarung der Vertragsteile oder durch einseitige Kündigung des Kreditverhältnisses, hat dann zur Folge, dass die Höchstbetragshypothek bei Einlösung als Festbetragshypothek behandelt werden kann und als solche ex lege auf den Einlöser übergeht; die grundbücherliche Übertragung wirkt in diesem Fall nur deklarativ (RIS-Justiz RS0033415 [insb T4, T5, T6]).
Den Rekursausführungen ist beizupflichten, dass den Ausführungen des Berufungsgerichts betreffend die Übertragung des Höchstbetragspfandrechts bei einem den Höchstbetrag übersteigenden Saldo offenbar ein semantisches Missverständnis zu Grunde liegt. Mit der geforderten „Reduktion auf eine Forderung" ist nicht eine Herabsetzung des Höchstbetrags der Hypothek auf die Höhe des (niedrigeren) Saldos gemeint, sondern eine Beendigung der Kreditrahmenvereinbarung, sodass danach nur mehr eine einzige (je nach Höhe ganz oder teilweise) besicherte Forderung, eben der Saldo, übrig bleibt. Die vom Berufungsgericht in seiner Zulassungsbegründung erblickten Probleme stellen sich daher bei richtiger Betrachtung überhaupt nicht.
Auch die Einlösung eines über dem Hypothekenhöchstbetrag liegenden Saldos kann - von einer hier nicht in Betracht kommenden Dreiparteieneinigung abgesehen - nur dann einen Übergang des Höchstbetragspfandrechts ex lege nach § 1422 ABGB bewirken, wenn das Grundverhältnis bereits beendet wurde. Andernfalls steht dem Schuldner nach der sein Konto entlastenden Einlösung durch den Dritten der vereinbarte Kreditrahmen gegenüber dem Gläubiger weiterhin offen. Die Grundlage für die Pfandhaftung zu Gunsten des Gläubigers bleibt daher aufrecht, es kommt zu keinem Übergang auf den Einlöser.
Übereinstimmend haben die Parteien im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht, dass die gegenständlichen besicherten Kreditverhältnisse inzwischen jedenfalls beendet sind und daraus kein offener Saldo zu Gunsten der Beklagten mehr besteht. Die Berechtigung des Klagsanspruchs hängt nur davon ab, ob die Beklagte noch immer Pfandberechtigte ist, oder ob die Höchstbetragspfandrechte bereits ex lege an den Drittzahler übergegangen sind. Im ersteren Fall wäre sie gemäß § 469 ABGB zur Löschungserklärung verpflichtet, im anderen Fall wäre das Klagebegehren abzuweisen.
Für die Beantwortung dieser Frage kommt es, wie das Berufungsgericht im Ergebnis völlig zutreffend ausgeführt hat, nur darauf an, ob die besicherten Kreditverhältnisse schon vor der Einlösung des Saldos durch den Dritten oder erst zu einem späteren Zeitpunkt endgültig beendet wurden. Ist das Berufungsgericht der Ansicht, dass der Sachverhalt in dieser Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179).
Im fortgesetzten Verfahren wird zu beachten sein, dass sich die Beklagte, worauf der Rekurs der Klägerin auch zutreffend hinweist, im vorliegenden Verfahren auf eine vereinbarte Auflösung und Fälligstellung der Kreditverhältnisse durch den Abschluss des prätorischen Vergleichs berufen hat, wobei dieses Vorbringen aber in unübersehbarem Widerspruch zum Inhalt vorgelegter Urkunden steht, die sich auf ganz andere Auflösungsgründe beziehen.
Dieser Umstand ist bisher entgegen § 182 ZPO ebenso unerörtert geblieben wie die Diskrepanz zwischen dem Beklagtenvorbringen und der unstrittigen Tatsache, dass die verstorbene Rechtsvorgängerin der Klägerin hinsichtlich des mit einem Höchstbetragspfandrecht im Betrag von 890.000 ATS besicherten Kreditverhältnisses nicht alleine Kreditnehmerin war. Ein Übergang der Hypothek nach § 1422 ABGB ex lege an den Drittzahler käme daher nur in Betracht, wenn auch das Kreditverhältnis mit dem Mitschuldner bereits vor Einlösung der Forderungen beendet wurde.
Andererseits kann auch der Klagsanspruch auf Löschung des Höchstbetragspfandrechts in Höhe von 890.000 ATS nur dann zu Recht bestehen, wenn das Kreditverhältnis mit dem Mitschuldner spätestens bis zum maßgeblichen Stichtag des Schlusses der Verhandlung erster Instanz beendet ist, weil das Pfandrecht ansonsten nach wie vor an diesem Kreditverhältnis - unabhängig von einem offenen Saldo - haften würde.
2. Zum Rekurs der Beklagten:
Die Beklagte strebt mit ihrem Rekurs die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung in der Sache durch den Obersten Gerichtshof an.
Auch sie erachtet die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts relevierte Rechtsfrage ausdrücklich für nicht wesentlich. Zur Berechtigung dieses Einwandes kann auf die Ausführungen zum Rechtsmittel der Klägerin verwiesen werden.
Nicht gefolgt werden kann hingegen der Argumentation der Rekurswerberin, schon aufgrund des zwischen den Streitteilen im Jahr 2001 geschlossenen prätorischen Vergleichs ergebe sich unzweifelhaft, dass die Kreditverhältnisse damals einvernehmlich beendet wurden. Die Ausführungen erfüllen nicht die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rekurses nach § 502 Abs 1 iVm § 519 Abs 2 ZPO. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nach ständiger Rechtsprechung nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936; RS0042179; RS0107573 ua). Nichts anderes gilt auch für die Auslegung eines gerichtlichen Vergleichs (RIS-Justiz RS0113785).
Das Berufungsgericht hat sich mit dem Inhalt des prätorischen Vergleichs auf Grundlage des Parteienvorbringens auseinandergesetzt und zutreffend berücksichtigt, dass sich der Vergleich ausdrücklich nur auf einen Teilbetrag eines bei seinem Abschluss aktuellen Forderungssaldos bezogen hat und über den Restbetrag darin nicht disponiert wurde. Es ist aber ohne weiteres möglich, dass sich ein Kreditnehmer während aufrechten Kreditverhältnisses - womöglich gerade um dessen drohende Aufkündigung hintanzuhalten - zur sofortigen Zahlung eines Teilsaldos verpflichtet, weshalb das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende krasse Fehlbeurteilung darstellt. Die Rekurswerberin übersieht zudem, dass ein prätorischer Vergleich mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin jedenfalls nicht ohne weiteres zur Auflösung des Kreditverhältnisses mit dem Mitschuldner führen konnte.
Beiden Rekursen war daher im Ergebnis keine Folge zu geben.
Der Ausspruch über den Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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