OGH 7Ob27/09k

OGH7Ob27/09k30.3.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Herbert H*****, und 2.) Nina Maria K*****, vertreten durch Lechner Wirleitner Oberlindober Niedermayr Rechtsanwälte in Steyr, gegen die beklagte Partei „e*****" ***** GmbH, *****, vertreten durch Nenning & Tockner, Rechtsanwälte in Steyr, wegen 40.000 EUR (sA), über die Revision der Kläger (Revisionsinteresse 13.000 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21. Oktober 2008, GZ 3 R 112/08y-27, womit das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 11. April 2008, GZ 2 Cg 62/07x-18, infolge Berufung der Beklagten abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Über Vermittlung der beklagten Immobilienmaklerin erwarben die Kläger zwei Liegenschaften mit einem Einfamilienhaus (Wohnfläche 84 m2) zum Kaufpreis von 190.000 EUR. Die Liegenschaften sind mit der öffentlichen Dienstbarkeit eines Abwasserkanals der Stadtgemeinde S***** belastet. Diese Legalservitut schränkt die Bebaubarkeit der Liegenschaften etwas ein, was deren Verkehrswert, der sonst etwa 158.000 EUR betragen würde, um 13.000 EUR auf 145.000 EUR vermindert.

Mit der Klage begehrten die Kläger aus dem Titel des Schadenersatzes 40.000 EUR von der Beklagten. Diese habe ihren Pflichten als Immobilienmaklerin insofern nicht genügt, als sie es unterlassen habe, sich über das Kaufobjekt entsprechend zu informieren. Die Beklagte habe ihnen zugesichert, die Kaufliegenschaften seien grundlastenfrei, und einer Vergrößerung des Hauses stehe nichts im Wege.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie habe den Klägern keine besondere Zusage über die Bebaubarkeit der Liegenschaft gegeben.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin 13.000 EUR zu zahlen. Das Mehrbegehren wies es ab. Der Geschäftsführer der Beklagten habe zumindest schlüssig gegenüber den Klägern erklärt, dass die Liegenschaft lastenfrei sei, ohne die Verkäuferin befragt zu haben. Die Beklagte hafte daher den Klägern für die durch die außerbücherliche Dienstbarkeit der Kanalführung bestehende Wertminderung der Grundstücke um 13.000 EUR.

Die Abweisung des Mehrbegehrens ist unbekämpft in Rechtskraft erwachsen.

Das von der Beklagten hinsichtlich des Zuspruchs von 13.000 EUR angerufene Berufungsgericht änderte die Entscheidung der ersten Instanz dahin ab, dass es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Zwar müsse ein Realitätenvermittler fähig sein, die Belastung eines Grundstücks festzustellen. Bestehe aber für den Makler keine Veranlassung, an der Richtigkeit einer Information zu zweifeln, dürfe er sie weitergeben und sei zu Nachforschungen nicht verpflichtet. Umstände, aufgrund derer der Beklagten die außerbücherliche Dienstbarkeit der Kanalführung zugunsten der Stadt S***** hätte auffallen müssen, stünden nicht fest und seien von den Klägern auch nicht behauptet worden. Ein der Beklagten erkennbarer Sachverhalt, der sie im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten zu weiterem Handeln, etwa zur Einholung von Erkundigungen, ob die Liegenschaften mit außerbücherlichen Dienstbarkeiten oder Legalservituten belastet seien, genötigt hätte, liege nicht vor. Dass der Geschäftsführer der Beklagten die in Rede stehende Dienstbarkeit nicht erhob und die Kläger darauf nicht hinwies, begründe daher keine Verletzung der der Beklagten als Immobilienmaklerin oblegenen Sorgfalts- und Aufklärungspflichten.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob und unter welchen Umständen ein Immobilienmakler verpflichtet sei, in Ansehung der von ihm vermittelten Immobilien das Bestehen von außerbücherlichen Dienstbarkeiten oder Legalservituten zu überprüfen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Kläger, die Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend machen und beantragen, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Ersturteil wiederhergestellt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) unzulässig.

Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wird von den Revisionswerbern geltend gemacht, dass ihnen das Berufungsgericht entgegen § 473a Abs 1 ZPO nicht Gelegenheit gegeben habe, ergänzende Feststellungen betreffend ein Gespräch des Erstklägers mit dem Geschäftsführer der Beklagten über geplante Zubauten zu beantragen. Diese Feststellungen wären in Ergänzung der erstgerichtlichen Feststellung zu treffen gewesen, dass von der Beklagten besondere Zusagen über die Bebaubarkeit der Liegenschaft gegenüber den Klägern nicht abgegeben worden seien.

