OGH 1Ob180/08i

OGH1Ob180/08i16.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingrid W*****, vertreten durch Dr. Fritz Wintersberger und Mag. Thomas Nitsch, Rechtsanwälte in Mödling, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17‑19, wegen 16.183,07 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. Juni 2008, GZ 14 R 80/08z‑26, womit das Urteil des Landesgerichts Wr. Neustadt vom 1. Februar 2008, GZ 25 Cg 6/07s‑21, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0010OB00180.08I.1216.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 872,40 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ab. Eine solche wird im Rechtsmittel auch nicht aufgezeigt:

Entscheidungswesentlich ist, ob die Klagsstattgebung in einem Honorarprozess eines Rechtsanwalts für die Vertretung in einem streitigen gerichtlichen Verfahren vertretbar ist, das von einem Miteigentümer gegen den anderen Miteigentümer angestrengt und auf Zuspruch eines Benutzungsentgelts für die Vergangenheit gerichtet war, obwohl keine Benutzungsvereinbarung bestand oder begehrt wurde, oder ob diese Prozessführung von vornherein aussichtslos war und die Mandantin darüber aufgeklärt hätte werden müssen.

Tatsächlich wurde ein Anspruch auf Benutzungsentgelt für die Vergangenheit zwischen Miteigentümern, wenn die Sache von einem Miteigentümer alleine oder in einem seine Miteigentumsquote übersteigenden Ausmaß benutzt wird, in zahlreichen oberstgerichtlichen Entscheidungen verneint (vgl RIS‑Justiz RS0013202, RS0013814, RS0087211, RS0013185; 2 Ob 678/85; 5 Ob 589/79 = MietSlg 31.139; 1 Ob 59/73 = MietSlg 25.046; 1 Ob 115/72 = MietSlg 24.067; 1 Ob 702/84). Diesen Entscheidungen liegt (auch) der Gedanke zugrunde, dass der Gebrauch eines Miteigentümers seine Schranke nur im tatsächlichen Gebrauch des anderen finde und daher ein Miteigentümer nicht rechtswidrig handle, wenn er die durch die Überlassung der Benutzung durch den anderen Miteigentümer eröffnete Gebrauchsmöglichkeit auch nutzt (vgl RIS‑Justiz RS0013202).

Ob in Fällen, in denen einerseits die Gebrauchsüberlassung nicht freiwillig erfolgt, sondern - wie hier - durch Verbringung der beweglichen Sache an einen unbekannten Ort herbeigeführt wird, und andererseits das mangelnde Einverständnis des anderen Miteigentümers eindeutig und unzweifelhaft (hier durch gerichtliche Verfahren) dokumentiert ist, tatsächlich kein Benutzungsentgelt für die Vergangenheit zusteht, sondern ausschließlich im Wege einer Benutzungsregelung für die Zukunft zu erwirken wäre, muss hier nicht abschließend beantwortet werden. Es besteht nämlich ohnehin auch Judikatur, die einen solchen Anspruch auf Benutzungsentgelt bejaht (vgl RIS‑Justiz RS0013617; 1 Ob 754/78 = MietSlg 30.151; 6 Ob 679/82 = MietSlg 34.171) sowie Literatur, die dies zumindest für überlegenswert hält (Oberhofer, Anspruch des Miteigentümers auf Benutzungsentgelt auch für die Vergangenheit?, in wobl 2004, 209 ff). Angesichts dessen ist die Rechtslage im Gegensatz zu der in der Revision vertretenen Meinung nicht so eindeutig, dass die Einklagung des Benutzungsentgelts als aussichtslos erachtet hätte werden müssen, und ist daher die Ansicht der Vorinstanzen, dass der Zuspruch im Honorarprozess vertretbar war, als ebenso vertretbar nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, ihr Schriftsatz diente daher der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

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