OGH 5Ob66/09f

OGH5Ob66/09f28.4.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard L*****, vertreten durch Mag. Patrick Harb, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei K***** GmbH (FN *****), *****, vertreten durch Dr. Friedrich Zabini Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 21.013,45 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 22. Jänner 2009, GZ 6 R 205/08a-33, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung

Die Beklagte führte auf einem ihr gehörigen Grundstück mit einer Baubewilligung genehmigte Arbeiten zur Errichtung einer Reihenhausanlage durch. Beim Baugrubenaushub wurde die Dammböschung des vorbeifließenden Baches, die ursprünglich einen Neigungswinkel von 16° aufgewiesen hatte, bis zu einem Winkel von 60° abgegraben; Absicherungsmaßnahmen unterblieben. Nach den Regeln der Technik hätte die Böschung nur mit einem Winkel von 45° errichtet werden dürfen oder es hätten Sicherungsmaßnahmen etwa in Form einer Steinschlichtung oder das Auflegen von Folien (Vliesen) erfolgen müssen, um ein Nachrieseln (Abrutschen) höher gelegenen Materials zu verhindern.

Infolge eines für die Beklagte nicht vorhersehbaren „Jahrhundertniederschlags" kam es im Bachbereich an der Grenze zum nächsten Grundstück zum Verlegen eines Eisengitters, welches ein anderer Liegenschaftseigentümer bis in das Bachgerinne eingebracht hatte. Daraus resultierte ein Rückstau des Baches, der auf der Liegenschaft der Beklagten über die Uferböschung heraustrat und diese sukzessive abtrug, sodass sich letztlich das gesamte Bachwasser auf die Liegenschaft der Beklagten und später dann auf jene des Klägers ergoss.

Die Regenfälle allein (ohne verlegtes Eisengitter) hätten den Dammbruch selbst bei einem Böschungswinkel von 60° nicht herbeigeführt. Bei verlegtem Eisengitter hätte auch ein Böschungswinkel von nur 45° bzw das Auflegen von Folien oder Vliesen den Dammbruch nicht verhindert. Bei Errichtung einer Steinschlichtung an der Dammböschung wäre der Dammbruch zumindest nicht im konkreten Ausmaß eingetreten.

Das Erstgericht verneinte einen gegen die Beklagte bestehenden Anspruch des Klägers auf Ersatz seiner Schäden. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der Kläger macht in seiner außerordentlichen Revision geltend,

a) die Vorinstanzen hätten einen (verschuldensunabhängigen) Ersatzanspruch in analoger Anwendung des § 364a ABGB rechtsirrig verneint. Für einen solchen Anspruch genüge das Vorliegen einer behördlichen Genehmigung, wie etwa einer Baugenehmigung und der dadurch hervorgerufene Anschein der Gefahrlosigkeit der bewilligten Maßnahme, wonach der betroffene Nachbar einen Unterlassungsanspruch nicht rechtzeitig geltend machen könne. Beide genannten Voraussetzungen lägen in casu vor.

b) die Beklagte sei beim Aushub der Baugrube nicht lege artis vorgegangen, weil ein zu hoher Böschungswinkel ausgeführt worden sei. Der Beklagten sei aufgrund der Bodenbeschaffenheit bekannt gewesen (bzw hätte ihr bekannt sein müssen), dass es bei einer Überflutung des Bachdammes zu dessen Bruch kommen könne. Es sei daher nicht zu tolerieren, dass die Beklagte die von ihr geschaffene Gefahrenquelle während ihres Betriebsurlaubs unbeaufsichtigt gelassen habe. Die Beklagte hätte folglich beweisen müssen, warum ihr die Errichtung einer schadensverhindernden Befestigung des Bachdamms in Form einer Steinschlichtung nicht zumutbar gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesen Revisionsausführungen macht der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage geltend:

1. Voraussetzung einer Analogie zu § 364a ABGB ist stets, dass unmittelbar von der Anlage Einwirkungen ausgehen, die für den Betrieb der Anlage typisch sind (RIS-Justiz RS0010670 [insb T5]); mit solcherart „betriebstypischen" Schäden sind adäquat verursachte Folgen gemeint (6 Ob 180/05x = SZ 2005/158 = JBl 2006, 372 [Kleewein] = EvBl 2006/58, 330). Eine fern gelegene primäre Schadensquelle und/oder das Vorliegen von Zwischenursachen kann zur Verneinung einer analogen Anwendung des § 364a ABGB führen (1 Ob 47/87 = SZ 61/7; vgl dazu auch RIS-Justiz RS0010688).

Eigentliche Schadensursache war hier das von einem anderen Liegenschaftseigentümer bis ins Bachgerinne eingebrachte Eisengitter, welches den Abfluss nach einem „Jahrhundertniederschlag" verlegte und zu einem Rückstau des Baches über die Uferböschung führte. All diese Umstände waren von der Beklagten nicht verursacht, für diese nicht vorhersehbar (vgl dazu 7 Ob 2024/96i) und hatten mit deren Baugrubenaushub nichts zu tun. Selbst bei einem den Regeln der Technik entsprechenden Böschungsaushub nur bis zu einem Winkel von 45° oder dem Auflegen von Folien (Vliesen) wäre der Dammbruch unter den gegebenen Umständen nicht zu verhindern gewesen. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage einen adäquaten Zusammenhang zwischen den Bauarbeiten der Beklagten und den beim Kläger eingetretenen Schäden verneinten, so ist darin keine aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erkennen. Die vom Kläger angesprochene Entscheidung 5 Ob 444/97y (immolex 1998/115, 185 [Pfiel] = RdU 1998/121, 148 [Kerschner] = MietSlg 49.539 = ecolex 1998, 763; Dachbodenausbau mit Einwirkungen aus der Abdichtung des Daches und der Verbindung der neuen mit der alten Abwasserinstallation) ist in tatsächlicher Hinsicht mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht ansatzweise vergleichbar.

2. Auch die vom Kläger ebenfalls relevierte Verschuldenshaftung haben die Vorinstanzen zutreffend verneint. Zur Durchführung der Böschungsabsicherung in Form einer Steinschlichtung bestand keine Verpflichtung. Es hätten der Beklagten andere Sicherungsmöglichkeiten, nämlich die Errichtung eines Böschungswinkels von nur 45° bzw das Auflegen von Folien (Vliesen) lege artis zur Verfügung gestanden. Ein solcherart rechtmäßiges Alternativverhalten hätte aber den eingetretenen Schaden nicht verhindert.

Da die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegen, ist die Revision unzulässig und zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte