OGH 1Ob225/99s

OGH1Ob225/99s22.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz G*****, vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Franz G*****, vertreten durch Dr. Reinhard Junghuber, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung, Einwilligung, Wiederherstellung und Unterlassung (Streitwert 100.000 S) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 15. Juni 1999, GZ 54 R 26/99h-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 27. Oktober 1998, GZ 13 C 1263/98p-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil in teilweiser Wiederherstellung des Ersturteils dahin abgeändert, daß es insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"I. 1. Der klagenden Partei steht als Eigentümer des herrschenden Guts, der Liegenschaft EZ *****, Bezirksgericht Salzburg, gegenüber der beklagten Partei als Eigentümer des dienenden Guts, der Liegenschaft EZ *****, Bezirksgericht Salzburg, die Dienstbarkeit der Wasserableitung von der Gitterrinne bei der Garagenrampe neben dem Wohnhaus (L*****straße *****) auf dem herrschenden Gut in den Revisionsschacht neben dem alten Bauernhaus und von dort in den Kanal bzw Wassergraben auf der Ostseite entlang des ehemaligen Stalls auf dem dienenden Gut zu.

I. 2. Die beklagte Partei ist schuldig, in die grundbücherliche Einverleibung der allein das Grundstück 2874 belastenden Dienstbarkeit nach I. 1. auf der Liegenschaft EZ *****, Bezirksgericht Salzburg binnen 14 Tagen einzuwilligen.

I. 3. Die beklagte Partei ist ferner schuldig, den auf dem dienenden Gut unterbrochenen Kanalstrang zur Ermöglichung der Ausübung der Dienstbarkeit nach I. 1. binnen 4 Wochen wiederherzustellen.

I. 4. Die beklagte Partei ist weiters schuldig, künftig jeden Eingriff in die Dienstbarkeit nach I. 1. zu unterlassen.

II. Dagegen wird das auf eine Dienstbarkeit der "Wasserableitung von der Klärgrube" bezogene Klagemehrbegehren abgewiesen.

III. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.455 S (Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu bezahlen."

IV. Die beklagte Partei ist überdies schuldig, der klagenden Partei die mit 2.650 S (Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 3.310 S (Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind Eigentümer benachbarter Liegenschaften. Der Beklagte, ein Sohn des Klägers, erwarb seine Liegenschaft aufgrund des Übergabevertrags mit seinen Eltern vom 23. März 1989. "Von der Klärgrube und einer das Oberflächenwasser sammelnden Gitterrinne des Hauses des Klägers" verläuft "ein Kanalstrang über die ... Liegenschaft des Beklagten in den dort angrenzenden A...bach". Dieses jetzt verrohrte Gerinne "für Niederschlagswasser" befindet sich in einem Grenzgraben. Der Kanalstrang existiert seit etwa 100 Jahren; er hatte schon dem heute leer stehenden alten Bauernhaus gedient, er war den Parteien bei Abschluß des Übergabevertrags bekannt und wegen eines "Revisionsschachts der Klärgrube allgemein ersichtlich", weshalb er im Übergabevertrag unerwähnt blieb.

Der Kläger ist nach der Baubewilligung der Stadt Salzburg vom 20. Jänner 1955 verpflichtet, "die Fäkalien und Abwässer in eine betonierte Senkgrube abzuleiten, welche abflußlos und geruchsdicht zu erstellen ist". Ihm ist ferner das Einleiten des Fäkalüberwassers und des sonstigen Abwassers in den angrenzenden Bach verboten. Das Fäkalüberwasser ist vielmehr in die Senkgrube abzuleiten. Der Kläger "widersetzte" sich diesen Anordnungen und leitete das Fäkalabwasser über den Kanalstrang in den Bach ab; über diesen wird jedoch auch das "Dachrinnenwasser" in das Gerinne eingeleitet. Der gesamte Abfluß dorthin besteht "zum weitaus größten Teil" aus Fäkalüberwasser, wofür es an einer behördlichen Bewilligung mangelt. 1997 entfernte der Beklagte die Rohre des Kanalstrangs im Bereich des Revisionsschachts und eines Garagenvorplatzes und schüttete die Aufgrabung wieder zu. Deshalb kann (auch) das Fäkalüberwasser nicht mehr in den Bach abfließen und staut sich auf der Liegenschaft des Klägers beim und im alten Bauernhaus.

