OGH 8Ob87/09s

OGH8Ob87/09s30.7.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.- Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der beim Landesgericht Krems anhängigen Konkurssache der Antragstellerin W*****, gegen die Antragsgegnerin (nunmehr Gemeinschuldnerin) A***** Gesellschaft mbH, vertreten durch Dr. Ferdinand ***** B*****, über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 11. Februar 2009, GZ 11 Nc 3/09i-4, mit dem ein Ablehnungsantrag der Antragsgegnerin gegen mehrere Richter des Landesgerichts Krems zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsgegnerin lehnte den zur Entscheidung über den Konkurseröffnungsantrag zuständigen Richter (in der Folge: Konkursrichter) in der Tagsatzung vom 17. 12. 2008 (neuerlich) als befangen ab. Unter anderem machte die Antragsgegnerin geltend, dass der Konkursrichter vom zuständigen Finanzamt eine Auskunft über steuerliche Daten der Antragsgegnerin eingeholt habe. Damit habe er gegen § 48a BAO verstoßen und somit rechtswidrig gehandelt. Mit Schriftsatz vom 18. 12. 2008 wiederholte die Antragsgegnerin ihre Vorwürfe gegen den Konkursrichter. Überdies erklärte sie, „sämtliche" Richter des Landesgerichts Krems - im Einzelnen nannte sie die Präsidentin und den Vizepräsidenten sowie 10 weitere Richter des Landesgerichts Krems - im Verfahren über die Ablehnung des Konkursrichters als befangen abzulehnen. Das Landesgericht Krems sei ein sehr kleiner Gerichtshof mit zwölf Richtern. Dies rechtfertige für Außenstehende die Annahme, dass zwischen diesen Richtern ein kollegiales Naheverhältnis bestehe. Bereits der Anschein einer Befangenheit reiche aber für die Berechtigung des Ablehnungsantrags aus. Da im Konkursverfahren Zwischenentscheidungen nicht anfechtbar seien, sei bei der Beurteilung der Unparteilichkeit ein besonders strenger Maßstab anzulegen.

Die abgelehnten Richter des Landesgerichts Krems erklärten sämtlich, nicht befangen zu sein.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht Wien den Ablehnungsantrag zurückgewiesen.

Der Umstand, dass Richter dem selben Gerichtshof angehören wie jener, über dessen Ablehnung zu entscheiden ist, könne für sich allein keine Befangenheit iSd § 19 Z 2 JN begründen. Das kollegiale Verhältnis zwischen Mitgliedern desselben Gerichtshofs allein hindere eine objektive Entscheidung über eine behauptete Befangenheit nicht. Ein Sachverhalt, der auf ein über berufliche Kontakte hinausreichendes Verhältnis zwischen dem Konkursrichter und den anderen abgelehnten Richtern schließen ließe, sei nicht vorgebracht worden.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene Rekurs der Antragsgegnerin - worin sie auch die Mitglieder des Oberlandesgerichts-Rekurssenats ablehnte, welcher Antrag mit Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 24. 3. 2009 rechtskräftig zurückgewiesen wurde - ist nicht berechtigt.

1) Dass der Antragsgegnerin die Äußerungen der abgelehnten Richter zum Ablehnungsantrag nicht zur (Gegen-)Äußerung zugestellt wurden, verwirklicht keinen Verfahrensmangel. Die Einholung einer gesonderten Stellungnahme des Ablehnungswerbers zur Äußerung des abgelehnten Richters ist nicht zwingend vorgeschrieben (8 Ob 162/06s; 9 ObA 370/97w; EvBl 1992/117; Ballon in Fasching/Konecny², § 22 JN Rz 5). Zwar sind alle allenfalls nötig erscheinenden Erhebungen durchzuführen; das besagt aber nicht, dass dem Ablehnungswerber, der ja ohnedies gehalten ist, schon in seinem Ablehnungsantrag Bescheinigungsmittel für den von ihm behaupteten Sachverhalt anzubieten, in jedem Fall die Äußerung des abgelehnten Richters zur Gegenäußerung zugestellt werden muss. Da im vorliegenden Fall der von der Antragsgegnerin vorgebrachte Grund - wie noch zu zeigen sein wird - zur Rechtfertigung der Ablehnung von vornherein untauglich und die Entscheidung daher nicht von strittigen Tatfragen abhängig war, bestand daher für die Einholung einer Gegenäußerung der Antragsgegnerin keine Veranlassung.

2) Wie im angefochtenen Beschluss ausführlich dargelegt, begründen nach völlig einhelliger Rechtsprechung berufliche Kontakte der Richter des zur Entscheidung berufenen Gerichtshofs zu dem abgelehnten Richterkollegen keine Befangenheit (RIS-Justiz RS0108696). Dieser Grundsatz wird durch den Hinweis auf den für das Strafverfahren geltenden § 39 StPO über die Delegierung nicht in Frage gestellt (Danzl, Geo³ § 182 Anm 15 mwN). Auch die von der Rekurswerberin ins Treffen geführte Entscheidung 8 Nc 11/08x hält an der eben wiedergegebenen Rechtsprechung ausdrücklich fest; dass darin dennoch die Befangenheit sämtlicher Richter eines Oberlandes- und eines Landesgerichts festgestellt wurde, liegt an dem ihr zugrunde liegenden, in verschiedener Hinsicht besonders gelagerten Sachverhalt - ua haben sämtliche betroffenen Richter ihre Befangenheit erklärt -, der mit dem hier zu beurteilenden Fall in keiner Weise vergleichbar ist. Auch die Entscheidung 6 Ob 93/08p (richtig 6 Ob 93/08g) betrifft die der Entscheidung 8 Nc 11/08x zugrundeliegende Angelegenheit und ist daher mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Der in ständiger Rechtsprechung vertretene Grundsatz, dass berufliche Kontakte der Richter des zur Entscheidung berufenen Gerichtshofs zu dem abgelehnten Richterkollegen für sich allein keine Befangenheit begründen, wird daher durch die im Rekurs zitierten Entscheidungen nicht in Frage gestellt. Darüber hinausgehendes Vorbringen, aus dem auf eine Befangenheit der abgelehnten Richter geschlossen werden könnte, wurde von der Rekurswerberin nicht erstattet. Dass dem abgelehnten Richter ein Verstoß gegen § 48a BAO vorgeworfen wurde, reicht dazu jedenfalls nicht aus (RIS-Justiz RS0111290). Nach § 23 JN ist für die Entscheidung über einen Ablehnungsantrag gegen einen Richter eines Gerichtshofs dieser Gerichtshof zuständig. Der Gesetzgeber war daher ganz offenkundig der Meinung, dass die Notwendigkeit der Prüfung derartiger Ablehnungsgründe die von einem Richter zu erwartende Fähigkeit, objektiv zu urteilen, nicht überfordert (Mayr in Rechberger³ § 23 Rz 3 mwN).

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