OGH 8Ob44/09t

OGH8Ob44/09t19.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die Hofrätin Dr. Glawischnig und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, 1041 Wien, Linke Wienzeile 18, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B*****, vertreten durch Mag. Michael Rudnigger Rechtsanwalt-GmbH in Wien, wegen 4.033 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 21. Jänner 2009, GZ 41 R 206/08-18, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Beklagte hat den im Revisionsverfahren allein noch strittigen Schadenersatzanspruch, der als Rechtsstreitigkeit nach § 502 Abs 5 Z 3 ZPO klageweise geltend gemacht wird, auf § 1111 ABGB gestützt. Die zurückgegebene Wohnung habe sich in einem schlechteren Zustand befunden als dies die gewöhnliche Abnutzung nach 10 Jahren ergebe, und zwar insbesondere die Böden und die Wände der Wohnung. Damit habe die Klägerin gegen ihre Verpflichtung, die Mietsache pfleglich zu behandeln, verstoßen.

Das Erstgericht hat hiezu unter anderem festgestellt, dass bei Ende des Bestandverhältnisses der Teppichboden im Schlafzimmer aufgrund von Durchfeuchtungen Verfärbungen aufwies und die Teppichböden im Flur und im Abstellraum Verschmutzungen zeigten, hingegen die Parkettböden und der Bodenbelag im Vorzimmer und der Küche keinerlei Schäden aufwiesen. Bei den Tapeten stellte das Erstgericht insbesondere eine Verschmutzung (gelblicher Ton) aufgrund von Zigarettenkonsum fest. Ferner stellte es fest, dass die verlegten Teppichböden im Zeitpunkt der Übergabe ihre Nutzungsdauer überschritten hatten, ebenso die Tapeten. Auch bei ordnungsgemäßer und schonender Wohnungsbenutzung hätten diese Teppichböden und Tapeten erneuert werden müssen.

Das Berufungsgericht hat diese Feststellungen des Erstgerichts übernommen. Es ist bei der Bestätigung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts, das den von der Beklagten eingewendeten Schadenersatzanspruch als unberechtigt eingestuft hat, davon ausgegangen, dass als Vergleichsmaßstab nicht eine besonders sorgsame und vorsichtige Benützung herangezogen werden könne, sondern das, was sich ein Vermieter üblicherweise nach einer zehnjährigen Benutzungsdauer erwarten könne.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene außerordentliche Revision der Beklagten vermag keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 ZPO aufzuzeigen.

§ 1111 ABGB legt fest, dass der Mieter haftet, wenn ihn an der Beschädigung des Mietgegenstands oder der „missbräuchlichen" Abnutzung ein Verschulden trifft, erfasst also nicht die gewöhnliche Abnutzung (vgl Würth in Rummel ABGB3 § 1111 Rz 2 mwN; RIS-Justiz RS0020760 mwN; 10 Ob 79/07a).

Hier wurde für den Obersten Gerichtshof bindend festgestellt, dass die konkret verlegten Teppichböden und aufgebrachten Tapeten eine Nutzungsdauer von 10 Jahren haben und auch bei schonender ordnungsgemäßer Wohnungsbenützung erneuert hätten werden müssen.

Soweit es nun die Beklagte als erhebliche Rechtsfrage releviert, ob im Allgemeinen ein Mieter nach zehnjähriger Dauer des Bestandverhältnisses sanktionslos Boden- und Deckenbeläge in beliebigem Zustand, also auch übermäßig abgenützt zurückstellen kann, ist dem schon im Ansatz entgegenzuhalten, dass hier Feststellungen zu den bestandgegenständlichen konkreten Teppichböden und Tapeten getroffen wurden. Soweit Erfahrungssätze zur Feststellung eines konkreten Sachverhalts herangezogen werden, ist dies der Anfechtung in der Revision entzogen (vgl RIS-Justiz RS0039939 mzwN, zuletzt 3 Ob 254/08m). Dass es den Gerichten zusteht, auch Erfahrungssätze im Rahmen ihres Fachwissens heranzuziehen, wurde bereits wiederholt ausgesprochen (vgl RIS-Justiz RS0043518 mzwN).

Da im vorliegend zu beurteilenden Fall also konkrete Feststellungen zu konkreten Teppichböden und Tapeten getroffen wurden, geht es insoweit nicht um die Auslegung, Auffüllung oder Anwendung von - unbestimmten - Rechtsbegriffen, die im Rahmen der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof rechtlich zu beurteilen wäre (vgl dazu RIS-Justiz RS0040668; RS0043493; RS0040648; RS0040668 ua).

Konkrete rechtswidrige (und damit schadenersatzbegründende) Verhaltensweisen, die im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu beurteilen und zu überprüfen wären, wurden im erstgerichtlichen Verfahren gar nicht vorgebracht. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob im Allgemeinen bei jeder Art von Teppichbodenbelag oder jeder Art von Tapete eine bloß zehnjährige Lebensdauer anzunehmen ist, und wie konkrete Beeinträchtigungen durch konkrete Verhaltensweisen der Mieter zu beurteilen sind, ist hier im Ergebnis nicht erforderlich.

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