Der Kläger erhob die aus dem Spruch ersichtlichen Begehren und brachte dazu vor, von seiner Liegenschaft verlaufe über jene des Beklagten "seit urvordenklichen Zeiten, zumindest aber 100 Jahren", ein Kanalstrang zur Ableitung von Klärgrubenabwasser und des sich in einer Gitterrinne sammelnden Oberflächenwassers in den angrenzenden Bach. Der Beklagte habe aufgrund des Übergabevertrags vom 23. März 1989 Eigentum an der Nachbarliegenschaft erworben. Die Existenz des Kanalstrangs sei den Vertragsparteien einerseits bekannt, andererseits aber auch wegen des Revisionsschachts neben der Klärgrube "allgemein ersichtlich" gewesen. Wegen des seinerzeitigen guten Einvernehmens der Streitteile sei im Übergabevertrag der Kanalstrang unerwähnt geblieben. Im März 1997 habe ihn der Beklagte offenkundig durch Entfernung der Rohre und Zuschüttung des Schachts unterbrochen und weigere sich, die Anlage wieder instandzusetzen. Dieser Eingriff verursache einen Wasserrückstau auf seiner - des Klägers - Liegenschaft. Ein öffentlich-rechtliches Verbot, Fäkalabwasser in den benachbarten Bach abzuleiten, ändere nichts am Bestehen eines privatrechtlichen Dienstbarkeitsrechts. Das Verhalten des Beklagten sei rechtswidrig, weil durch die "Trennung zweier Grundstücke" eine Kanaldienstbarkeit zugunsten der Liegenschaft des Klägers als herrschendes Gut entstanden sei, in deren bücherliche Einverleibung der Beklagte einzuwilligen habe. Der Beklagte habe ferner den vorigen Zustand wieder herzustellen und künftig Eingriffe in das Dienstbarkeitsrecht zu unterlassen.

Der Beklagte wendete ein, der Kläger sei nach der Baubewilligung vom 20. Jänner 1955 verpflichtet, die "Fäkalien und Abwässer in eine betonierte Senkgrube abzuleiten, welche abflußlos und geruchsdicht zu erstellen" sei. Die Einleitung des Senkgrubenüberlaufs bzw von Abwässern in den angrenzenden Bach sei verboten. Demnach sei der Kläger auch nicht berechtigt, Abwasser in den Kanalstrang, der überdies gar nicht unterbrochen worden sei, einzuleiten. Die Verbücherung einer Dienstbarkeit scheide aus, wenn der Kläger ein solches Recht - entsprechend seinem Prozeßstandpunkt - unabhängig davon beanspruchen könne.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seiner Ansicht steht dem Kläger für eine verbotswidrige Ableitung von Fäkalabwasser in den Bach kein Dienstbarkeitsrecht zu. Eine Kanaldienstbarkeit könne nur für die Ableitung des Dachrinnenwassers gerechtfertigt sein.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, das Klagebegehren sei nach den grundsätzlichen Erwägungen der in diesem Rechtsstreit in der Frage der Klageanmerkung ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 1 Ob 292/98t (= EvBl 1999/70) berechtigt. Der Einwand, dem Entstehen der behaupteten Dienstbarkeit stünden zwingende Bestimmungen öffentlichen Rechts entgegen, sei nicht stichhältig, weil dadurch die "vom Obersten Gerichtshof bereits gelöste privatrechtliche Problematik einer offenkundigen Dienstbarkeit" unberührt bleibe, fuße doch eine solche auf einem anderen Rechtsschutzgedanken. Ein "weiterer ordentlicher Rechtszug an den Obersten Gerichtshof" sei "im Hinblick auf die ... zur inhaltlichen Problematik der Annahme einer Dienstbarkeit nach Grundstücksteilung" bereits geklärten Rechtslage nicht mehr zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht, wie den nachstehenden Ausführungen zu entnehmen sein wird, von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abwich; sie ist teilweise auch berechtigt.