Die Revisionswerber verkennen damit den Anwendungsbereich des § 468 Abs 2 iVm § 473a ZPO, der sich nicht auf Feststellungsmängel, sondern bloß auf primäre Verfahrensmängel und unrichtige Tatsachenfeststellungen bezieht (RIS-Justiz RS0115460); sind doch (sekundäre) Feststellungsmängel im Rahmen der Rechtsrüge geltend zu machen (1 Ob 124/01v mwN uva). Eine Partei, die in erster Instanz obsiegte, ist somit nicht verpflichtet, sekundäre Feststellungsmängel in der Berufungsbeantwortung zu rügen (EvBl 1998/166 = MietSlg 50.764/16 ua). Wird das Ersturteil im Berufungsverfahren - so wie hier - abgeändert, kann die im zweitinstanzlichen Verfahren unterlegene Partei allfällige Feststellungsmängel in der Revision rügen, was die Kläger ohnehin getan haben. Ausgehend von oberstgerichtlicher Judikatur liegt der von den Revisionswerbern behauptete Verfahrensmangel in Form eines Verstoßes gegen § 473a ZPO daher nicht vor.

Eine erhebliche Rechtsfrage ist auch in Behandlung der Rechtsrüge der Kläger nicht zu beantworten: Unstrittig ist zwischen den Streitteilen ein Maklervertrag zustandegekommen. Die Beklagte hatte gegenüber den Klägern, die Verbraucher sind, die besonderen Aufklärungspflichten des Immobilienmaklers nach § 30b KSchG zu erfüllen. Ein Immobilienmakler ist Sachverständiger im Sinn des § 1299 ABGB. Er hat insbesondere alle wesentlichen allgemeinen Informationen über das Objekt zu erteilen (RIS-Justiz RS0109996; Reischauer in Rummel3 § 1299 Rz 35 mwN). Eine besondere Nachforschungspflicht des Maklers wird in ständiger Rechtsprechung verneint. Besteht für den Makler keine Veranlassung, an der Richtigkeit einer Information zu zweifeln, darf er sie weitergeben und ist zu Nachforschungen nicht verpflichtet (RIS-Justiz RS0112587; Reischauer aaO mwN). Der Makler hat sämtliche Informationen über das Geschäft, sowohl die günstigen als auch die ungünstigen, weiterzugeben, ist aber nicht verpflichtet, sich über die Wahrheit der ihm zugekommenen Informationen zu vergewissern. Er darf lediglich nicht den Eindruck erwecken, er habe den Wahrheitsgehalt überprüft. Eine Aufklärungspflicht, die einer anwaltlichen Beratungstätigkeit gleichkommt, trifft den Makler nicht (RIS-Justiz RS0112587).

Die Beurteilung einer Pflichtverletzung des Maklers ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers vorzunehmen (4 Ob 242/01v; 1 Ob 209/02v; 5 Ob 135/07z). Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit wäre die Entscheidung der zweiten Instanz für den Obersten Gerichtshof nur dann überprüfbar, wenn dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die aus Gründen der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte. Dies ist hier nicht der Fall:

Mangels irgendeines Anhaltspunkts für eine außerbücherliche Dienstbarkeit und im Hinblick darauf, dass im notariellen Kaufvertrag eine Haftung der Verkäuferin dafür vereinbart wurde, dass das Kaufobjekt vollkommen frei von bücherlichen und außerbücherlichen Lasten und Bestandrechten in das Eigentum der Käufer übergehe, bestand für die Beklagte keinerlei Veranlassung, Nachforschungen in Richtung einer außerbücherlichen Servitut anzustellen und insbesondere die Verkäuferin diesbezüglich zu befragen. Fest steht auch, dass der Geschäftsführer der Beklagten gegenüber den Klägern keine besonderen Zusagen über eine Bebaubarkeit der Liegenschaft abgegeben hat. Aus den von den Revisionswerbern unter Berufung auf die Angaben des Erstklägers als Partei begehrten ergänzenden Feststellungen wäre schon deshalb nichts für den Standpunkt der Revisionswerber zu gewinnen, weil nach den Angaben des Erstklägers im Zusammenhang mit geplanten baulichen Erweiterungen „über Carport, Swimmingpool, Gartenhütte etc" gesprochen wurde; es steht weiters fest, dass im Kanalbereich auf einer Gesamtfläche von 124 m2 zwar eine Bebauung für Wohnraum auszuschließen ist, die Errichtung „eines Carports, eines Schwimmbads etc" aber ohnehin möglich ist.

Die Revision ist daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO konnten sich die Rechtsausführungen des Obersten Gerichtshofs auf die Darlegung der Zurückweisungsgründe beschränken.

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