OGH 3Ob6/09t

OGH3Ob6/09t25.2.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johannes G*****, vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Anita G*****, vertreten durch Dr. Ernst Dejaco, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 14. Juli 2008, GZ 1 R 166/08g-16, womit das Urteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom 24. April 2008, GZ 1 C 28/08x-8, samt Ergänzungsurteil vom 8. Mai 2008, GZ 1 C 28/08x-10, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger ist nach dem Scheidungsvergleich vom 30. März 2006 verpflichtet, der Beklagten einen monatlichen Unterhalt von 560 EUR zu leisten.

Zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstands von 390 EUR für Juni und Juli 2006, laufenden Unterhalts von monatlich 260 EUR ab 10. August 2006 und von 300 EUR ab 1. Februar 2008 wurden der Beklagten Forderungsexekutionen bewilligt.

Der Kläger erhob Einwendungen und begehrte, das Ruhen des betriebenen Unterhaltsanspruchs ab 1. Dezember 2007 wegen einer von der Beklagten eingegangenen Lebensgemeinschaft festzustellen.

Das Berufungsgericht sprach in teilweiser Abänderung der klagestattgebenden Entscheidung des Erstgerichts aus, dass der Unterhaltsanspruch der Beklagten aus dem Scheidungsvergleich vom 30. März 2006 für den Monat Dezember 2007 ruht, und wies das Mehrbegehren, das Ruhen des Unterhaltsanspruchs ab 1. Jänner 2008 festzustellen, ab. Zwar sei die Beklagte im November 2007 eine Lebensgemeinschaft eingegangen, diese sei aber mit Ende des Jahres 2007 mangels Willens zur Fortsetzung beendet.

Als erhebliche Rechtsfrage macht der Kläger geltend, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob eine Lebensgemeinschaft als beendet anzusehen sei, wenn trotz Beibehaltung der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft die "innere Einstellung" der Partner oder eines Partners wegfalle.

a) Im Hinblick darauf, dass das Berufungsgericht den Streitwert im Kopf seiner Entscheidung mit 19.560 EUR angab, ist zur Höhe des Streitwerts Folgendes auszuführen:

Der Streitwert der Oppositionsklage richtet sich nach dem unter Anwendung der Bestimmungen der §§ 54 und 56 JN ermittelten Wert des betriebenen Anspruchs (3 Ob 132/07v; 3 Ob 274/04x ua; Jakusch in Angst, EO, § 35 Rz 84; Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 35 Rz 77, je mwN). Wenn sich eine solche Klage auf einen Unterhaltsexekutionstitel - wie hier - bezieht, ergibt sich der Wert des Entscheidungsgegenstands nach § 58 JN aus der dreifachen Jahresleistung unter Hinzurechnung des betriebenen Unterhaltsrückstands (3 Ob 201/01g = SZ 74/141, 3 Ob 139/04v ua; RIS-Justiz RS0001624). Dies gilt auch für die Beurteilung des Werts des Entscheidungsgegenstands im Sinn des § 502 ZPO. Eine Bewertung des Streitgegenstands durch das Gericht zweiter Instanz hat nicht stattzufinden (3 Ob 274/04x). Die Bewertungsvorschriften des § 58 JN sind zwingendes Recht; eine abweichende Bewertung bindet das Gericht nicht (3 Ob 274/04x mwN).

Rechtliche Beurteilung

Für den vorliegenden Fall, in dem von der Beklagten Exekution zur Hereinbringung laufenden Unterhalts und eines Unterhaltsrückstands geführt wird, ergibt sich daher:

Maßgebend für den laufenden Unterhalt ist gemäß § 58 Abs 1 JN das Dreifache der Jahresleistung, somit 20.160 EUR (560 EUR laut Scheidungsfolgenvergleich vom 30. März 2006 x 36). Ob der hier nicht in den Zeitraum der behaupteten Lebensgemeinschaft fallende Rückstand hinzuzurechnen ist, ist ohne Belang, weil die Heranziehung des laufenden Unterhalts zu einem 20.000 EUR übersteigenden Streitgegenstand führt. Bei einem - wie hier - somit 20.000 EUR übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstands und Nichtzulassung der ordentlichen Revision durch das Berufungsgericht besteht die Möglichkeit, eine außerordentliche Revision (§ 505 Abs 4 ZPO) zu erheben.

b) Diese ist aber nur dann zulässig, wenn eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt. Eine solche wird vom Revisionswerber aber nicht aufgezeigt:

Nach der Rechtsprechung sind Kriterien für die Annahme einer Lebensgemeinschaft die Eheähnlichkeit, das Zusammenspiel der Elemente Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft und schließlich eine gewisse Dauer im Sinn der Einrichtung der Gemeinschaft auf eine gewisse zeitliche Dauer. Es muss ein Verhältnis vorliegen, das dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht (3 Ob 132/07v; 3 Ob 274/04x ua; RIS-Justiz RS0047043), also mit dem aus einer seelischen Gemeinschaft resultierenden Zusammengehörigkeitsgefühl (RIS-Justiz RS0047064). Doch kann wie auch in einer Ehe, bei der die Ehegatten nach § 91 Abs 1 ABGB ihre eheliche Lebensgemeinschaft unter Rücksichtnahme aufeinander einvernehmlich gestalten sollen, das eine oder andere Merkmal fehlen (stRsp, für viele 2 Ob 314/98k).

Dass das Berufungsgericht für die Annahme einer den Unterhaltsanspruch der Beklagten ruhen lassenden Lebensgemeinschaft das auf Dauer gerichtete Zusammengehörigkeitsgefühl der Partner für erforderlich hielt und die Lebensgemeinschaft nach dessen Wegfall für beendet ansah, entspricht daher den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Da die Frage nach dem Vorliegen einer Lebensgemeinschaft immer nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu beurteilen ist, wirft sie regelmäßig keine Fragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf (RIS-Justiz RS0047000, T1, T7 und T9).

Die Revision ist daher zurückzuweisen.

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