1. Der Kläger behauptet die absolute Unzulässigkeit der Revision und bringt dazu vor, der Oberste Gerichtshof sei an die 260.000 S übersteigende Bewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Berufungsgericht nicht gebunden. Das Gericht zweiter Instanz habe den Entscheidungsgegenstand, als es die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses in der Frage der Klageanmerkung ausgesprochen habe, mit "insgesamt nicht 260.000 S" übersteigend bewertet. Das Klageinteresse sei gemäß § 56 Abs 2 JN mit 100.000 S angegeben worden; davon abzugehen bestehe "auch bei Anwendung der Verweisungsnorm des § 500 Abs 3 ZPO kein Anlaß".

1. 1. Der Zivilprozeßordnung ist ein Rechtssatz fremd, wonach ein Gericht zweiter Instanz im Berufungsverfahren an seinen Ausspruch über die Bewertung des Entscheidungsgegenstands in einem vorherigen Rekursverfahren innerhalb desselben Rechtsstreits gebunden sei, kann sich doch die Beurteilungsgrundlage im Beweisverfahren durch die Vervollständigung der (auch) für die Bewertung maßgeblichen Umstände ändern. Eine solche Änderung war für den Bewertungsausspruch des Berufungsgerichts offenkundig ausschlaggebend, wurde doch nunmehr auch auf "die wirtschaftlichen Folgen" eines Erfolgs bzw Mißerfolgs des Klagebegehrens Bedacht genommen.

Das Berufungsgericht ist bei seinem Ausspruch über den Wert eines nicht ausschließlich in Geld bestehenden Streitgegenstands überdies nicht an die Bewertung des Klägers gemäß § 56 Abs 2 bzw § 59 JN gebunden. Der Bewertungsausspruch ist unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend, es sei denn, das Berufungsgericht hätte zwingende Bewertungsvorschriften verletzt oder überhaupt keine Bewertung vorzunehmen gehabt (1 Ob 215/97t = RZ 1998/1; Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 3 zu § 500 mwN aus der Rsp). Eine derartige Mißachtung von Bewertungsvorschriften behauptet selbst der Kläger nicht; eine solche ist auch nach dem Akteninhalt nicht erkennbar. Die Revision des Beklagten ist daher - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht jedenfalls unzulässig.

2. Nach Meinung des Beklagten kann eine offenkundige Dienstbarkeit durch Veräußerung einer Liegenschaft, die bisher offenkundig einer anderen Liegenschaft diente, vor dem Hintergrund der Erörterungen der in diesem Rechtsstreit über den Antrag des Klägers auf bücherliche Klageanmerkung ergangenen Entscheidung des erkennenden Senats 1 Ob 292/98t (= EvBl 1999/70) dann nicht entstehen, wenn eine solche Dienstbarkeit zwingenden Bestimmungen öffentlichen Rechts zur Entsorgung von Fäkalabwasser widerspräche, sei doch deren Begründung infolge der rechtlichen Unmöglichkeit, sie auszuüben, zwecklos.

2. 1. Der erkennende Senat sprach bereits in der Entscheidung 1 Ob 262/97d (= SZ 70/201 ["Lärmerregungsservitut"] = RdU 1998, 89 [Kerschner, RdU 1998, 96) aus, es sei nur ein Recht ersitzbar, das nicht zwingenden Bestimmungen öffentlichen Rechts widerspreche. Eine Ersitzung solchen Regelungen zuwider scheide - mangels Fähigkeit des Gegenstands im Sinne des § 1460 ABGB - aus. Die Befugnisse aus einem beschränkt dinglichen Recht könnten nicht weiter reichen als der Umfang unbeschränkten Eigentums als Vollrecht. Eine Befugnis, die der jeweilige Eigentümer des dienenden Guts bei unbelastetem Eigentum infolge zwingender Bestimmungen öffentlichen Rechts nicht hätte ausüben können, sei gegen ihn auch nicht ersitzbar.

2. 2. Kerschner (RdU 1998, 96) wendete gegen die unter 2. 1. referierte Entscheidung ein, es sei zwar der Rechtserwerb denkbar, jedoch die Ausübung eines solchen Rechts nach öffentlichem Recht ausgeschlossen, "wenn und soweit diese verboten" sei. Der Sinn dieser Differenzierung zeige sich, "wenn das öffentlich-rechtliche Verbot geändert oder aufgehoben" werde.

