OGH 3Ob262/08p

OGH3Ob262/08p17.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Raits Ebner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wider die verpflichtete Partei Sven L*****, wegen 79.551,29 EUR sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Pfandgläubigers Land Salzburg, vertreten durch Univ.-Prof. Dr. Friedrich Harrer und Dr. Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 20. August 2008, GZ 53 R 265/08i-41, womit der Rekurs des Pfandgläubigers gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 28. April 2008, GZ 9 E 2488/07b-30, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

In der Versteigerungstagsatzung vom 28. April 2008 wurden mit Wohnungseigentum verbundene Anteile einer dem Verpflichteten gehörigen Liegenschaft einem Ersteher um das Meistbot von 96.000 EUR zugeschlagen. Gegen die Zuschlagserteilung erhob das Land Salzburg als Pfandgläubiger erst am 4. Juni 2008 Rekurs, weil es von der Anberaumung des Versteigerungstermins nicht verständigt und das Versteigerungsedikt irrtümlich dem Finanzamt zugestellt worden war. Erst durch Zustellung des Grundbuchsbeschlusses über die Anmerkung des Eigentumserwerbs des Erstehers habe der Rekurswerber Kenntnis vom Versteigerungstermin erlangt.

Das Rekursgericht wies den Rekurs des Pfandgläubigers als unzulässig zurück. Auch wenn ihm das Versteigerungsedikt gemäß § 171 EO hätte zugestellt werden müssen, sei er zum Rekurs nur entsprechend der Bestimmung des § 187 Abs 1 EO legitimiert. Danach könne der Beschluss, durch welchen der Zuschlag erteilt worden sei, nur von denjenigen Personen mittels Rekurs angefochten werden, welche im Versteigerungstermin anwesend und wegen Erhebung des Widerspruchs zu befragen gewesen seien. Der in § 184 Abs 1 Z 3 EO angeführte Mangel (Unterlassung der Verständigung vom Versteigerungstermin) müsse innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach dem Versteigerungstermin mit Rekurs geltend gemacht werden. Der Rekurswerber sei in der Versteigerungstagsatzung nicht anwesend gewesen, sodass er den Zuschlag nur wegen des Unterbleibens der Verständigung bekämpfen könne. Die Rekursfrist des § 187 Abs 1 EO sei aber nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung eine absolute Frist, die am Tag der Versteigerung zu laufen beginne, wenn der Zuschlag (wie hier) bereits im Versteigerungstermin erteilt worden sei. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil zur Rechtsmittelbeschränkung des § 187 Abs 1 EO eine gesicherte oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Mit seinem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt der Pfandgläubiger die ersatzlose Behebung der Zurückweisung seines Rekurses und den Auftrag an das Erstgericht, das Zwangsversteigerungsverfahren fortzusetzen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO nicht zulässig:

Die angefochtene Entscheidung steht mit der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung im Einklang, dass die in § 187 Abs 1 EO festgelegte Rekursfrist von 14 Tagen absolut, also auch gegenüber einem vom Versteigerungstermin versehentlich nicht verständigten Beteiligten gilt (RIS-Justiz RS0003220, zuletzt 3 Ob 146/07b), dass die Rekursfrist nicht erst mit der Zustellung des schriftlich ausgefertigten Beschlusses über die Zuschlagserteilung, sondern schon ab der Verkündung der Zuschlagserteilung in der Versteigerungstagsatzung zu laufen beginnt (3 Ob 59/87 = RZ 1988/18) und die gesetzliche Regelung verfassungskonform ist, weil die mit ihr verbundene Härte für den vom Versteigerungstermin nicht Verständigten im Interesse der Rechtssicherheit für den Ersteher in Kauf genommen werden müsse (3 Ob 59/87 unter Hinweis auf 3 Ob 116/81; 3 Ob 112/05z).

Entgegen den Revisionsrekursausführungen liegt hier nicht schon deshalb eine erhebliche Rechtsfrage vor, weil im Schrifttum Kritik gegen die oberstgerichtliche Rechtsprechung, die die absolute Wirkung der Rekursfrist des § 187 Abs 1 EO auch bei Prozessunfähigkeit des Verpflichteten bejaht (dazu Angst in Angst, EO², § 189 Rz 1), geäußert wurde. Hier geht es um den Rekurs eines voll geschäftsfähigen Pfandgläubigers.

