OGH 8Ob146/08s

OGH8Ob146/08s16.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Hon.‑Prof. Dr. Kuras und die Hofrätinnen Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johanna W*****, vertreten durch Schöpf Maurer & Bitschnau Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Dr. Christoph Koller, Rechtsanwalt in Seekirchen am Wallersee, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Verlassenschaft nach dem ***** Robert Wolfgang W*****, wegen 23.940 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 6. Oktober 2008, GZ 54 R 155/08w‑7, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0080OB00146.08S.1216.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mit ihren Ausführungen, dass sich der Rechtsstreit auf die Frage konzentriere, ob eine auf Mietzinsrückstände gestützte Klage betreffend Zeiträume vor Konkurseröffnung trotz Konkurses (gegen den Masseverwalter) anhängig gemacht werden könne oder ob sich die von beiden Vorinstanzen bejahte Prozesssperre gemäß § 6 KO ungeachtet des Pfandrechts gemäß § 1101 ABGB auch auf solche Rechtsstreitigkeiten beziehe, und dass diese Frage vom Rekursgericht nicht im Sinn der (behauptetermaßen uneinheitlichen) OGH‑Judikatur beantwortet worden sei, zeigt die Rechtsmittelwerberin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO auf.

Eine Mietzins- (und Räumungs‑)klage betrifft grundsätzlich das zur Konkursmasse gehörige Vermögen (5 Ob 187/02i; RIS‑Justiz RS0020903 [T5]; RS0063776 [T5]).

Eine offene Bestandzinsforderung bis zur Konkurseröffnung stellt eine Konkursforderung dar (RIS‑Justiz RS0064127; Oberhammer in Konecny/Schubert, KO § 23 Rz 62 mwN).

Das gesetzliche Bestandgeberpfandrecht nach § 1101 ABGB stellt ein Absonderungsrecht dar, das von der Konkurseröffnung unberührt bleibt, allerdings der zeitlichen Beschränkung des § 48 Abs 4 KO unterliegt (Deixler‑Hübner in Konecny/Schubert, § 11 KO Rz 5 mwN; Schulyok in Konecny/Schubert, § 48 KO Rz 104 mwN). Der Vermieter realisiert sein Pfandrecht durch pfandweise Beschreibung, die auch nach Konkurseröffnung zulässig ist, weil sie kein richterliches Befriedigungsrecht begründet. Diese kann entweder nach den Bestimmungen des HfD 5. 11. 1819 JGS 1621 bei bereits eingebrachter Mietzinsklage gegen den Masseverwalter oder nach den §§ 381 ff EO als einstweilige Verfügung bewilligt werden. Im Konkurs wird vom Erfordernis der Klage abgesehen und dieser die Forderungsanmeldung gleichgehalten (MietSlg 32.185; Deixler‑Hübner aaO Rz 5 mwN; Reckenzaun, Das gesetzliche Bestandgeberpfandrecht, 76 f; Schulyok aaO Rz 105 mwN).

