OGH 7Ob213/08m

OGH7Ob213/08m5.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** Versicherung Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Mag. Dr. Oskar Wanka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei W***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Michael Mathes, Rechtsanwalt in Wien, wegen 42.000 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Mai 2008, GZ 4 R 14/08w‑41, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 31. Oktober 2007, GZ 15 Cg 59/06b‑32, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

1. Der Ausspruch des angefochtenen Beschlusses über die Aufhebung des Ersturteils und Zurückverweisung der Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht wird, soweit er auch den - unbekämpft gebliebenen - Zuspruch von 22.500 EUR samt 4 % Zinsen p.a. seit 7. 9. 2004 betrifft, als nichtig ersatzlos behoben.

2. Im Übrigen wird der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

3. Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Begründung

Am 14. 11. 2003 ereignete sich ein Verkehrsunfall zwischen einem bei der Klägerin haftpflichtversicherten PKW und einem von Herbert L*****, dem Inhaber des nicht protokollierten Einzelunternehmens T***** gehaltenen und bei der Beklagten haftpflichtversicherten LKW, einem Spezialfahrzeug mit einem Abrollaufbau für Container und mit sonstigen Wechselaufbauten. Das Alleinverschulden an diesem Unfall traf die Versicherungsnehmerin der Klägerin. Herbert L***** hatte in seinem Versicherungsvertrag auf die Geltendmachung des Ersatzes von Mietkosten eines Ersatzfahrzeugs einschließlich eines Taxis und des Verdienstentgangs wegen der Nichtbenützbarkeit des Fahrzeugs gemäß § 21 Abs 1 KHVG nicht verzichtet. Er begehrte von der Klägerin außergerichtlich 83.125 EUR an Verdienstentgang, der durch die Nichtbenützbarkeit seines beim Unfall total beschädigten Spezialfahrzeugs im Zeitraum vom 14. 11. 2003 bis 15. 1. 2004 eingetreten sei. Der Klägerin gelang es, diese Ansprüche mit einem Betrag von 42.000 EUR zu vergleichen.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Rückersatz dieses Betrags und beruft sich auf eine analoge Anwendung des § 21 Abs 4 KHVG. Bereits unmittelbar nach dem Unfall habe sie die Mitteilung erhalten, dass aufgrund der Sonderbauweise des total beschädigten LKWs mit einem Verdienstentgang von acht Wochen zu rechnen sei und kaum die Möglichkeit bestehe, ein Ersatzfahrzeug am Gebrauchtwagenmarkt zu besorgen. Obwohl im vorgelegten Gutachten eines Wirtschaftstreuhänders ein Verdienstentgang von insgesamt 83.125 EUR festgestellt worden sei, sei es ihr gelungen, den Ersatzbetrag mit 42.000 EUR zu vergleichen. Dass die Berechnung im Gutachten nicht nachvollziehbar sei, habe die Beklagte erst in der Klagebeantwortung behauptet.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren lediglich der Höhe nach und beantragte „mangels Nachvollziehbarkeit" der Ermittlung des Verdienstentgangs Klageabweisung. Sie anerkannte „das Regressrecht der Klägerin gemäß § 21 Abs 4 KHVG" dem Grunde nach, bekämpfte aber gleichzeitig die Höhe des geltend gemachten Verdienstentgangs. Bestritten werde insbesondere der Zeitraum der „Schadensdauer", weil der Geschädigte nach den Informationen der Beklagten lediglich Ersatz für den Zeitraum 15. 11. 2003 bis 12. 12. 2003 gefordert habe. Außerdem seien der Beklagten zum Verdienstentgang keine nachvollziehbaren Unterlagen, die eine korrekte Überprüfung ermöglicht hätten, vorgelegt worden. Die Berechnung durch die C***** GmbH enthalte diese Unterlagen nicht und sei nicht nachvollziehbar. Schließlich bestritt die Beklagte auch noch, dass es sich beim von ihr versicherten LKW um ein nicht durch ein Alternativfahrzeug ersetzbares Spezialfahrzeug gehandelt habe und wendete die Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die „klagende Partei" ein. Die Schadenssumme hätte durch das Ausleihen eines „alternativen LKWs", der über die gleichen technischen Möglichkeiten verfügt hätte, bei weitem niedriger gehalten werden können, weil die Kosten hiefür weit unter dem nunmehr geltend gemachten Verdienstentgang gelegen wären.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (unter Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens von „weiteren 1 % Zinsen p.a. aus 42.000 EUR seit 7. 9. 2004") statt. Es stellte - zusammengefasst - noch fest:

Der bei der Beklagten versicherte LKW besaß eine spezielle zusätzliche Hydraulikausstattung, wodurch er mit verschiedenen Aufbauten betrieben werden konnte. Im Fuhrpark des Herbert L***** befand sich nur ein einziges derartiges Spezialfahrzeug, mit dem er sein Unternehmen, das sich damals im Wesentlichen mit der Entsorgung von Sperrmüll, Räumungen und Abhaltung eines Flohmarkts beschäftigte, betrieb. Beim Unfall wurde das Spezialfahrzeug total beschädigt. Daher stand im Zeitraum vom 14. 11. 2003 bis 15. 1. 2004 weder ein gleichwertiges Fahrzeug zur Verfügung, noch fand sich am Markt ein entsprechender LKW, der bis 15. 1. 2004 mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand hätte gemietet oder gekauft werden können. Eine Schadensminderung durch Ausleihen eines anderen gewöhnlichen LKWs war nicht möglich, weil für die Arbeitsweise des Versicherungsnehmers der Beklagten ein Spezialaufbau mittels Presse erforderlich war. Eine Beschäftigung von Subunternehmen hätte keinen Gewinn gebracht und überdies die Gefahr des Abwerbens von Kunden durch den Subunternehmer bedeutet.

Aufgrund des länger andauernden Ausfalls konnte Herbert L***** daher

- seinen Aufträgen im Bereich der Entsorgung von Sperrmüll nicht nachkommen, wodurch es zu einem Verdienstentgang kam (der Deckungsbeitrag als Differenz zwischen Umsatz und variablen Kosten für den Ausfallszeitpunkt betrug rund 20.000 bis 25.000 EUR),

- seine 2.500 m2 große Halle nicht vollständig für einen bevorstehenden Flohmarkt ausräumen,

- sein in der Halle vorhandenes Hochregallager nicht rechtzeitig für einen Kaufinteressenten freimachen, der ihm dafür bei sofortiger Lieferung um 2.100 EUR mehr bezahlt hätte, als er nach Freiwerden des Lagers lukrierte,

- einen Auftrag bezüglich der Räumung einer Produktionsstätte nicht durchführen (die Höhe des entgangenen Gewinns aus dem Auftrag ist nicht mehr genau feststellbar).

Den Verdienstentgang setzte das Erstgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung gemäß § 273 Abs 1 ZPO fest wie folgt:

- 22.500 EUR an Verdienstentgang für die „verunmöglichte" Abfallentsorgung,

- 9.800 EUR an Mietausfall „aus der Abhaltung eines Flohmarkts",

- 8.000 EUR für die unterbliebene Räumung einer Produktionsstätte.

Zusammen mit dem Schaden aus dem unterbliebenen Verkauf des Hochregallagers von 2.100 EUR ergebe sich daher auch ohne Berücksichtigung eines Mehraufwands für das händische Freimachen der Halle für die abgehaltenen Flohmärkte (in teilweiser Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO) ein Schaden des Versicherungsnehmers der Beklagten von 42.400 EUR. Daher sei die Beklagte der Klägerin im Regressweg zum Ersatz des vergleichsweise bezahlten Schadens in Höhe des Klagsbetrags verpflichtet. Das Zinsenbegehren in einem über 4 % hinausgehenden Ausmaß sei hingegen abzuweisen, weil durch das Zins‑RÄG BGBl I 2002/18 mit Wirkung vom 1. 8. 2002 nunmehr anstelle des 5%igen gesetzlichen Zinsfuß des Handelsrechts der allgemeine Zinssatz von 4 % nach § 1000 Abs 1 ABGB gelte.

Gegen das Urteil des Erstgerichts erhoben beide Parteien Berufung. Die Klägerin bekämpfte den klagsabweisenden Teil und beantragte, das Ersturteil im Sinn einer Zuerkennung von weiteren 5,47 % Zinsen aus 42.000 EUR ab 7. 9. 2004 abzuändern. Sie erhob auch einen Rekurs gegen die Kostenentscheidung des Erstgerichts. Die Beklagte bekämpfte den Zuspruch von 19.500 EUR mit dem Antrag, das Ersturteil dahin abzuändern, dass ein „Mehrbegehren von 19.500 EUR" abgewiesen werde; hilfsweise hat sie auch einen Aufhebungsantrag „im Umfang der Anfechtung" gestellt.