Dieser Ansicht ist nicht zu folgen, weil ein rechtlich unmöglicher Sachgebrauch gerade kein ersitzungsfähiger Gegenstand im Sinne des § 1460 ABGB ist. Bei einem derartigen Hindernis an der Wurzel der Voraussetzungen zur Rechtsbegründung kommt die Ersitzung einer Dienstbarkeit somit von vornherein nicht in Betracht. Das bedeutet, daß die Ersitzung erst ab einer allfälligen Änderung oder Aufhebung des jeweils bedeutsamen öffentlich-rechtlichen Verbots beginnen kann. Der erkennende Senat hält demnach an der Begründung und am Ergebnis der Entscheidung 1 Ob 262/97d fest.

2. 3. Ist ein Dienstbarkeitsrecht, das zwingenden Bestimmungen öffentlichen Rechts widerspricht, nicht ersitzbar, so kann - vor dem Hintergrund und in Weiterführung der Grundsätze nach 2. 1. - auch keine offenkundige Dienstbarkeit durch Grundstücksteilung bzw Veräußerung einer Liegenschaft, die bisher einer anderen diente, zur Verwirklichung eines solchen verbotenen Zwecks entstehen.

3. Nach dem Streitgegenstand soll die behauptete Dienstbarkeit die Einleitung des Oberflächenwassers und des ungeklärten Fäkalabwassers einer "Klärgrube" in ein Gerinne ermöglichen. Den Feststellungen zufolge entfällt der Löwenanteil der abzuleitenden Flüssigkeitsmenge auf Fäkalabwasser, nur ein geringer Teil dagegen auf Oberflächenwasser.

Die Einleitung ungeklärten Fäkalabwassers in das Gerinne widerspricht schon deshalb zwingenden Bestimmungen öffentlichen Rechts, weil es der Kläger entsprechend seinen mit Bescheid vom 20. Jänner 1955 individualisierten Rechtspflichten in einer abflußlosen und geruchsdichten Senkgrube zu sammeln hat und dessen Einleitung in den Bach ausdrücklich verboten ist. Diese Rechtspflicht wurde, wie hervorzuheben ist, viele Jahre vor Übergabe der im Anlaßfall bedeutsamen Liegenschaft an den Beklagten begründet.

3. 1. Der Kläger bekämpfte im Berufungsverfahren zwar die Feststellung, es würden "Fäkalabwässer" in den Bach eingeleitet, weil die vorhandene "Kläranlage ... gerade zur Reinigung derartiger Fäkalabwässer und Schmutzabwässer" diene und deshalb nur "saubere Überwässer" abzuleiten seien. Bei diesem Vorbringen handelt es sich jedoch um eine im Rechtsmittelverfahren unzulässige Neuerung, ist doch der Kläger gegenteiligen Behauptungen des Beklagten im Verfahren erster Instanz nur mit dem Argument entgegengetreten, es sei zivilrechtlich gar nicht von Bedeutung, ob Fäkalabwasser in den Bach eingeleitet werde. Es habe "bislang keine Verpflichtung zu einem Kanalanschluß" gegeben. Die Stadt Salzburg toleriere auch "gerne" die Ableitung der "Überwässer" - nämlich des "Überlaufs der Klärgrube" und des Oberflächenwassers (ON 14 S. 6) - in den Bach, weil "die städtische Abwasserentsorgung schon sehr ausgelastet" sei (ON 10). Nicht vorgebracht wurde dagegen, es sammelten sich auf der Liegenschaft des Klägers bloß "saubere Überwässer" der Klärgrube, die vollständig gereinigt abzuleiten seien. Damit stellte der Kläger aber die Behauptung des Beklagten, der Kanalstrang diene (auch) der Ableitung ungeklärten Fäkalabwassers, gemäß § 267 Abs 1 ZPO zumindest schlüssig außer Streit. Er hält jenen erst im Berufungsverfahren vorgetragenen Prozeßstandpunkt in der Revisionsbeantwortung auch nicht mehr aufrecht, weil er dort - unter Berufung auf Feststellungen im Ersturteil - betont, es sei "nicht nur Fäkalüberwasser, sondern auch Oberflächen- und Dachrinnenwasser" über den Kanalstrang auf dem dienenden Gut in den Bach abgeleitet worden.