Die Rechtsmittelwerberin hat mit ihrer Mahnklage vom 9. 9. 2008 Mietzinse und Betriebskostenrückstände für Jänner 2008 bis zur Konkurseröffnung (27. 8. 2008) in Höhe von insgesamt 23.940 EUR sA geltend gemacht und hat mit dieser Klage den (mit Beschluss vom 19. 9. 2008 rechtskräftig bewilligten und auch vollzogenen: ON 4, 8 und 9) Antrag auf pfandweise Beschreibung der in den vermieteten Räumlichkeiten befindlichen „Einrichtungsgegenstände, Wirtschaftsgüter und Fahrnisse der verpflichteten Partei" verbunden. Ungeachtet dieses der Klägerin zustehenden gesetzlichen Pfandrechts nach § 1101 ABGB, kann ein Absonderungsgläubiger wegen der Prozesssperre gemäß § 6 Abs 1 KO und der Exekutionssperre gemäß § 10 Abs 1 KO nach Fälligkeit seiner Forderung nur aus dem Titel eines dinglichen Rechts zur Befriedigung aus dem vom Absonderungsrecht betroffenen Vermögen gemäß § 461 ABGB im Wege der Pfandrechtsklage vorgehen, die auf die Duldung der Exekution in das Absonderungsgut gerichtet ist (Schulyok aaO Rz 205; Reckenzaun aaO 75 mwN). Die Klägerin hat ungeachtet ihres Antrags auf pfandweise Beschreibung - der von der Klagezurückweisung ohnehin nicht erfasst war - keine solche Pfandrechtsklage, sondern eine ausschließlich auf das schuldrechtliche Mietrechtsverhältnis zur Gemeinschuldnerin (bzw ihrem verstorbenen Ehegatten) gestützte Mietzinsklage eingebracht, ohne auch nur die Behauptung aufzustellen, dass sie diesen Anspruch im Konkursverfahren angemeldet hätte und er vom Masseverwalter bestritten worden wäre. Auch aus der von der Rechtsmittelwerberin zitierten Entscheidung MietSlg 39.142 (des KG Krems) lässt sich keine andere Beurteilung ableiten, wird doch hierin ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Mietzinsklage (nur) „in den Grenzen des § 11 KO iVm § 48 Abs 4 KO" auch nach Konkurseröffnung ungeachtet der grundsätzlichen Prozesssperre erhoben werden könne. Wie dargelegt, ergibt sich aber gerade aus § 11 KO, dass nur die Geltendmachung des Absonderungsrechts im Sinn der zitierten Pfandrechtsklage mit dem Begehren auf abgesonderte Befriedigung aus den Pfandgegenständen vom Konkursverfahren und damit der Prozesssperre unberührt bleibt.

Soweit die Rechtsmittelwerberin schließlich damit argumentiert, dass auch Klagen der Eigentümergemeinschaft wegen Betriebskostenrückständen in Anbetracht des Vorzugspfandrechts gemäß § 27 WEG nach Konkurseröffnung zulässig seien, übergeht sie Folgendes:

Das Vorzugspfandrecht nach § 27 WEG 2002 (früher § 13c WEG 1975) unterscheidet sich erheblich von jenem nach § 1101 ABGB. Nach § 27 Abs 2 WEG hängt nämlich das Entstehen des Vorzugspfandrechts des Berechtigten - neben weiteren Voraussetzungen - davon ab, dass dieser seine Forderung fristgerecht mit Klage geltend macht (Prader, WEG 2002², § 27 E 37; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21, § 27 WEG Rz 11 ua). Eine Forderungsanmeldung im Konkurs vermag - im Gegensatz zum Bestandgeberpfandrecht nach § 1101 ABGB - die Klagsführung nicht zu ersetzen (MietSlg 52.574 und 53.533). Das gesetzliche Pfandrecht des Bestandgebers nach § 1101 ABGB entsteht hingegen unabhängig von einer Klagsführung gegen den Bestandnehmer bereits mit dem Realakt der Einbringung der Sache in das Bestandobjekt (Iro in KBB², § 1101 Rz 4). Auch der Antrag auf pfandweise Beschreibung setzt nicht die gleichzeitige Einbringung einer Klage voraus (vgl Würth in Rummel³ ABGB, § 1101 ABGB Rz 7). Das im Zusammenhang mit dem Vorzugspfandrecht nach § 27 WEG für die Zulässigkeit der Klagsführung trotz Konkurseröffnung ins Treffen geführte Argument, dass andernfalls eine Effektuierung dieses Vorzugspfandrechts nicht möglich wäre (Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 27 WEG Rz 14), ist schon deshalb nicht auf das Bestandgeberpfandrecht nach § 1101 ABGB anwendbar, weil bei diesem gerade eine Anmeldung im Konkurs der Zinsklage gleichzusetzen ist (Würth aaO; Mohr, KO10, § 48 E 52). Eine Ausnahme von der Prozesssperre nach § 6 Abs 1 KO ist daher für Mietzinsforderungen, für die ein Pfandrecht nach § 1101 ABGB besteht, nicht erforderlich.

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