OGH 13Os92/08s

OGH13Os92/08s5.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. November 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gebert als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Nikoll D***** wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 30. Jänner 2008, GZ 15 Hv 80/06a-57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Nikoll D***** (richtig:) jeweils mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG (I) und nach §§ 33 Abs 2 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (II) schuldig erkannt.

Danach hat er gewerbsmäßig Abgabenverkürzungen bewirkt, nämlich (I) unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten

a) in der Zeit vom 1. Jänner 1999 bis (richtig:) zum 31. Mai 2003 als Geschäftsführer der D***** GmbH, indem er unrichtige, Vorsteuern überhöht und Erlöse sowie Gewinne zu gering ausweisende Steuererklärungen abgab, für die Jahre 1999 bis 2002 um 390.998,95 Euro an Einkommen-, Kapitalertrag-, Körperschaft- und Umsatzsteuer sowie

b) in der Zeit vom 1. Jänner 2000 bis (richtig:) zum 30. Juni 2004, indem er Geschäftsführerbezüge sowie Umsätze aus Vermietung und Verpachtung von Liegenschaften nicht steuerlich erklärte, für die Jahre 2000 bis 2003 um 36.028,28 Euro an Einkommen- und Umsatzsteuer, weiters

(II) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen

a) in der Zeit vom 1. Jänner 2002 (richtig:) bis zum 15. Juli 2002 als Geschäftsführer der D***** GmbH um 42.000 Euro an Umsatzsteuer sowie

b) in der Zeit vom 1. Jänner 2004 (richtig:) bis zum 15. Jänner 2005 um 1.760 Euro an Umsatzsteuer

und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht den Antrag auf Ergänzung des Gutachtens des Buchsachverständigen (S 68 ff/III iVm ON 32) zum Beweis dafür, dass „die vom Finanzamt Amstetten herangezogenen Schätzungsgrundlagen sich nicht aus den offiziellen Buchhaltungsunterlagen der D***** GmbH ableiten lassen" (S 77/III), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (S 80/III). Der Beweisantrag basierte auf der - unsubstantiierten - Behauptung, „sämtliche Buchhaltungsunterlagen" befänden sich „in den Büroräumlichkeiten der D***** GmbH bzw der D***** KEG" (S 77/III), ließ aber nicht erkennen, welche konkreten Urkunden zugänglich sein sollten, die geeignet wären, die Basis der Expertise zu verbreitern, und zielte solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung ab (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330). Im Hinblick darauf, dass das Ende des Tatzeitraums im Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits mehr als drei Jahre zurücklag, hätte der Antrag überdies darlegen müssen, aus welchem Grund die angeblich vorhandenen Unterlagen bislang weder behördlich sichergestellt (vgl S 125/I) noch vorgelegt wurden.

Auch durch die Abweisung (S 80/III) des Antrags auf zeugenschaftliche Vernehmung der Brüder des Beschwerdeführers zum Nachweis dafür, dass „auch aus dem Vermögen bzw dem Einkommen der Brüder des Angeklagten Geldmittel aufgebracht wurden und (gemeint: um) die in Rede stehenden Privateinlagen teilweise mitzufinanzieren" (S 77 f/III), stellt den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht her, weil das Erstgericht die zu beweisenden Umstände ohnedies als erwiesen angesehen hat (S 80/III, US 62 f; RIS-Justiz RS0099135).

Mit den - ohne Bezugnahme auf die Aktenlage begründungslos vorgetragenen - Einwänden der Mängelrüge (Z 5), das den gegenständlichen Sachverhalt betreffende Abgabenverfahren sei noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, der Sachverständige habe „die verfügbaren Grundbuchhaltungsaufzeichnungen" nicht berücksichtigt und es sei diesbezüglichen Beweisanträgen nicht gefolgt worden, wird ein aus Z 5 beachtlicher Mangel inhaltlich nicht einmal behauptet. Das weitere Beschwerdevorbringen zielt darauf, die Ergebnisse der Betriebsprüfung sowie das Gutachten des Buchsachverständigen und (hievon ausgehend) die hinsichtlich der objektiven Tatseite auf diese Beweismittel gestützte Urteilsbegründung (US 52) als mangelhaft darzustellen. Da die Rüge in diesem Zusammenhang aber weder unberücksichtigte Verfahrensergebnisse (Z 5 zweiter Fall) noch den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechende Urteilsüberlegungen (Z 5 vierter Fall) aufzeigt, bringt sie auch insoweit den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungskonform zur Darstellung.

Die Erklärung der Tatsachenrüge, das Vorbringen der Mängelrüge auch auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO zu stützen, lässt nicht erkennen, aus welchen in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweismitteln aufgrund welcher Erwägungen sich erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen ergeben sollen.

Die Rechtsrüge (Z 9 [gemeint wohl:] lit a) geht nicht vom konstatierten Sachverhalt aus, sondern stellt diesen anhand eigener Beweiswerterwägungen in Zweifel und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO). Dieses wird zu berücksichtigen haben, dass das angefochtene Urteil eine die Höchstgrenze des § 20 Abs 2 FinStrG übersteigende Ersatzfreiheitsstrafe ausspricht und solcherart an einer - ungerügten - Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO leidet (RIS-Justiz RS0109969).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte