Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Verpflichtete ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Beabsichtigt ein Gesellschafter, seinen Geschäftsanteil oder Teile davon unter Lebenden an Nichtgesellschafter abzutreten, hat er diesen gemäß Punkt IX.2. des Gesellschaftsvertrags vorher allen übrigen Gesellschaftern mittels eingeschriebenen Briefs unter Bekanntgabe der Abtretungsbedingungen zum Verkehrswert ... zum Erwerb anzubieten, wobei jeder Gesellschafter jedenfalls ein Aufgriffsrecht im Verhältnis seiner Bewilligung hat.
Das Erstgericht bewilligte gemäß § 331 Abs 1 EO der betreibenden Partei zur Hereinbringung von 36.340 EUR sA wider den Verpflichteten die Pfändung dessen Geschäftsanteils als Alleingesellschafter einer GmbH, deren einziger Geschäftsführer er ist.
In der Folge stellte das Erstgericht den Schätzwert der „100%igen Geschäftsanteile" des Verpflichteten an der GmbH mit 40.000 EUR fest (Punkt 1. seines Beschlusses). Weiters bewilligte er unter 2. die Verwertung der Anteile durch Verkauf mittels öffentlicher Versteigerung mit dem Beisatz, dass der Verkauf, wenn dieser Geschäftsanteil nicht innerhalb von 14 Tagen nach dieser Benachrichtigung der Gesellschaft durch einen von der Gesellschaft zugelassenen Käufer gegen Bezahlung eines den Schätzungswert erreichenden Kaufpreises übernommen werde, nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung vorgenommen werde, ohne dass zu dieser Übertragung des Geschäftsanteils die Zustimmung der Gesellschaft erforderlich sei.
Infolge Rekurses der betreibenden Aktiengesellschaft änderte das Gericht zweiter Instanz Punkt 2. dieses Beschlusses dahin ab, dass es ihr den Verkauf des Geschäftsanteils des Verpflichteten an der GmbH durch Verkauf aus freier Hand bewilligte.
Zur Begründung führte das Rekursgericht aus, dass nach dem Gesellschaftsvertrag kein Zustimmungsrecht der Gesellschaft, ihrer Organe oder der Gesellschafter zur Übertragung der Gesellschaftsanteile iSd § 76 Abs 4 GmbHG vorgesehen sei; vielmehr sei ein Aufgriffsrecht der übrigen Gesellschafter zu vorfixierten Bedingungen festgelegt. Aufgrund eines solchen sei beim Zwangsverkauf aus freier Hand der Geschäftsanteil dem Berechtigten zu dem nach der Abfindungsklausel berechneten Preis anzubieten. Erst wenn dieses Angebot nicht fristgerecht angenommen (und erfüllt) werde, sei die Vinkulierung hinfällig. Diese Vorgangsweise komme im vorliegenden Verfahren aber nicht zum Tragen, weil keine aufgriffsberechtigten Gesellschafter existierten. Daher sei gemäß § 332 Abs 1 EO sogleich der Verkauf aus freier Hand zu bewilligen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil es sich auf die zitierte Judikatur des Höchstgerichts sowie eine Lehrmeinung habe stützen können.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Zu Recht macht dieser geltend, dass keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu vorliege, ob § 76 Abs 4 GmbHG auch auf Einmanngesellschaften anzuwenden sei, wobei sich die für die Entscheidung relevanten Fragen aber auf eine im Gesellschaftsvertrag festgelegte Anbotspflicht mit Aufgriffsrecht, wie im konkreten Gesellschaftsvertrag vorgesehen, beschränken.
Entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers konnte sich das Gericht zweiter Instanz auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs berufen, dass bei der Exekution auf GmbH-Anteile die Verwertung gemäß § 332 Abs 1 EO primär durch Zwangsverkauf aus freier Hand zu erfolgen hat und der Verkauf in öffentlicher Versteigerung nur subsidiär zulässig ist (3 Ob 215/05x = EvBl 2006/42 = RZ 2006/13 = GesRZ 2006, 81 = ZIK 2006, 72 = RPflE 2006/32 mwN; zuletzt aufrecht erhalten zu 3 Ob 83/08i).
