OGH 14Os105/08k

OGH14Os105/08k14.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Oktober 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp und Hon.-Prof. Dr. Schroll und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gebert als Schriftführerin in der Strafsache gegen Katharina H***** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3. April 2008, GZ 94 Hv 34/07v-47, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Katharina H***** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie sich zwischen 7. August 2004 und 1. Mai 2006 in Wien als Stationsleiterin einer B*****-Tankstelle in mehreren (insgesamt 13) Angriffen ein ihr anvertrautes Gut, nämlich Tageslosungen in der Gesamthöhe von 59.937,35 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet, indem sie die Geldbeträge für sich behielt und nicht auftragsgemäß auf das Geschäftskonto des Verfügungsberechtigten Walter M***** zur Einzahlung brachte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten schlägt fehl.

Die Mängelrüge macht nominell offenbar unzureichende (Z 5 vierter Fall) und unvollständige (Z 5 zweiter Fall) Begründung geltend, orientiert sich dabei aber keineswegs an den Anfechtungskategorien des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes.

Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht.

Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ. Erhebliche Tatsachen sind solche, die für die Feststellung über Vorliegen oder Nichtvorliegen einer entscheidenden Tatsache von Bedeutung, mithin erörterungsbedürftig sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 409, 421).

Nach den wesentlichen Feststellungen eignete sich die Angeklagte als Stationsleiterin der Tankstelle die ihr von Walter M***** anvertrauten Tageslosungen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zu, anstatt sie auftragsgemäß auf das Unternehmenskonto einzuzahlen, wobei sie zur Verschleierung der Tathandlungen den Bankangestellten im Zuge tatsächlicher Einzahlungen anderer Geldbeträge von ihr ausgefüllte Belege über die unrechtmäßig vereinnahmten Summen - meist durch Austausch der Quittungsdurchschläge - zur Bestätigung unterschob, um diese anschließend in der eigenen Buchhaltung zu verwenden und an den Steuerberater weiterzuleiten (US 6 f, 9).

Aus aktenkundigen Urkunden, den Angaben des Zeugen Walter M***** und der diesbezüglich geständigen Verantwortung der Angeklagten leiteten die Tatrichter zunächst ab, dass die in Rede stehenden Tageslosungen tatsächlich in der festgestellten Höhe eingenommen, sodann von den jeweiligen Mitarbeitern im Safe der Tankstelle deponiert und schließlich von der Beschwerdeführerin als Alleinverantwortlicher auch zur Einzahlung auf das Unternehmenskonto übernommen wurden, dort jedoch niemals eingingen (US 12 f). Unter dieser - von der Beschwerde gar nicht bestrittenen - Prämisse erachteten sie in einer ausführlichen Erörterung des äußeren Erscheinungsbildes der betroffenen Kontobuchungsbelege sowie aufgrund der Angaben der vernommenen Bankangestellten, wonach in der Regel nur das Original der vierteiligen Nachttresorbelege kontrolliert wurde, als erwiesen, dass die Angeklagte ihre Taten auf die festgestellte Weise zu verschleiern suchte (US 6, 13 f).

Weshalb sie ausschlossen, dass die mit der Übernahme der Tageslosung befassten und damit ebenfalls im Gelegenheitsverhältnis stehenden Bankangestellten sich die inkriminierten Beträge zueigneten oder die Einzahlungen irrtümlich auf andere Konten verbuchten, wurde ebenfalls umfassend begründet (US 10, 12 ff).

Damit aber wurde - zulässig (vgl dazu Lendl, WK-StPO § 258 Rz 25 mwN) - aus einer Kette von Indizien der Schluss auf die Täterschaft der Angeklagten gezogen. Weshalb dieser Gesetzen logischen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechen sollte, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen.

Das Vorbringen der Mängelrüge beschränkt sich vielmehr im Wesentlichen darauf, die Urteilsgründe als „unzulässige Vermutungen zu Lasten der Angeklagten" zu bezeichnen, die „durch keinerlei Beweisergebnisse gedeckt" wären.

