OGH 12Os49/09m

OGH12Os49/09m28.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Mai 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Michael Schmid als Schriftführer in der Strafsache gegen Kazim G* wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Geschworenengericht vom 23. Jänner 2009, GZ 24 Hv 139/08v‑123, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den unter einem gefassten Beschluss nach § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2009:E91113

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Kazim G* des Verbrechens des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 75 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 25. Juni 2008 in Bludenz versucht, Seyfi Ö* vorsätzlich zu töten, indem er ihm mit einem Springmesser mit einer Klingenlänge von etwa 8,5 cm zwei Stiche in die rechte hohe Rückenregion sowie zwei Stiche in die linke Rückenregion wenige Zentimeter außerhalb der Wirbelsäule versetzte, durch welche die linke Brusthöhle eröffnet wurde.

 

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6 und 8 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

In der Fragenrüge (Z 6) bezieht sich der Beschwerdeführer auf seine Verantwortung, wonach er nach einer Rauferei mit Seyfi Ö* von diesem geschlagen und danach über eine Böschung hinuntergestoßen worden sei. Im Anschluss daran wollte er sich von seinem Gegner befreien und sich von ihm retten (S 14/ON 122). Zu diesem Zweck habe er das Messer herausgezogen und zugestoßen.

Damit bringt der Rechtsmittelwerber allerdings kein Sachverhaltssubstrat vor, welches die von ihm begehrte Zusatzfrage nach dem Rechtsfertigungsgrund der Notwehr im Sinn des § 3 StGB erforderlich gemacht hätte. Zunächst übergeht der Nichtigkeitswerber seine übrigen Angaben, wonach er die Rauferei mit seinem Widersacher begonnen hatte (S 6/ON 122), nach der ersten Auseinandersetzung ein von Seyfi Ö* überlassenes Handy zu Boden geworfen und dadurch beschädigt hatte (S 7/ON 122) und dessen Aufforderung, ihm seinen Fahrzeugschlüssel zurückzugeben, nicht nachgekommen war (S 8/ON 122). Schon angesichts dieser - vom Beschwerdeführer in seiner Rüge ausgeklammerten - Verantwortung musste der Angeklagte eine Minderung seiner Notwehrbefugnisse hinnehmen (vgl Kienapfel/Höpfel AT12 Z 11 Rz 20). Beruft sich der Nichtigkeitswerber bei der Kritik an der Unterlassung der Aufnahme einer Zusatzfrage in den Fragenkatalog auf ein in der Hauptverhandlung vorgekommenes Verfahrensergebnis (hier konkret auf den Inhalt seiner Verantwortung), so darf er den Nachweis der geltend gemachten Nichtigkeit nicht bloß auf der Grundlage einzelner, isoliert und damit sinnverändert aus dem Kontext der Gesamteinlassung gerissener Sätze führen, sondern hat vielmehr die Verantwortung in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen (vgl RIS‑Justiz RS0120766). Die gesetzeskonforme Ausführung einer Fragenrüge (Z 6) erfordert darüber hinaus eine Substantiierung dahin, durch welche in der Hauptverhandlung konkret vorgebrachten Tatsachen die begehrte weitere Fragenstellung indiziert gewesen sein soll (vgl RIS‑Justiz RS 0119417 und RS0117447). Dazu bezeichnet die Beschwerde keine Beweisergebnisse, wonach der viermalige Einsatz eines Messers eine notwendige Verteidigung dargestellt hätte, um den Angriff des Seyfi Ö* sofort und endgültig abzuwehren (vgl Kienapfel/Höpfel AT12 Z 11 Rz 13; Fabrizy StGB9 § 3 Rz 4; SSt 62/81). Solcherart verfehlt die Beschwerde den Bezugspunkt der Fragenrüge (vgl Schindler, WK‑StPO § 313 Rz 28; Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 23; Fabrizy StPO10 § 345 Rz 8).

Die Instruktionsrüge (Z 8) stellt auf fehlende Belehrungen der Geschworenen über das Notwehrrecht ab, übergeht aber dabei, dass gar keine Zusatzfrage in Richtung des Rechtfertigungsgrundes nach § 3 StGB gestellt wurde (vgl Ratz, WK‑StPO § 345 Rz 21; Fabrizy StPO10 § 345 Rz 12).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde (§§ 344, 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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