Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Beklagte nahm im Auftrag des klägerischen Vereins eine Liegenschaftsbewertung vor. In seinem Gutachten beschrieb er - aufgrund unterlassener Einsichtnahme in die Grundbuchsmappe - die Lage und Form eines Grundstücks unrichtig. Dies führte in der Folge dazu, dass der Kläger nach erfolgtem Liegenschaftsverkauf (unter Zugrundelegung des Gutachtens des Beklagten) einem Käufer einen Teil des Kaufpreises in Höhe des Klagsbetrags zu refundieren hatte. Die beiden Vorinstanzen gaben der Klage im Wesentlichen mit der Begründung statt, dass der Beklagte eine Sorgfaltspflichtverletzung nach § 1299 ABGB zu verantworten habe und dem Kläger das Nichteinlassen in einen Rechtsstreit mit den Käufern nicht als Verletzung seiner Schadensminderungspflicht vorwerfbar sei. Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil die Frage, inwieweit der Geschädigte verpflichtet sei, zum Zweck der Schadensabwendung Prozess zu führen, zwar nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen sei, andererseits hier in ihrer Bedeutung „angesichts der zunehmenden Haftungsprozesse gegen rechtsberatende Berufe und Sachverständige" über den Einzelfall hinausgehe, sodass die Vorgabe gewisser grundsätzlicher Leitlinien durchaus im Interesse der Rechtssicherheit liege.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Bei der Beurteilung dessen, was dem Geschädigten im Rahmen der Schadensminderungspflicht zumutbar ist, kommt es hauptsächlich auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0027787), wie bereits das Berufungsgericht zutreffend erkannte. Wegen dieser Einzelfallbezogenheit können aber im vorliegenden Fall keine „grundsätzlichen Leitlinien" gegeben werden.
Die Einlassung in einen Rechtsstreit mit den Liegenschaftskäufern hätte für den Kläger nur geringe Aussicht auf Erfolg gehabt (vgl 3 Ob 120/05a). Die Verneinung einer Verletzung der Schadensminderungspflicht ist daher vertretbar.
Auch das Rechtsmittel zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf:
1. Der geltend gemachte sekundäre Verfahrensmangel wegen des Fehlens von Feststellungen über die Kenntnis des Beklagten bezüglich des (geplanten) Grundstücksverkaufs an einen oder mehrere Käufer ist nicht gegeben, weil derartige Feststellungen für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts unerheblich sind. Der Beklagte gesteht selbst zu, dass für ihn erkennbar gewesen sei, dass sein Gutachten als Grundlage für den Verkauf diente. Dabei versteht es sich aber von selbst, dass die richtige Angabe von Lage und Form der bewerteten Grundstücke von essenzieller Bedeutung für Kaufvertragsverhandlungen ist, unabhängig davon, ob an eine oder mehrere Personen, geteilt oder ungeteilt, verkauft wird.
2. Die Sachverständigenhaftung nach § 1299 ABGB geht von einem objektiven Maßstab aus, wobei es auf die übliche Sorgfalt jener Personen ankommt, die die betreffende Tätigkeit ausüben (RIS-Justiz RS0026524). In Bezug auf die Frage der schadensverursachenden Haftung ist der Gutachtensauftrag jener Maßstab, an dem die Tauglichkeit und Richtigkeit des Gutachtens zu messen ist (1 Ob 78/07p). Auf Basis des Gutachtensauftrags (Inventur und Schätzung eines unbeweglichen Nachlasses) und eines objektiven Sorgfaltsmaßstabs ist die von den Vorinstanzen angenommene Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten aufgrund seiner Fehlangaben im Gutachten jedenfalls vertretbar. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Schätzung in Bezug auf die Quadratmeterangabe richtig gewesen sein mag, war doch nicht diese, sondern die Fehlangabe betreffend Lage und Form der Grundstücke schadensverursachend. Schon das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, dass es in diesem Verfahren auf allfällige Sorgfaltsverletzungen auch des Vertragsverfassers nicht ankommt.
3. Zur Frage der Schadensminderungspflicht führt der Beklagte aus, der Kläger habe dem Zeugen E***** den Klagsbetrag nahezu „nachgeworfen" und nicht einmal versucht, ihn von seiner ungerechtfertigten Forderung abzubringen. Er begründet aber nicht nachvollziehbar, warum die Forderung nach aliquoter Rückerstattung des Kaufpreises ungerechtfertigt sein sollte, wenn sich im Nachhinein ergibt, dass die Fläche des gekauften Grundstücks - wegen der notwendig gewordenen Abtretung - geringer ist als im Kaufvertrag ausgewiesen.
4. Bei den unter dem Titel der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens getätigten Ausführungen in der Rechtsmittelschrift handelt es sich - soweit überhaupt verständlich - im Wesentlichen um Wiederholungen der oben behandelten Argumente sowie um - irrelevante - Auseinandersetzungen mit der aufgehobenen Entscheidung des Erstgerichts im ersten Rechtsgang. Die Revision des Beklagten war somit zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.
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