Die Klägerin erhob in ihrer Berufung nur eine Rechtsrüge, die auf die Entscheidung 7 Ob 49/06s sowie darauf hinwies, dass das Erstgericht die auf § 1333 ABGB gestützte Ausdehnung des Zinsenbegehrens in ON 7 (auf 8 % über dem Basiszinssatz, somit auf 9,47 %) offenbar übersehen habe.

Die Berufung der Beklagten enthielt neben einer Rechts- auch eine umfangreiche Tatsachen- und Beweisrüge, in der sie die Feststellungen zu den Themenbereichen Flohmarkt, Hochregal und Produktionsstätte (Punkte 1 bis 3 der Berufung) bekämpfte und dazu jeweils Negativfeststellungen begehrte. In der Rechtsrüge der Berufung wendete sich die Beklagte (nur) dagegen, dass das Erstgericht einen entgangenen Gewinn aus der Vermietung von Stellplätzen für den Flohmarkt mit 8.900 EUR festgesetzt, auch betreffend die Räumung einer Produktionsstätte den § 273 Abs 1 ZPO angewendet und einen Deckungsbeitrag von 8.000 EUR als angemessen angesehen habe.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht der Berufung der Beklagten Folge gegeben, das angefochtene Urteil (ohne Einschränkung) aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht verwiesen. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei und dass die Klägerin mit ihrer Berufung und ihrem Kostenrekurs auf diese Entscheidung verwiesen werde. Aus „Praktikabilitätsgründen" befasse es sich lediglich mit der Rechtsrüge, weil sich bereits aus rechtlichen Gründen die Aufhebung des Ersturteils als notwendig erweise. Für den Rechtsstreit sei nämlich entscheidungswesentlich, welche Einwendungen ein regresspflichtiger Versicherer den nach § 21 Abs 1 KHVG erhobenen Ansprüchen des Versicherers des Schädigers entgegenhalten könne. Dazu vertrat das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Entscheidungen 7 Ob 116/01m und 7 Ob 34/90 den Standpunkt, auch ein nach § 21 Abs 4 KHVG regresspflichtiger Versicherer sei grundsätzlich berechtigt, eine außergerichtliche Regelung von Ansprüchen vorzunehmen. Er dürfe nur nicht nach Willkür und ohne Bedachtnahme auf die Interessen des Regressberechtigten vorgehen. Daher sei lediglich zu überprüfen, ob der Vergleichsabschluss nach den zum damaligen Zeitpunkt gegebenen Umständen vertretbar gewesen sei oder nicht. Spätere Entwicklungen, die bei Vergleichsabschluss nicht absehbar gewesen seien, dürften bei dieser Prüfung der Berechtigung der Regressforderung im Regressprozess nicht berücksichtigt werden. Nach diesen Grundsätzen sei hier lediglich zu prüfen, ob ex ante eine außergerichtliche Streitbeilegung, wie sie unstrittig mit dem geschädigten Versicherungsnehmer der Beklagten vorgenommen worden sei, vertretbar gewesen sei.

Dazu fehlten sowohl Vorbringen als auch Feststellungen. Unter Beachtung des Verbots der Überraschungsentscheidung sei das angefochtene Urteil aufzuheben, weil die Streitteile diesbezüglich im fortgesetzten Verfahren zu entsprechendem Vorbringen angeleitet werden müssten. Das Erstgericht werde nach Verbreiterung der Tatsachengrundlage neu zu entscheiden haben. Die Klägerin sei mit ihrem Rechtsmittel auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei nach § 519 Abs 1 Z 2, Abs 2 ZPO zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, welche Einwendungen ein nach § 21 Abs 4 KHVG regresspflichtiger Versicherer der „Zahlungspflicht gegenüber dem Regressberechtigten" entgegenhalten könne.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, 1. den angefochtenen Beschluss, soweit er das Urteil erster Instanz im Umfang eines Zuspruchs von 22.500 EUR aufhebe, zu „vernichten" und das Ersturteil wiederherzustellen; 2. soweit er das Ersturteil im darüber hinausgehenden Umfang aufhebe, zu beheben und dem Berufungsgericht die Entscheidung in der Sache aufzutragen.

Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs der Klägerin nicht Folge zu geben und den angefochtenen Beschluss zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.

Zu Punkt 1:

Zutreffend zeigt die Rekurswerberin auf, dass die Beklagte das - abgesehen von einem Zinsenmehrbegehren - klagsstattgebende Ersturteil (wie das Berufungsgericht selbst festhält) lediglich insoweit bekämpft hat, als der Klägerin mehr als 22.500 EUR (samt 4 % Zinsen seit 7. 9. 2004) zuerkannt wurde; in ihrer Berufung hat sie die Entscheidung des Erstgerichts, in der sie zur Zahlung von 42.000 EUR sA verpflichtet worden war, nämlich (nur) „betreffend eines Betrages von 19.500 EUR" angefochten und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass „ein Mehrbegehren von 19.500 EUR abgewiesen wird". Davon ausgehend betraf auch der in ihrer Berufung eventualiter gestellte Aufhebungsantrag das Ersturteil ausdrücklich nur „im Umfang der Anfechtung".

Zu Recht begehrt der Rekurs daher die teilweise „Vernichtung" des angefochtenen Beschlusses, mit dem das Berufungsgericht das Ersturteil zur Gänze aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen hat:

Da der Grundsatz des § 405 ZPO nicht nur in erster Instanz, sondern auch im Rechtsmittelverfahren gilt, ist auch das Rechtsmittelgericht an die Rechtsmittelanträge gebunden (2 Ob 53/06t und 6 Ob 25/04a mwN; RIS‑Justiz RS0041059, RS0041170; Fucik in Fasching/Konecny² III § 405 ZPO Rz 60). Wenn das Berufungsgericht - wie hier - bei seiner Entscheidung über die Berufungsanträge hinausgegangen ist, begründet dieser Verstoß gegen die Teilrechtskraft (vgl hier die aufgrund des Antrags ON 37 bereits erteilte Rechtskraftbestätigung auf ON 32) nach ständiger Rechtsprechung die von der Klägerin monierte Nichtigkeit des davon betroffenen Teils der Berufungsentscheidung (SZ 67/117 mwN; RIS‑Justiz RS0041170; RS0107779; 7 Ob 6/07v mwN; 8 ObA 28/06k; Kodek in Rechberger³ Rz 4 aE zu § 503 ZPO mwN; Zechner in Fasching/Konecny² IV § 503 ZPO Rz 92). Der teilnichtige Beschluss des Berufungsgerichts muss daher insoweit ersatzlos beseitigt werden (6 Ob 570/93; 8 ObA 28/06k), als damit das Ersturteil auch hinsichtlich des unbekämpft gebliebenen Teils aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen wird.

Zu Punkt 2:

Die Rekurswerberin beruft sich auf den Umstand, dass das Verfahren erster Instanz lediglich zur Höhe des Klagsanspruchs, den der Beklagte dem Grunde nach ausdrücklich anerkannt hatte, geführt wurde. Das Berufungsgericht habe sich im Aufhebungsbeschluss über diese ausdrückliche Prozesserklärung hinweggesetzt und versucht, mit seiner „rechtlichen Begründung" einen Verfahrensmangel zu konstruieren, der den von den Parteien gewollten Verfahrensgegenstand überhaupt nicht betroffen habe. Auch die Begründung für die Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof sei nicht tragend.

Diesen Ausführungen kommt ebenfalls Berechtigung zu:

§ 21 Abs 4 KHVG 1994 soll gewährleisten, dass letztlich derjenige Versicherer die in Abs 1 leg cit genannten Kosten für die Miete eines Ersatzfahrzeugs einschließlich eines Taxis und den Verdienstentgang (hier: den gesamten, durch die Unmöglichkeit, ein adäquates Ersatzfahrzeug zu bekommen, verursachten Verdienstausfall) trägt, der die dafür vorgesehenen Prämienzahlungen erhalten hat. Diese Kosten sind durch den Versicherer des Geschädigten an den Versicherer des Schädigers zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0115265).