Auch die weiteren Rechtsmittelargumente lösen keine Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Rechtsprechung aus. Der Anregung, den Verfassungsgerichtshof mit der Prüfung der gesetzlichen Regelung zu befassen, ist nicht zu folgen:

Dass das Gesetz den Beginn der Rekursfrist nicht mit der Zustellung der schriftlichen Beschlussausfertigung, sondern schon mit der Verkündung des Beschlusses über die Zuschlagserteilung in der Versteigerungstagsatzung festlegt, hat offenkundig den Zweck, schon in der Tagsatzung alle relevanten Rechtsfragen zu klären und dem Ersteher nach Ablauf der Rekursfrist endgültig Sicherheit zu bieten. Ohne absolute Wirkung der Rekursfrist wäre diese Sicherheit nicht gegeben, weil dann immer mit der Gefahr einer möglicherweise erst nach Jahren erfolgenden Rekurserhebung gerechnet werden müsste. Der vom Revisionsrekurswerber angestrebte Beginn der Rekursfrist ab Zustellung der Ausfertigung des Beschlusses über die Zuschlagserteilung führte zwar nur zu einer zeitlich begrenzten, kurzen Verlängerung der für den Ersteher unsicheren Rechtslage, trüge aber die Gefahr der Verlängerung der Rechtsunsicherheit dann in sich, wenn auch dieser Beschluss, wie schon zuvor die Verständigung nach § 171 EO dem Buchberechtigten nicht zugestellt wird. Dass die Rechtslage nach § 187 Abs 1 letzter Satz EO den Beginn der Rekursfrist anders regelt als sonst vorgesehen (vgl §§ 426, 521 ZPO) und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (vgl § 477 Abs 1 Z 4 ZPO; § 7 Abs 3 EO) in Kauf nimmt, ist verfassungsrechtlich deshalb nicht bedenklich, weil sich die Buchberechtigten auch ohne Verständigung vom Versteigerungstermin über diesen informieren können. Das Versteigerungsedikt, das gemäß § 170 Z 5 EO die Zeit und den Ort der Versteigerung zu enthalten hat, ist gemäß § 170b Abs 1 EO öffentlich bekannt zu machen, und zwar gemäß § 71 Abs 1 EO durch Aufnahme in die Ediktsdatei, das ist die gemäß § 89j GOG vom Bundesministerium für Justiz eingerichtete, allgemein zugängliche Datenbank. Im Hinblick auf diese Veröffentlichungsform kommt der im § 171 EO angeordneten Verständigungspflicht nicht die überragende Bedeutung zu, wie sie sonst bei einem Ausschluss eines Beteiligten vom Verfahren gegeben wäre. Entgegen dem Revisionsrekursvorbringen liegen für die Rekursbeschränkung sachliche Gründe im Vergleich zur Rechtslage im Zivilprozess vor. Im Interesse der Rechtssicherheit sind zugunsten des Erstehers gewisse Härten für den nicht verständigten, buchberechtigten Pfandgläubiger in Kauf zu nehmen. Dies ist nicht Ergebnis einer verfassungsrechtlich bedenklichen Güterabwägung oder einer bedenklichen Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens (Art 6 MRK). Solche Bedenken kann der Revisionsrekurswerber mit den relevierten wirtschaftlichen Interessen des Pfandgläubigers nicht begründen. Durch den Entzug der Teilnahmemöglichkeit am Versteigerungstermin wird dem Pfandgläubiger die Sachhaftung nur in dem Fall entzogen, dass die Pfandforderung im Meistbot keine Deckung findet, dann verliert er durch die unverschuldete Unkenntnis vom Versteigerungstermin nur die wirtschaftlich sicher sinnvolle Möglichkeit, sich am Bieterverfahren zu beteiligen und die Liegenschaft allenfalls auch selbst zu ersteigern, um sie später zu einem besseren Preis verkaufen zu können, als er in der Versteigerungstagsatzung erzielbar ist. Dieses Interesse allein führt aber noch nicht dazu, ein Übergewicht der Interessen des Pfandgläubigers gegenüber denen des Erstehers annehmen und die Rechtsmittelbeschränkung des § 187 Abs 1 EO als verfassungsrechtlich bedenklich erachten zu müssen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO und § 78 EO).

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