4. Soweit sich die im angefochtenen Urteil festgestellte Dienstbarkeit auf die Ableitung von "Oberflächenwasser" bezieht, verletzt dieser Zweck keine zwingenden Bestimmungen öffentlichen Rechts, dient doch der Ableitungsgraben - nach den Feststellungen - gerade der Entsorgung eines solchen Abflusses. Vom Beklagten wird auch gar nichts Gegenteiliges behauptet.

Der Streitgegenstand umfaßt daher unter Zugrundelegung öffentlich-rechtlicher Bestimmungen einen erlaubten und einen unerlaubten Dienstbarkeitszweck, mag auch dem Oberflächenwasser gegenüber ungeklärtem Fäkalabwasser mengenmäßig nur untergeordnete Bedeutung zukommen.

Im angefochtenen Urteil wurde dem Klagebegehren allerdings zur Gänze stattgegeben, obgleich die Abweisung des Klagebegehrens teilweise - nämlich in Ansehung ungeklärten Fäkalabwassers - zu bestätigen gewesen wäre, entspricht doch die Ansicht des Erstgerichts insoweit der unter 2. 1. bis 2. 3. dargestellten Rechtslage.

Der Revision ist somit teilweise Folge zu geben und das Ersturteil in seinem auf die Ableitung ungeklärten Fäkalabwassers bezogenen klageabweisenden Teil wiederherzustellen. Soweit der Beklagte die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens anstrebt, läßt er unbeachtet, daß einer Dienstbarkeit auf Ableitung von Oberflächenwasser in das an die Liegenschaften der Streitteile angrenzende Gerinne selbst nach seiner eigenen Ansicht kein öffentlich-rechtliches Hindernis entgegensteht, betont er doch schließlich in der Revision (ON 27 S. 5), das im Anlaßfall bedeutsame Gerinne sei ein "Grenzgraben für Niederschlagswässer".

Für die dem Beklagten unter I. 3. des Spruchs auferlegte Wiederherstellung des Kanalstrangs, die schon für die bloße Ableitung des Oberflächenwassers erforderlich ist, ist gemäß § 409 Abs 2 ZPO ein angemessener Zeitraum von vier Wochen als Leistungsfrist zu bestimmen.

5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 43 Abs 1 und § 50 Abs 1 ZPO. Wenngleich die festgestellte Dienstbarkeit nur dem Abfluß von Oberflächenwasser vom herrschenden Gut dient und der Kläger mit dem Begehren, über die Liegenschaft seines Sohnes sei auch die Ableitung ungeklärten Fäkalabwassers zu dulden, unterlag, kann den in der Klage im Verhältnis zueinander nicht gewichteten Dienstbarkeitszwecken kostenmäßig keine unterschiedliche Bedeutung zugemessen werden. Der Kläger ist daher mit der Hälfte seines Begehrens unterlegen, was in allen Instanzen - abgesehen von den verzeichneten gerichtlichen Pauschalgebühren und Sachverständigenkosten - zur gegenseitigen Kostenaufhebung führt. Zuzuerkennen sind daher nur die im Spruch dieser Entscheidung ausgeworfenen Barauslagen. Im Verfahren erster Instanz wendete der Kläger an gerichtlicher Pauschalgebühr und Sachverständigenkosten 4.410 S auf, wovon ihm 2.205 S nach dem Prozentsatz seines Obsiegens (50 %) zustehen. Abzuziehen sind davon 750 S, was 50 % der vom Beklagten getragenen Sachverständigenkosten entspricht. Für das Berufungsverfahren stehen dem Kläger 2.650 S (50 % von 5.300 S an gerichtlicher Pauschalgebühr) zu. Dem Barauslagenzuspruch für die Revision ist nicht die entrichtete und verzeichnete gerichtliche Pauschalgebühr von 13.250 S, sondern nur ein Betrag von 6.620 S zugrundezulegen. Maßgeblich ist also der bei einem Streitwert von 100.000 S nach der Bewertung des Klägers zu leistende Gebührenbetrag von 6.620 S, wovon dem Beklagten 50 % zu ersetzen sind. Die Bewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Berufungsgericht ist demnach insofern belanglos.

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