European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0010OB00241.08K.1216.000
Spruch:
Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1.) Nach den Feststellungen der Vorinstanzen haben die Rechtsvorgänger der Kläger im Liegenschaftseigentum (im Folgenden nur Rechtsvorgänger) „die Quelle" mit Zustimmung und Wissen des Rechtsvorgängers der Beklagten in den 1930er Jahren von einer damals Wasserbezugsberechtigten erworben. Nur die Rechtsvorgänger der Kläger verfügten daher über einen Erwerbstitel für den Wasserbezug gegenüber den Rechtsvorgängern der Beklagten, sodass nicht erkennbar ist, warum sie nicht allein berechtigt sein sollten, die Feststellung des Bestehens einer entsprechenden Servitut sowie die Zustimmung zur Einverleibung zugunsten der jeweils herrschenden Grundstücke zu begehren. Dass die Rechtsvorgänger der Kläger später auch Eigentümer anderer Liegenschaften am aus der Quelle bezogenen Wasser teilhaben ließen, kann diesen keine eigene dingliche Rechtsposition gegenüber den Beklagten verschaffen.
Soweit sich die Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf die im RIS‑Justiz unter RS0011584 aufzufindende Entscheidung (1 Ob 33/79 = SZ 53/2) berufen, übersehen sie offenbar, dass dort ein anders gelagerter Fall zu beurteilen war. Dort war nämlich das Wasserbezugsrecht mit Zustimmung der Eigentümerin des dienenden Guts einer als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu qualifizierenden „Wasserinteressentenschaft" übertragen worden. Für eine Übertragung der Wasserbezugsrechte der Kläger an die bestehende Wassergenossenschaft bestehen hier keine Anhaltspunkte. Eine Vermehrung der dinglich Berechtigten wäre auch ohne Zustimmung der Eigentümer des dienenden Guts nicht möglich.
2.) Es trifft zwar zu, dass ungemessene Dienstbarkeiten grundsätzlich nur in jenem Ausmaß ausgeübt werden dürfen, das dem Bedürfnis des herrschenden Guts entspricht. Ob sich ein Wasserbezugsrecht auf die gesamte Quellschüttung erstreckt oder aber nur im Rahmen des eigenen Bedarfs ausgeübt werden darf, ist im Einzelfall anhand der vertraglichen Abreden bzw der tatsächlichen Inanspruchnahme während der Ersitzungszeit zu beurteilen. Bereits das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, dass im Jahr 1962 eine Neufassung der Quelle vorgenommen wurde, wobei ab diesem Zeitpunkt eine direkte Entnahme des Wassers aus den Quelleinrichtungen nicht mehr möglich war. Seither ist somit die gesamte Quellschüttung den Rechtsvorgängern der Kläger zugekommen. Es wurde auch festgestellt, dass vor dem „Verkauf der Quelle" diese ausschließlich der Versorgung eines einzigen Wasserbenutzers diente. Da die Inanspruchnahme der vollständigen Quellschüttung durch die Kläger bzw deren Rechtsvorgänger über mehr als 30 Jahre nicht behindert wurde, kann von einer unzulässigen Ausweitung der Servitut keine Rede sein. Warum der Besitz der Kläger bzw deren Rechtsvorgänger nicht rechtmäßig und redlich gewesen sein sollte, legen die Revisionswerber nicht nachvollziehbar dar.
3.) Ob ein Liegenschaftserwerber infolge Gutgläubigkeit die Liegenschaft ungeachtet einer von einem Dritten bereits ersessenen Servitut gemäß § 1500 ABGB lastenfrei erworben hat, ist jeweils von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig, wobei Gutgläubigkeit aber schon bei leichter Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist (vgl nur die Nachweise bei Dehn in KBB2 § 1500 ABGB Rz 2). Besondere Nachforschungspflichten bestehen insbesondere bei indiziertem Verdacht, dass die tatsächlichen Besitzverhältnisse nicht dem Buchstand entsprechen (vgl nur NZ 1987, 22; NZ 2002, 77; jeweils mwN).
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten die Belastung durch die von den Rechtsvorgängern der Kläger ersessene Dienstbarkeit hinzunehmen, weil dem Erstkläger (richtig: Erstbeklagten) die Grundstückssituation, die ungefähre Lage der Quelle und deren Einrichtungen bereits vor dem Kauf bekannt waren und er dennoch entsprechende Erhebungen bei den Nachbarn unterlassen hat, stellt keine bedenkliche Fehlbeurteilung dar, die vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste.
