OGH 1Ob186/08x

OGH1Ob186/08x31.3.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers DI Dr. ***** Fritz K*****, vertreten durch Dr. Karl Klein, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Lilly ***** K*****, wegen Feststellung der Nichtabstammung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. Juni 2008, GZ 45 R 150/08d-85, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 4. Februar 2008, GZ 2 Fam 2/05k-79, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Antragsteller leitet die Zulässigkeit seines außerordentlichen Rechtsmittels daraus ab, dass das Rekursgericht die (Bestätigung der) Abweisung seines Antrags auf Feststellung der Nichtabstammung vom Ehemann der Mutter (= Antragsgegnerin) unter anderem damit begründet habe, dass eine Exhumierung des verstorbenen Vaters mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte für dessen „Nichtvaterschaft" zum Antragsteller nicht in Betracht komme, und somit - mangels Erörterung der Rechtsansicht, dass konkrete Anhaltspunkte bzw konkretes Vorbringen für die Behauptung der „Nichtvaterschaft" vorliegen müssten - eine „Überraschungsentscheidung" im Sinne des § 182a ZPO vorliege. Dies widerspreche auch dem Untersuchungsgrundsatz des Außerstreitverfahrens. Im Übrigen sei das Vorbringen des Antragstellers ausreichend gewesen, zumal die Antragsgegnerin gar nicht bestritten habe, dass der Verstorbene nicht sein Vater sei. Damit zeigt der Antragsteller jedoch keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG auf.

1. Ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz kann keinen Revisionsrekursgrund bilden (RIS-Justiz RS0050037; RS0030748). Die Nichtzulassung der Exhumierung durch das Erstgericht kann somit in dritter Instanz nicht mehr als Verfahrensmangel geltend gemacht werden.

2. Ebenso kann ein Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens, welcher in der Berufung (im Rekurs) nicht beanstandet wurde, in der Revision (im Revisionsrekurs) nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0043111 [T18, T22]). Dem Antragsteller ist somit auch verwehrt, seine - im Rekurs nicht gerügte - „Nichteinvernahme" durch das Erstgericht im Revisionsrekursverfahren aufzugreifen. Im Übrigen ist es im außerstreitigen Verfahren nicht obligatorisch vorgeschrieben, die Beteiligten mündlich zu vernehmen; es genügt, dass ihnen die Möglichkeit der Stellungnahme eröffnet wird (RIS-Justiz RS0006036).

3. Was den Vorwurf der „Überraschungsentscheidung" betrifft, so muss der Rechtsmittelwerber dartun, dass der Verfahrensmangel erheblich ist, sich also auf das Ergebnis des Verfahrens auswirken. Er hat daher jenes Vorbringen anzuführen, das er - über die relevante Rechtsansicht informiert - erstattet hätte (RIS-Justiz RS0120056 [T7, T8]).

Den Rechtsmittelausführungen des Antragstellers ist keinerlei Vorbringen zur Widerlegung der Rechtsansicht des Rekursgerichts im Sinne der Angabe konkreter Anhaltspunkte für die „Nichtvaterschaft" des Verstorbenen zu entnehmen. Er begnügt sich mit der Behauptung, dass der Antrag „ausreiche für die beantragte Exhumierung", zumal die Antragsgegnerin - seine Mutter - nicht bestritten habe, dass der Verstorbene nicht der Vater sei. Dies ist jedoch unrichtig, weil die Antragsgegnerin erklärte, in der kritischen Zeit nur mit ihrem (späteren, nunmehr verstorbenen) Mann geschlechtlich verkehrt zu haben (AS 27). Diese Erklärung kann wohl nur im Sinne der Bestreitung der „Nichtvaterschaft" verstanden werden. Somit ist es dem Revisionsrekurswerber nicht gelungen, die Erheblichkeit des behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.

4. Schließlich liegt auch keine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes vor, weil der gerichtlichen Erhebungspflicht durch die Mitwirkungspflicht der Parteien Grenzen gesetzt sind (Fucik/Kloiber, AußStrG § 13 Rz 3, § 16 Rz 2). Der Untersuchungsgrundsatz enthebt in jenen Verfahren, die nur über Antrag einzuleiten sind - siehe § 82 Abs 1 AußStrG betreffend das Abstammungsverfahren -, die antragstellende Partei nicht ihrer Verpflichtung, das Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen für den Antrag zu behaupten (vgl RIS-Justiz RS0117902). Im vorliegenden Fall wäre es nicht gerechtfertigt (gewesen), ohne jeglichen konkreten Hinweis auf das Nichtbestehen der Vaterschaft eine Exhumierung des Leichnams des bereits 1985 verstorbenen Ehemanns der Antragsgegnerin vorzunehmen. Im Übrigen hat die Bestimmung des § 85 Abs 4 AußStrG über die subsidiären Beweismittel nicht in erster Linie die Exhumierung zwecks Probenentnahme im Auge (Deixler-Hübner in Rechberger, AußStrG § 85 Rz 5).

Die Entscheidung des Rekursgerichts ist daher jedenfalls vertretbar und stellt keine (grobe) Fehlbeurteilung dar, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre. Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers ist folglich zurückzuweisen.

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