OGH 7Ob11/09g

OGH7Ob11/09g11.2.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erika Elisabeth E*****, vertreten durch Dr. Susanne Pertl, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Jörg K*****, vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder & Partner Rechtsanwälte in Wien, wegen 53.000 EUR (sA) und Feststellung, über den Rekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. November 2008, GZ 15 R 231/08p-76, mit dem die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 17. Juli 2008, GZ 1 Cg 84/06i-67, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Ersturteil wurde der Klagevertreterin am 30. Juli 2008, somit in der verhandlungsfreien Zeit (§ 222 ZPO) zugestellt. Die dagegen von der Klägerin erhobene Berufung wurde am 23. September 2008 zur Post gegeben. Das Berufungsgericht wies die Berufung als verspätet zurück. Es folgte dabei der einhelligen Judikatur, dass im Fall einer Urteilszustellung während der verhandlungsfreien Zeit zwischen 15. Juli und 25. August die 4-wöchige Berufungsfrist (§ 464 Abs 1 ZPO), soweit es sich - wie im vorliegenden Fall - um keine Ferialsache (§ 224 ZPO) handelt, am 26. August, 00:00 Uhr beginnt und am 22. September, 24:00 Uhr endet (RIS-Justiz RS0036496), sofern dieser Tag kein Samstag oder Sonntag ist, was für den 22. September 2008 (ein Montag) zutrifft.

Der von der Klägerin dagegen erhobene (einseitige: 1 Ob 274/06k; Kodek in Rechberger3 § 519 Abs 1 Z 1 ZPO Rz 7) Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO - unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstands und dem Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage - zwar jedenfalls zulässig (Kodek aaO Rz 1 und 6; Zechner in Fasching/Konecny2 § 519 ZPO Rz 12); er ist aber nicht berechtigt.

Die Rekurswerberin vertritt, den Ausführungen Schumachers in AnwBl 2006, 583 folgend, die Ansicht, die Berufungsfrist habe erst am 23. September 2008 geendet. Die ständige oberstgerichtliche Rechtsprechung, dass im Fall der Zustellung des Urteils innerhalb der Sommergerichtsferien die 4-wöchige Berufungsfrist mit Ablauf des 22. September ende, finde im Gesetz keine Deckung. Im Wesentlichen wird argumentiert, die korrekte Befolgung der Verlängerungsregel des § 225 Abs 1 ZPO führe jeweils dazu, dass die Berufungsfrist nicht schon am 22. September ende, sondern durch die Addition des bei ihrem Beginn am Zustelltag „noch übrigen Teils der verhandlungsfreien Zeit" in den 23. September hineinreiche. Vom Gesetz werde nämlich die „Zugabe" der restlichen Stunden des „Auslösertags" im Sinn des § 125 Abs 1 ZPO bei Verlängerung der Frist ebenso in Kauf genommen wie die Nichtverrechnung der noch offenen Stunden des „Auslösertags" bei Fristberechnung außerhalb der verhandlungsfreien Zeit.

Diese Ausführungen können nicht überzeugen. Es ist daran festzuhalten, dass bei Beginn des Laufs einer Frist in der verhandlungsfreien Zeit als fristauslösendes Ereignis immer der Ablauf des letzten Ferientags anzusehen ist (Gitschthaler in Rechberger3 §§ 124 bis 126 ZPO Rz 8 mwN; RIS-Justiz RS0036272). Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 4 Ob 61/93 EvBl 1993/195, 813 = RZ 1994/60, 197 ausgesprochen hat, kann im Fall der Zustellung in den Gerichtsferien die Berechnungsregel des § 125 Abs 2 ZPO dann nicht ohne weiteres wörtlich angewendet werden, wenn der gemäß § 225 Abs 1 ZPO außer Betracht zu lassende „übrige Teil der Gerichtsferien" weder genau eine Woche noch mehrere ganze Wochen umfasst. Die Berechnungsregel ist in diesem Fall nur dann brauchbar, wenn man - indem man die Zeit der Fristenhemmung gemäß § 225 Abs 1 ZPO fiktiv dem Zeitpunkt der Zustellung vorausgehen lässt - als Tag der Zustellung den letzten Tag der Gerichtsferien annimmt; der letzte Tag der Frist entspricht dann in seiner Benennung diesem Tag.

Die - soweit überblickbar - vereinzelt gebliebene Kritik Schumachers veranlasst nicht, von der in ständiger Rechtsprechung vertretenen Ansicht, die auch im Schrifttum geteilt wird (Gitschthaler aaO; Buchegger in Fasching/Konecny² II/2 § 126 ZPO Rz 11 ff) abzugehen (vgl in jüngerer Zeit etwa 2 Ob 57/08h Zak 2008/344, 198). Bei lebensnaher Betrachtung erscheint es von vorne herein naheliegend, dass bei Zustellung in der verhandlungsfreien Zeit im Sommer die in dieser Zeit gehemmte 4-wöchige Berufungsfrist sofort nach Ablauf der verhandlungsfreien Zeit, also am 26. August, 00:00 Uhr, beginnt und daher am 22. September endet. Im Übrigen machen es inzwischen auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung erstellte Berechnungsanleitungen und Fristentabellen jedem Rechtsanwalt leicht, das Fristende bei Hemmung der Rechtsmittelfrist in jeder Konstellation zu erkennen (s etwa die von Kolmasch in Zak 2008/389, 230 erstellte Tabelle für das Jahr 2008).

Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

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