Nicht recht verständlich sind die Ausführungen der Revisionswerber, dass die Beklagten beim Liegenschaftserwerb nicht mit dem Bestehen eines Wasserbezugsrechts rechnen mussten, weil eine offenkundige Dienstbarkeit zur Verwirklichung eines verbotenen Zwecks nicht entstehen könne. Auch wenn eine wasserrechtliche Bewilligung für die Benutzung der Quellfassung und der Wasserleitungen nicht vorgelegen sein mag, hätten einfache Erkundigungen der Beklagten jedenfalls ergeben, dass die Liegenschaften der Kläger seit Jahrzehnten mit dem Quellwasser versorgt werden. Von einem - in der von den Revisionswerbern zitierten Entscheidung SZ 72/162 erwähnten - „rechtlich unmöglichen Sachgebrauch", der kein ersitzungsfähiger Gegenstand sei, kann jedenfalls keine Rede sein, solange eine behördliche Genehmigung nicht ausgeschlossen ist. Dafür liegen im vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte vor, vielmehr scheitert eine für eine wasserrechtliche Bewilligung erforderliche Sanierung der Einrichtungen am Widerstand der beklagten Grundeigentümer.
4.) Mit dem Vorwurf, das Berufungsgericht habe die Grundsätze der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs über die Unschlüssigkeit einer Klage nicht beachtet und das Begehren sei nicht ausreichend bestimmt, wenden sich die Revisionswerber gegen die Auffassung, die im Klagebegehren gewählte Umschreibung der Dienstbarkeit der Wasserleitung („von der im südlichen Bereich des Grundstücks befindlichen Quelle direkt nach Westen zur Grundstücksgrenze mit dem Grundstück Nr 741/1") sei (gerade noch) ausreichend bestimmt. Entgegen ihrer Auffassung liegt hier kein grober Subsumtionsfehler oder eine krasse Fehlbeurteilung vor, die geeignet wäre, eine erhebliche Rechtsfrage zu begründen. Wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, befindet sich im südlichen Bereich des dienenden Grundstücks eine einzige Quelle, weshalb eine räumliche Präzisierung durch Anschluss einer Planskizze oder gar eines Vermessungsplans nicht erforderlich gewesen ist. Dagegen führen die Revisionswerber keine konkreten Argumente ins Treffen, sondern begnügen sich mit der Wiedergabe von allgemeinen Rechtssätzen. Damit kann aber eine erhebliche Fehlbeurteilung des Erfordernisses der ausreichend bestimmten Beschreibung der Dienstbarkeit nicht aufgezeigt werden.
Soweit in diesem Zusammenhang weiters in Frage gestellt wird, ob den Klägern überhaupt eine (dingliche) Grundservitut zukommt oder ob deren Rechtsvorgänger allenfalls nur ein obligatorisches Recht auf den Wasserbezug erworben haben, verweisen die Revisionswerber lediglich darauf, dass das Vorhandensein einer Verbücherungsklausel im seinerzeitigen Kaufvertrag über den Erwerb „der Quelle" nicht festgestellt werden konnte. Abgesehen davon, dass auch bei Fehlen einer solchen Klausel - unter Bedachtnahme auf die üblichen Gepflogenheiten im ländlichen Bereich - eine entsprechende ergänzende Vertragsauslegung nahe läge, übersehen die Beklagten offenbar, dass im Wege der Ersitzung nur dingliche Rechte begründet werden können.
5.) Soweit zugunsten des Zweitklägers festgestellt wurde, dass den Beklagten kein Recht zukommt, selbst aus der Quelle Wasser zu beziehen, zweifeln die Revisionswerber dessen Feststellungsinteresse mit der Begründung an, er habe ein solches gar nicht behauptet. Zugleich führen sie aber ausdrücklich aus, sie seien als Eigentümer befugt, mit der Substanz und den Nutzungen nach Willkür zu schalten und jeden anderen davon auszuschließen, wobei sich diese Berechtigung auch auf Grundwasser und Quellen erstrecke. Berühmen sich die Beklagten aber im Verfahren selbst der Berechtigung zum eigenen Wasserbezug, ist eine ausdrückliche Darlegung eines Feststellungsinteresses durch den Zweitkläger, der den widerstreitenden Standpunkt vertritt, die gesamte Quellschüttung stünde allein den Servitutsberechtigten zu, nicht erforderlich.
6.) Unverständlich sind die Ausführungen der Revisionswerber zur Kostenentscheidung des Berufungsgerichts. Abgesehen davon, dass diese Kostenentscheidung einer Bekämpfung im Rechtsmittelweg gar nicht zugänglich ist, haben die insoweit erstatteten Ausführungen auch keinen Konnex zu den gestellten Revisionsanträgen.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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