OGH 4Ob210/08y

OGH4Ob210/08y24.3.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei „Ö*****"-***** GmbH, *****, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 70.000 EUR), im Verfahren über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 25. September 2008, GZ 5 R 88/08k-22, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 17. März 2008, GZ 19 Cg 43/07f-15, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Das Verfahren über die Revision wird bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das vom Obersten Gerichtshof zu 4 Ob 154/08p (Rs C-540/08 ) gestellte Vorabentscheidungsersuchen unterbrochen.

Eine Fortsetzung erfolgt nur auf Antrag einer Partei.

Text

Begründung

Die Vorinstanzen verboten der Beklagten, Gewinnspiele als Zugabe zur Tageszeitung anzukündigen und/oder durchzuführen. Begründend verwiesen sie auf die Ankündigung in der Ausgabe vom 9. März, die eine Ankündigung der Fortsetzung des Gewinnspiels enthielt und die Tatsache, dass die Zeitung am 11. März mit den für den Gewinn erforderlichen Angaben nur entgeltlich erhältlich war. Deshalb sei die Eignung zur Nachfrageverlagerung - diese war im Provisorialverfahren ausgehend vom damaligen Vorbringen noch verneint worden - vorhanden (Kaufanreiz). Das ergänzende Vorbringen nach Beendigung des Provisorialverfahrens habe lediglich eine Hilfstatsache enthalten, der Klagegrund sei nicht geändert worden, weshalb Verjährung nicht eingetreten sei.

Rechtliche Beurteilung

Das Verfahren über die Revision der Beklagten ist zu unterbrechen.

1. Die Entscheidung im vorliegenden Verfahren hängt davon ab, ob das Zugabenverbot des § 9a UWG mit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (RL 2005/29/EG) vereinbar ist. Trifft das zu, so wäre das Gewinnspiel als unzulässige Zugabe anzusehen. Die Ablehnung der Verjährungseinrede der Beklagten steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung. Die Klägerin änderte das Klagebegehren nicht, weshalb die Unterbrechungswirkung der Klage aufrecht blieb. Anspruchsbegründender Sachverhalt ist die Ankündigung des Gewinnspiels, die einen (unzulässigen) Kaufanreiz bewirkt, das Vorbringen einer weiteren Einzelmaßnahme (Ausgabe vom 9. März), die den beanstandeten Eindruck auslösen soll, veränderte den Klagegrund nicht.

2. Der Senat hat die Frage, ob das Zugabenverbot mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, dem Europäischen Gerichtshof im Verfahren 4 Ob 154/08p (= MR 2008, 315 - Fußballer des Jahres II; EuGH Rs C-540/08 ) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die dort geäußerten Zweifel gelten auch hier: Ist die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken dahin auszulegen, dass sie das Verbot bestimmter Geschäftspraktiken auch dann erfasst, wenn dieses Verbot (auch) mit Erwägungen des Mitbewerberschutzes begründet ist, so verstieße § 9a UWG gegen den taxativen Charakter der Liste jedenfalls unzulässiger Geschäftspraktiken im Anhang der Richtlinie. Da die zu erwartende Vorabentscheidung über den Anlassfall hinaus zu beachten sein wird (Kohlegger in Fasching/Konecny2 II/2, Anh zu § 190 Rz 351 mwN), wäre ein späteres Verfahren in der Hauptsache nach ständiger Rechtsprechung aus prozessökonomischen Gründen zu unterbrechen (10 ObS 188/98i; RIS-Justiz RS0110583; zuletzt etwa 2 Ob 130/03m; 8 Ob 64/04a und 4 Ob 211/08w; Kohlegger in Fasching/Konecny2 II/2, Anh zu § 190 Rz 262 mwN).

3. Aufgrund dieser Erwägungen ist das Verfahren über den Revisionsrekurs des Klägers bis zum Einlangen der Vorabentscheidung im Verfahren 4 Ob 154/08p (Rs C-540/08 ) zu unterbrechen. Nach Vorliegen der Vorabentscheidung wird das Verfahren nur auf Antrag einer Partei fortgesetzt werden. Eine amtswegige Fortsetzung ist nicht erforderlich, weil diese der Disposition der Parteien unterliegt. Diese können daher zum gegebenen Zeitpunkt zunächst selbst ihre Schlüsse aus der dann vorliegenden Vorabentscheidung zum Zugabenverbot ziehen (4 Ob 211/08w).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte