OGH 5Ob290/08w

OGH5Ob290/08w27.1.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Veith, Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Werner G*****, vertreten durch Dr. Klaus Fürlinger und Dr. Christoph Arbeithuber, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei A*****, vertreten durch Weixelbaum, Humer & Partner Rechtsanwälte OG in Linz, wegen

10.800 EUR sA und Feststellung (Streitwert 2.500 EUR), Revisionsstreitwert: 5.750 EUR sA und Feststellung über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. November 2008, GZ 6 R 94/08y-65, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung

Unbekämpft lässt die außerordentliche Revision die Entscheidung des Berufungsgerichts über die zivilrechtliche Haftung der Beklagten als Rechtsträgerin des UKH Linz für die Folgen eines Unfalls des Klägers im UKH Linz, bei dem der Kläger eine Meniskusruptur erlitt. Mit seiner außerordentlichen Revision bekämpft der Kläger nur mehr die Abweisung eines Leistungsbegehrens von 5.750 EUR sA und die Abweisung des Feststellungsbegehrens hinsichtlich der Haftung für sämtliche Folgen der - angeblich - nicht kunstgerecht vorgenommenen Kniebehandlung in der Zeit vom 27. 4. bis 23. 5. 2003. Bereits im ersten Rechtsgang hat das Berufungsgericht den diesbezüglichen Anspruchsteil in einem unbekämpfbaren Aufhebungsbeschluss abschließend negativ beurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Während sich für das Erstgericht und folgend das Berufungsgericht im zweiten Rechtsgang daraus eine Bindung an diese Rechtsansicht ergab (vgl RIS-Justiz RS0042031; RS0042014; RS0042173), ist der Oberste Gerichtshof daran nicht gebunden (vgl RIS-Justiz RS0042168), sodass die im Aufhebungsbeschluss vom 18. 1. 2007, GZ 6 R 204/06x-44 des Oberlandesgerichts Linz vertretene Rechtsansicht - unter den Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO - vom Obersten Gerichtshof überprüfbar ist.

Der Kläger geht auf Basis der maßgeblichen erstgerichtlichen Feststellungen davon aus, dass sich bei der von ihm erlittenen Wundinfektion ein typisches Operationsrisiko der Knieoperation (Einsetzen einer Kreuzbandplastik) verwirklichte, das auch bei größter Sorgfalt und fehlerfreier Behandlung nicht sicher zu vermeiden war. Daraus leitet er eine verschärfte, besonders ins Detail gehende, auch die prozentuelle Möglichkeit des Risikoeintritts umfassende Aufklärungspflicht ab, die auch eine Information über die Dauer des Heilungsprozesses und eine konkrete Aufklärung über die Art und das Ausmaß von möglichen Folgeeingriffen für den Fall der Verwirklichung des Risikos enthalten hätte müssen, um dem Kläger als Patienten die volle Wahlmöglichkeit zu gewährleisten. Im vorliegenden Fall sei eine vollständige Aufklärung (über die im Fall der Risikoverwirklichung notwendigen Folgeeingriffe) erst erfolgt, als sich das Risiko schon verwirklicht hatte.

Dass dem Kläger schon vor der ersten Knieoperation die Risken und Gefahren der Operation und dabei auch die Möglichkeit einer Wundinfektion erläutert wurden und der Kläger dennoch seine Zustimmung zum Eingriff erteilte, steht fest. Weiters steht fest, dass die beim Kläger eingetretene Infektion schicksalhaft war und nicht durch vermeidbare fehlerhafte Handlungen oder Unterlassungen der Beklagten verursacht wurde.

Das Berufungsgericht ist insoweit auch von einer ausreichenden und vollständigen Erfüllung der ärztlichen Aufklärungspflicht hinsichtlich des verwirklichten Risikos einer Wundinfektion ausgegangen. Eine Notwendigkeit der Aufklärung auch über Art und Ausmaß einer Folgebehandlung für den Fall des Risikoeintritts schon vor der ersten Operation hat das Berufungsgericht als Überspannung der ärztlichen Aufklärungspflicht abgelehnt.

Diese Rechtsansicht hält sich im Rahmen der zu Fragen des Umfangs der ärztlichen Aufklärungspflicht ergangenen Rechtsprechung. Entscheidend ist nämlich, dass der Patient als Aufklärungsadressat die für seine Entscheidung maßgebenden Kriterien erfährt, die ihn in die Lage versetzen, die Tragweite seiner Zustimmung zum Eingriff zu überblicken (vgl RIS-Justiz RS0026499 [T6]; RS0026426 [T1]; RS0026473 [T2]; RS0026413; RS0026313 [T13]). Dazu gehört auch die verschärfte Aufklärungspflicht bei Vorliegen einer typischen Gefahr des Eingriffs (vgl RIS-Justiz RS0026340), die selbst bei fehlerfreier Durchführung nicht zu vermeiden ist (RIS-Justiz RS0026340 [T15]), wenn es sich dabei um erhebliche Risken handelt, die auch geeignet sind, die Entscheidung des Patienten zu beeinflussen (RIS-Justiz RS0026581 [T6]; RS0026340 [T1]).

Nach dem dargestellten Zweck der Aufklärungspflicht versteht sich von selbst, dass sie auch die Darstellung der Schwere des Risikos umfasst, was gleichbedeutend ist mit einer Darstellung der Art der Gesundheitsbeeinträchtigung, die aus dem verwirklichten Risiko resultieren kann. Nur in diesem Zusammenhang könnte fraglich sein, inwieweit schon vor Inangriffnahme der Heilbehandlung über Art und Umfang einer allenfalls notwendigen Folgebehandlung im Fall der Verwirklichung eines schwerwiegenden Risikos aufgeklärt werden muss. Wann und in welchem Umfang eine solche Aufklärung erfolgen muss, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Jedenfalls werden in diesem Zusammenhang die Intensität einer Gesundheitsbeeinträchtigung, die Schwere eines allfällig notwendigen Eingriffs und seine möglichen Folgen sowie auch die Frage der Notwendigkeit des Ersteingriffs von Bedeutung sein. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, treffen diese für eine besondere Aufklärungspflicht sprechenden Voraussetzungen auf die jedem operativen Eingriff anhaftende Gefahr einer Wundinfektion, die auch bei Anwendung allergrößter Sorgfalt und fehlerfreier Durchführung des Eingriffs nicht sicher zu vermeiden ist, nicht zu. Jede andere Lösung würde zu einer nicht zu rechtfertigenden Ausuferung der ärztlichen Aufklärungspflicht führen. Hat daher der behandelnde Arzt über diese typische Gefahr aufgeklärt, so hat er damit dem Zweck der Aufklärungspflicht, seinem Patienten die Tragweite des Eingriffs zu verdeutlichen, um ihm ausreichende Entscheidungsgrundlagen für oder gegen die Behandlung zu geben, Genüge getan. Einer konkreten Aufklärung über die Behandlungsmöglichkeiten einer Wundinfektion bedarf es nicht. Damit hängt auch die vom Revisionswerber relevierte Frage der Dauer seines Krankenstands zusammen. Wurde er auf typische Risken einer Operation hingewiesen, ist für ihn ausreichend erkennbar, dass sich bei Verwirklichung eines solchen Risikos die Heilungsdauer verlängern werde.

Insgesamt liegen damit erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 508a Abs 2 ZPO.

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