OGH 13Os185/08t

OGH13Os185/08t19.2.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Februar 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schörghuber als Schriftführerin in der Strafsache gegen Zoran M***** und eine Angeklagte wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Zoran M***** und Snezana G***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 6. Juni 2008, GZ 43 Hv 23/07v-95, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Zoran M***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I/1) sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I/2) und Snezana G***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 12 dritter Fall, 201 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach haben sie am 3. Juli 2007 in K***** in der Schweiz

I. Zoran M***** Violetta B*****

1. mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er sie zu Boden drückte, ihr Schläge gegen Kopf und Körper versetzte und mit zumindest einem Finger in ihre Scheide eindrang;

2. vorsätzlich am Körper verletzt, indem er sie würgte und ihr dadurch Prellungen und Hämatome im Halsbereich zufügte;

II. Snezana G***** zur Ausführung der unter I/1 genannten Vergewaltigung des Zoran M***** beigetragen, indem sie ihn durch Anfeuern in seinem Tatentschluss bestärkte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen - in einem gemeinsamen Schriftsatz ausgeführten - aus dem Grunde der Z 10, von Snezana G***** auch aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten wenden sich ausdrücklich bloß gegen die Schuldsprüche wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB. Sie verfehlen ihr Ziel. Dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 erster Fall) der Zweitangeklagten zuwider sind die Feststellungen zu einem von der Beschwerdeführerin geleisteten Beitrag zur Ausführung der Vergewaltigung nicht undeutlich.

Nach den - im Rechtsmittel zudem lückenhaft zitierten - Urteilsannahmen hat Snezana G*****, die während der Angriffe mit dem gemeinsamen Enkelkind „auf der Seite stand", Zoran M***** in seinem Tatentschluss, Violetta B***** zu vergewaltigen, bestärkt (US 2), indem sie ihn schon zu Beginn der Gewaltanwendung gegen die Genannte und (durch den Zuruf „Diese Schlampe, diese Hure!") auch dann noch weiter anfeuerte, als er das Tatopfer am Boden festhielt, ihr den kniekurzen Rock in die Höhe und den Slip auf die Seite schob, ihr zumindest einen Finger in die Scheide „steckte" und dabei schrie:

„Ich reiß dir die Gebärmutter raus", wobei es ihr - wie auch dem Erstangeklagten - darauf ankam, Violetta B***** zu demütigen und zu zwingen, das Einführen eines Fingers in ihre Scheide zu dulden, und die Angeklagte Zoran M***** durch ihre Zurufe in seinem Vorhaben unterstützen wollte (US 6 f), was an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt.

Indem die Rüge die konstatierten Äußerungen der Beschwerdeführerin unsubstantiiert als bloße Beschimpfungen interpretiert, stellt sie den gegenteiligen Urteilsannahmen zum Bedeutungsinhalt der Zurufe bloß eigene Auffassungen gegenüber und verlässt solcherart den Anfechtungsrahmen einer Mängelrüge.

Dass die Tatrichter ihre Überzeugung vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite aus dem objektiven Verhalten ableiteten (US 11), begegnet - dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider - aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken. Denn der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wissen und Wollen ist nicht zu beanstanden und bei leugnenden Angeklagten in der Regel methodisch gar nicht zu ersetzen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452). Die - von den Beschwerdeführern gemeinsam ausgeführte - Subsumtionsrüge (Z 10) lässt die prozessordnungsgemäße Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes vermissen, indem sie nicht darlegt, welchem Strafgesetz die Taten nach Ansicht der Rechtsmittelwerber bei richtiger Gesetzesauslegung unterzogen hätten werden müssen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 644) und ferner die bloße Behauptung, der Tatbestand des § 201 Abs 1 StGB sei nur bei auf die Befriedigung des Geschlechtstriebs gerichtetem Tätervorsatz verwirklicht, wofür die - erneut unvollständig wiedergegebenen - Urteilsannahmen gerade nicht sprächen, nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ableitet. Zwar ist es grundsätzlich ohne weiteres zulässig, an einer vom Obersten Gerichtshof vorgenomenen Ableitung anzuknüpfen, die bloße Berufung auf „die Judikatur des Obersten Gerichtshofs ... (SSt 60/70)" vermag hier die fehlende Argumentation der Rechtsmittelwerber (iS eines Verweises auf eine ihre Ansicht inhaltlich stützende frühere Rechtsprechung [vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 590; Schroll/Schillhammer, AnwBl 2006, 455; 13 Os 151/03, JBl 2004, 531]) aber nicht zu ersetzen.

Indem die Beschwerdeführer nämlich aus der von der Rechtsprechung entwickelten Definition einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung (wonach es - auch nach der in der Beschwerde zitierten - Entscheidung gerade nicht darauf ankommt, dass die Tathandlung der geschlechtlichen Befriedigung der Partner dient; RIS-Justiz RS0094905 und RS0113816) ohne weiteres den eigenständigen Schluss ziehen, „der Tatvorsatz der Befriedigung des Geschlechtstriebs" stelle sich „als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal" dar, verfehlen sie den Bezug zum Gesetz.

Mit Blick auf ein allfälliges Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei darauf hingewiesen, dass eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung vorliegt, wenn ein (wie hier: vom Vorsatz umfasster [US 6 f]) objektiver Sexualbezug der Manipulation zu bejahen ist und die Tathandlung bei fallspezifischer Gesamtbetrachtung nach der Intensität der sexuellen Inanspruchnahme und der Schwere des Eingriffs in die Sexualsphäre dem Beischlaf entspricht (RIS-Justiz RS0094905 und RS0113816; vgl auch Schick in WK² [2006] § 201 Rz 21 ff iVm § 202 Rz 10; Kienapfel/Schmoller StudB BT III Vorbem §§ 201 ff Rz 30), was auf das von erheblicher Gewaltanwendung und der Androhung, dem Tatopfer „die Gebärmutter herauszureißen" begleitete und mit Verletzungsfolgen an der Schleimhaut zwischen den Schamlippen verbundene Einführen zumindest eines Fingers in die Scheide des Opfers (US 6 f) jedenfalls zutrifft.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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