Anstelle prozessordnungskonformer deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Ergebnissen des Beweisverfahrens, die das Erstgericht nach Ansicht der Beschwerdeführerin übergangen hat (Z 5 zweiter Fall; vgl RIS-Justiz RS0118316), wird überwiegend pauschal auf „Verfahrensergebnisse" verwiesen und - teils von urteilsfremden Prämissen ausgehend - versucht, aus eigenen rein spekulativen Erwägungen für die Beschwerdeführerin günstigere als die vom erkennenden Gericht gezogenen Schlüsse abzuleiten.

Die Aussage, ein Nachttresorbeleg bestehe aus vier zusammenhängenden, am Rand zusammengehefteten Einzelbelegen ist den Entscheidungsgründen - der Beschwerde zuwider - gar nicht zu entnehmen. Das Erstgericht ging vielmehr davon aus, dass die Belege oft lose aufeinander gelegt waren (US 6).

Die leugnende Verantwortung der Angeklagten wurde von den Tatrichtern mit logisch und empirisch einwandfreier Begründung als widerlegt erachtet (US 15 f), einzelne Details ihrer Aussage waren daher nicht erörterungsbedürftig iSd Z 5 zweiter Fall.

Indem die Mängelrüge Teile der Angaben des Zeugen Manfred B*****, wonach anhand der auf den betroffenen Buchungsbelegen aufscheinenden Paraphen der jeweils befasste Bankangestellte nicht identifizierbar sei, kontextentleert zitiert, dabei dessen weiteren Bekundungen zur Ausforschbarkeit des zuständigen Kassiers aufgrund des „Kassaprotokolls" (S 45 f/II) aber übergeht, auf weitere Zeugenaussagen zu nicht erkennbarer Urheberschaft einzelner Paraphen verweist und daraus unter Berufung auf die „allgemeine Lebenserfahrung" und „Gesetze der Logik" die Täterschaft eines Bankangestellten abzuleiten versucht, zeigt sie einen Begründungsmangel im Sinne des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes ebenso wenig auf.

Die Kritik, das Erstgericht setze sich „nicht mit den eigenen Sachverhaltsfeststellungen" auseinander und lasse „diese unberücksichtigt", geht schon im Ansatz fehl und entzieht sich damit einer sachlichen Erwiderung.

Die Behauptung fehlender Begründung der Urteilsannahme, den Bankangestellten seien die unterschobenen Belege nicht aufgefallen, übergeht die diesbezügliche, auf mehrere Zeugenaussagen gestützte Argumentationskette der Tatrichter (US 13 f) und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezug.

Gleiches gilt für den Beschwerdeeinwand, das - lediglich abrundend verwendete - Urteilsargument, die Angeklagte sei aufgrund ihres beruflichen Vorlebens mit Bankabläufen vertraut gewesen, sei nicht hinreichend begründet.

Wie die Beschwerde ohnehin einräumt, wurde aus den Ergebnissen der Eröffnung des Privatkontos der Angeklagten gerade nicht abgeleitet, dass es sich bei den dort ersichtlichen Bargeldeinzahlungen um unmittelbare Geldflüsse aus den in Rede stehenden Taten handle (US 15). Weshalb diese Konstatierung im Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zur Auffassung der Tatrichter stehen sollte, die Kontoauszüge hätten dennoch zur Verdichtung der Verdachtslage beigetragen, weil sich aus den dort aufscheinenden signifikanten Bareinlagen ein - von der Angeklagten nur unglaubwürdig erklärtes und nicht belegtes - beträchtliches Zusatzeinkommen ergebe, welches sich größtenteils mit dem Tatzeitraum decke, erklärt die Beschwerde nicht. Insgesamt vermag die Mängelrüge keinen Begründungsmangel iSd Z 5 des § 281 Abs 1 StPO aufzuzeigen, vielmehr wendet sie sich außerhalb der Anfechtungskategorien des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung unzulässig gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter in Bezug auf einzelne isoliert betrachtete Urteilsargumente. Die offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte