OGH 4Ob57/09z

OGH4Ob57/09z21.4.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton di L*****, vertreten durch Dr. Teja H. Kapsch, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei L***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Brunner & Kohlbacher Advokatur GmbH in Graz, wegen Räumung, über den Revisionsrekurs (richtig: Rekurs) der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 17. November 2008, GZ 3 R 150/08p-36, mit welchem die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 11. August 2008, GZ 6 C 231/06f-31, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten mangels Beschwer zurück. Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 12. Dezember 2008 zugestellt. Ihr Vertreter gab das dagegen gerichtete, als Revisionsrekurs (richtig: Rekurs) bezeichnete Rechtsmittel am 23. Jänner 2009 zur Post.

Das Erstgericht wies den Rekurs zurück. Die Frist für den Rekurs gegen die Zurückweisung einer Berufung betrage 14 Tage; das Rechtsmittel sei daher verspätet.

Aufgrund eines Rekurses der Beklagten behob das Berufungsgericht (nun als Rekursgericht) den Zurückweisungsbeschluss und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. Da es mit der Zurückweisung der Berufung über einen „prozessualen Rechtsschutzanspruch mit erheblicher materiell-rechtlicher Komponente" entschieden habe, sei „zur Wahrung des Grundsatzes der Waffengleichheit zwischen den Parteien" § 521a ZPO analog anzuwenden; die Rekursfrist betrage daher vier Wochen.

Daraufhin stellte das Erstgericht der Klägerin die Rekursbeantwortung frei. Nach deren Einlangen legte es die Akten dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichts (RIS-Justiz RS0043673) verspätet.

1. Nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ist der Rekurs gegen einen Beschluss des Berufungsgerichts zulässig, sofern dieses die Klage oder die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückweist. Letzteres traf hier zu, führte doch die Verneinung der Beschwer nach ständiger Rechtsprechung zur Zurückweisung - und nicht zu einer inhaltlichen Erledigung - des Rechtsmittels (RIS-Justiz RS0041770).

2. Das Datum der erstinstanzlichen Entscheidung lag vor dem 1. April 2009. Die Fragen der Zweiseitigkeit und der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels sind daher nach Art XIV Abs 2 ZVN 2009, BGBl I 2009/30, noch nach den §§ 521, 521a ZPO idF vor dieser Novelle zu beurteilen.

3. Nach § 521 ZPO aF betrug die Rekursfrist grundsätzlich 14 Tage, eine Ausnahme bildeten nur die Fälle des § 521a Abs 1 Z 1 bis 3 ZPO aF. Die Zurückweisung einer Berufung war dort nicht genannt. Daraus leitete der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung ab, dass die Frist für den Rekurs gegen die Zurückweisung einer Berufung 14 Tage betrage; weiters wurde - ebenfalls wegen der Nichtnennung in § 521 Abs 1 ZPO aF - angenommen, dass das Rekursverfahren einseitig sei (RIS-Justiz RS0098745, RS0043760).

4. Es trifft zwar zu, dass Zechner (in Fasching/Konecny² § 519 ZPO Rz 75) die Auffassung vertrat, die Zurückweisung der Berufung ohne Sachentscheidung betreffe einen prozessualen Rechtsschutzanspruch, weswegen dem Gegner nach Art 6 EMRK eine Beteiligung an einem darüber geführten Rekursverfahren zu ermöglichen sei. Die konventionskonforme Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 521a Abs 1 ZPO aF erfasste aber auch nach seiner Ansicht nur die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens, nicht aber die Länge der Rekursfrist; anderes gelte nur in Fällen, in denen eine Analogie zu § 521a Abs 1 Z 1 bis 3 ZPO aF anzunehmen sei (Zechner in Fasching/Konecny² § 521 Rz 10 f; ebenso E. Kodek in Rechberger, ZPO3, § 521a Z 1 ZPO). Der Oberste Gerichtshof ist dieser Unterscheidung in ständiger Rechtsprechung gefolgt (6 Ob 24/06g mwN; weiters RIS-Justiz RS0121642; zuletzt etwa 4 Ob 63/08f).

5. Aus diesem Grund kann offen bleiben, ob das Rekursverfahren im vorliegenden Fall zweiseitig auszugestalten gewesen wäre. In der Rechtsprechung wurde dies bisher nur für den Fall einer Berücksichtigung nicht aktenkundiger Tatsachen erwogen (RIS-Justiz RS0043760 [T11], RS0098745 [T10]); das traf (auch) hier nicht zu. Aber selbst wenn man ungeachtet dessen Zweiseitigkeit annehmen wollte, beruhte diese doch ausschließlich auf einer konventionskonformen Ausgestaltung des Rechtsmittelverfahrens, nicht jedoch auf einer Analogie zu den in § 521a Abs 1 Z 1 bis 3 ZPO aF konkret genannten Fällen. Damit wäre es jedenfalls bei der bloß vierzehntägigen Rekursfrist geblieben.

6. Aus diesem Grund ist das Rechtsmittel der Beklagten als verspätet zurückzuweisen. Die Klägerin hat in ihrer Rekursbeantwortung nicht auf diesen Umstand hingewiesen. Sie hat deren Kosten daher unabhängig von der Frage, ob ihre Rechtsmittelbeantwortung überhaupt zulässig war, auf jeden Fall selbst zu tragen.

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