Wie der Senat in der Entscheidung 7 Ob 116/01m (SZ 74/93 = VersE 1930 = VersR 2002, 640) ausgeführt hat, unterscheidet § 21 Abs 4 KHVG 1994 im Rahmen der zwischen den Versicherern zu ersetzenden Leistungen einerseits zwischen den in Abs 1 angeführten „Ansprüchen" (das sind alle jene auf Ersatz von Mietwagenkosten des ersatzberechtigten Versicherungsnehmers einschließlich eines Taxis und des Verdienstentgangs wegen der Nichtbenutzbarkeit seines Fahrzeugs) und den durch die Abgeltung dieser Ansprüche entstandenen „Aufwendungen" (durch den Versicherer des Geschädigten) andererseits (RIS‑Justiz RS0115266).

In dieser Entscheidung wurde auch dargelegt, dass vom Rückersatz nach § 21 Abs 4 KHVG 1994 nur solche Kosten erfasst sein können, deren Aufwendung notwendigerweise mit einer Anspruchsdurchsetzung nach § 21 Abs 1 KHVG 1994 in einer solchen Verbindung steht, dass deren Aufwendung „den Umständen nach geboten ist" (RIS‑Justiz RS0115267).

Für die nach § 21 Abs 4 KHVG 1994 zu ersetzenden „Ansprüche" (hier: Verdienstentgang) kann nichts anderes gelten. Auch sie werden vom Rückersatz (nur) in dem Umfang erfasst, der nach den Umständen zum Zeitpunkt der Ersatzleistung sachlich gerechtfertigt war. In welcher Höhe dies für die Ersatzzahlung der Klägerin zutrifft, wird das Berufungsgericht anhand der dazu getroffenen, aufgrund der Berufung zu überprüfenden Feststellungen zu beurteilen haben.

Die Beklagte hat das Regressrecht der Klägerin gemäß § 21 Abs 4 KHVG in der Klagebeantwortung ausdrücklich „dem Grunde nach anerkannt", „mangels Nachvollziehbarkeit" nur „die Höhe des Klagebegehrens bestritten" und diesbezügliche Einwände erhoben. Das Berufungsgericht vertritt dazu (offenbar) die Ansicht, dass der nach § 21 Abs 4 KHVG regresspflichtige Versicherer (auch) einen die Höhe des Anspruchs betreffenden Einwand nur darauf stützen könne, der regressberechtigte Versicherer sei „nach Willkür und ohne Bedachtnahme auf die Interessen des Regresspflichtigen" vorgegangen; die sich gegen die Schadensberechnung durch das Erstgericht richtenden Einwände seien daher nur in der Richtung überprüfbar, ob der Vergleichsabschluss nach den damals gegebenen Umständen vertretbar war oder nicht.

Übersehen wird dabei, dass die Interessen des Regresspflichtigen nur dann gewahrt sind, wenn die Schadenersatzzahlung des Regressberechtigten der Sach- und Rechtslage (hier zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses) entspricht. Zu beurteilen ist also (und das hat das Erstgericht ja versucht), ob die Zahlung, deren Rückersatz begehrt wird, (auch) der Höhe nach sachlich gerechtfertigt war. Da diese Beurteilung eine entsprechende Feststellungsbasis voraussetzt, ist die Weigerung des Berufungsgerichts, die Feststellungsrüge zu behandeln, rechtsirrig.

Das Berufungsgericht wird daher zunächst die vom Erstgericht geschaffene Sachverhaltsbasis zu überprüfen und sodann rechtlich dahin zu beurteilen haben, inwieweit die Ersatzzahlungen berechtigterweise geleistet wurden. Dazu fehlt weder ein Vorbringen (wozu die Parteien im fortgesetzten Verfahren anzuleiten wären) noch sind in diesem Zusammenhang weitere Feststellungen (also eine Verbreiterung der Tatsachengrundlage im fortgesetzten Verfahren) erforderlich.

Da das Berufungsgericht jedoch - von einer anderen, vom Revisionsgericht nicht geteilten Rechtsansicht ausgehend - einen Aufhebungsbeschluss gefasst hat, ohne auf die Beweis- und Tatsachenrüge der Berufung der Beklagten einzugehen und die Klägerin mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen hat, ist dem Rekurs der Beklagten auch insoweit Folge zu geben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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