OGH 5Ob187/02i

OGH5Ob187/02i12.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin Martina S*****, vertreten durch Dr. Johannes Schuster, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beklagten Stephan S*****, wegen EUR 3.750,64 (S 51.610) und Räumung über den Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 26. März 2002, GZ 40 R 57/02g-10, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 6. Dezember 2001, GZ 12 C 1195/01i-6, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin machte in ihrer Klage einen Mietzinsrückstand von (einschließlich Oktober 2001) S 51.610 sA geltend und begehrte vom Beklagten weiters die Räumung des Bestandobjekts. Sie stützte ihr Räumungsbegehren auf eine mit dem Beklagten am 7. 9. 2001 geschlossene Vereinbarung und vorsichtsweise auch auf § 1118 ABGB. Die Klage wurde dem Masseverwalter im am 5. März 2001 über das Vermögen des Beklagten eröffneten Konkursverfahren zugestellt. Das Erstgericht erklärte das bisherige Verfahren für nichtig und wies die Klage gemäß § 6 Abs 1 KO zurück.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Die behauptete Vereinbarung betreffe das zur Konkursmasse gehörige Vermögen. Selbst im Falle ihrer Wirksamkeit könne der vorliegende Rechtsstreit während des anhängigen Konkursverfahrens nicht gegen den Gemeinschuldner anhängig gemacht werden. Die hilfsweise begehrte Berichtigung der Parteienbezeichnung könne nicht erfolgen, weil die Klägerin vorrangig ihr Begehren, gestützt auf die Vereinbarung mit dem Gemeinschuldner, gerade nicht gegen die Masse richten möchte. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine oberstgerichtliche Judikatur zur Frage vorliege, ob ein auf eine Vereinbarung mit dem Gemeinschuldner über das zur Masse gehörende Bestandrecht und die daraus resultierenden Entgeltsforderungen gegründeter Anspruch gegen den Gemeinschuldner während des anhängigen Konkursverfahrens gerichtlich geltend gemacht werden könne.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.

Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt. Die Rechtsmittelwerberin macht im Wesentlichen geltend, die aus der Vereinbarung abgeleiteten Ansprüche würden nicht das zur Konkursmasse gehörige Vermögen betreffen; sollte dies doch der Fall sein, wäre die Bezeichnung der beklagten Partei auf den Masseverwalter zu berichtigen gewesen.

Hiezu wurde erwogen:

Gemäß § 6 Abs 1 KO gilt für die Geltendmachung von Ansprüchen auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen gegen den Gemeinschuldner eine Prozesssperre. Bestandverhältnisse bestehen nach Konkurseröffnung unverändert fort (Oberhammer in Konecny/Schubert § 23 KO Rz 58 mwN). Auch eine Mietzins- und Räumungsklage - wie sie von den Vorinstanzen zurückgewiesen wurde - betrifft grundsätzlich das zur Konkursmasse gehörige Vermögen (vgl RIS-Justiz RS0020903, RS0063776). Daran ändert sich weder etwas durch den Umstand, dass die Klägerin mit dem - insoweit gemäß § 1 Abs 1, § 3 Abs 1 KO in Bezug auf die Konkursmasse nicht verfügungsberechtigten - Gemeinschuldner während des anhängigen Konkursverfahrens eine Vereinbarung über die Bezahlung des Mietzinsrückstandes und die Räumung des Bestandobjekts geschlossen hat, noch durch die allfällige Absicherung der Mietzinsforderung durch das gesetzliche Bestandgeberpfandrecht gemäß § 1101 ABGB. Die vorliegende Klage war somit nicht gegen den Gemeinschuldner zu richten, wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat. Was eine Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei auf den Masseverwalter, dem die Klage auch zugestellt wurde, anlangt, so war das Räumungsbegehren zwar eine Konkursforderung, aber nicht anmeldungspflichtig (RIS-Justiz RS0020903). In einem solchem Fall ist die Berichtigung der Parteienbezeichnung vom Gemeinschuldner auf den Masseverwalter zulässig (jüngst 1 Ob 106/02y mwN; Schubert in Konecny/Schubert § 6 KO Rz 19 mwN). Das Begehren auf Zahlung von Mietzins bzw Benützungsentgelt betraf nach dem Klagsvorbringen offenbar zumindest teilweise Perioden nach Konkurseröffnung, was insoweit zur Qualifizierung als Masseforderung führt (RIS-Justiz RS0064127; Oberhammer aaO Rz 62 mwN). Dem Masseverwalter wäre dann Gelegenheit zum Prozesseintritt zu bieten gewesen (Schubert aaO Rz 21).

Die vorliegende Klage hätte von den Vorinstanzen somit nicht ohne weiteres zurückgewiesen werden dürfen, zumal sich die Klägerin nicht ausschließlich auf die mit dem Gemeinschuldner getroffene Vereinbarung gestützt hat und - entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes - auch ihr Eventualvorbringen zu beachten war. Die Beschlüsse der Vorinstanzen waren somit aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren wird sich eine Berichtigung der Parteienbezeichnung allerdings erübrigen, weil der Konkurs zwischenzeitig aufgehoben wurde (vgl ON 16, 17). Das Verfahren wird vielmehr mit dem ehemaligen Gemeinschuldner selbst fortzusetzen sein (vgl 4 Ob 555/90; SZ 61/50). Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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