Hervorzuheben ist in der Sache zunächst, dass die Satzung der GmbH, deren Alleingesellschafter (und einziger Geschäftsführer) der Verpflichtete ist, die Übertragung der Gesellschaftsanteile nicht von der Zustimmung „der Gesellschaft" iSd § 76 Abs 4 GmbHG abhängig macht, auch nicht von der eines ihrer Organe oder eines Dritten. Vielmehr werden eine Anbotspflicht des Abtretenden sowie anteilige Aufgriffsrechte der übrigen Gesellschafter zu einem nach bestimmten Regeln zu ermittelnden Verkehrswert festgelegt. Daraus folgt, dass sich das Rekursgericht richtigerweise nicht der Auffassung des Exekutionsgerichts anschloss, es habe auch in einem solchen Fall die Rechtsfolge der genannten Norm Platz zu greifen. Es ist nämlich kein Grund ersichtlich, weshalb im Exekutionsverfahren auf einen solchen Geschäftsanteil der Gesellschaft selbst - zumindest zunächst - ein Recht, wie es § 76 Abs 4 GmbHG vorsieht, nämlich über die Zulassung von Interessenten zum Anteilserwerb zu entscheiden, entstehen sollte, obwohl ihr der Gesellschaftsvertrag ein solches Recht gar nicht gewährt. Demnach ist der Ansicht der zweiten Instanz jedenfalls dahin zu folgen, dass es im konkreten Fall bei allfälliger sinngemäßer Anwendung dieser Norm, allein in Betracht käme, weiteren Gesellschaftern der GmbH den Erwerb im Rahmen der Zwangsvollstreckung vorweg zu dem nach der Satzung ermittelten Preis („Verkehrswert") binnen der im Gesetz genannten Frist zu ermöglichen (so im Wesentlichen schon Hager-Rosenkranz, Beschränkungen der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen in Exekution und Konkurs, wbl 2006, 253 ff bei FN 33; ihr folgend Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 76 Rz 32). Ob diese analoge Anwendung tatsächlich gerechtfertigt wäre (zum allgemeinen Meinungsstand in Österreich s jüngst Weismann, Übertragungsbeschränkungen bei GmbH-Geschäftsanteilen 332 ff) oder im Gegenschluss die EO mangels Anwendbarkeit der dazu spezielleren Norm (3 Ob 83/08i) uneingeschränkt anzuwenden wäre, bedarf keiner Klärung: Im konkreten Fall einer Einpersonengesellschaft mangelt es, wie das Rekursgericht zu Recht hervorhebt, an berechtigten „übrigen" Gesellschaftern iS der Satzung, denen der Geschäftsanteil des Verpflichteten angeboten werden könnte. Somit kommt eine analoge (bzw entsprechende) Anwendung von § 76 Abs 4 GmbHG jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn in concreto die satzungsmäßige Übertragungsbeschränkung für Geschäftsanteile einer GmbH nur zugunsten von weiteren Gesellschaftern angeordnet ist, solche aber nicht vorhanden sind.
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass - bei ebenfalls fehlender konkreter Regelung im Gesetz - in Deutschland auch die Meinung vertreten wird, bei Einpersonen-GmbHs hätten Abtretungsbeschränkungen überhaupt keine Wirkung (Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG18 § 15 Rz 39; Mayer im Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 3, Gesellschaft mit beschränkter Haftung² § 20 Rz 30, je mwN), ebenso für Österreich von Umfahrer (GmbH6 Rz 732). Der Oberste Gerichtshof hat diese Rechtsauffassung schon, allerdings nur zum - hier gerade nicht gegenständlichen - Zustimmungsrecht der Generalversammlung vertreten (6 Ob 5/91). Dass dasselbe jedenfalls für Vinkulierungen der hier vorliegenden Art auch bereits nach materiellem Recht gelten müsste, ergibt sich schon aus dem unvermeidlichen Fehlen von übrigen Gesellschaftern im Sinne der Satzung bei der Einpersonen-GmbH.
Somit ist dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO.
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