OGH 13Os131/08a

OGH13Os131/08a1.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Oktober 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Rechtspraktikanten Dr. Schmidmayr als Schriftführer in der Strafsache gegen Martin S***** und Manuela S***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 15, 156 Abs 1 und Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 16. Mai 2008, GZ 12 Hv 21/08x-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Manuela und Martin S***** jeweils des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 15, 156 Abs 1 und Abs 2 StGB, Martin S***** nach § 12 dritter Fall StGB, schuldig erkannt.

Danach haben in der Zeit von 24. bis 29. September 2004 in B*****

I. Manuela S***** einen Bestandteil ihres Vermögens verringert und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen zu vereiteln oder zu schmälern versucht, indem sie zwei in ihrem Alleineigentum stehende, im Urteil bezeichnete Liegenschaften einerseits am 24. September 2004 und andererseits am 29. September 2004 an die B***** GmbH, *****, um einen monatlichen Mietzins von je einem Euro auf unbestimmte Zeit vermietet und dadurch den Verkehrswert dieser Liegenschaften um insgesamt 516.250 Euro gemindert hat,

II. Martin S***** zu den unter I. dargestellten Taten dadurch beigetragen, dass er „nur vier Tage vor dem Vertragsabschluss am 24. September 2004 die B***** GmbH gegründet, als deren Geschäftsführer die unter I. genannten Mietverträge in Kenntnis der finanziellen Situation der Manuela S***** und der Sachhaftung der gegenständlichen Liegenschaften abgeschlossen und die unter I. dargestellte Tathandlung überhaupt erst initiiert und geplant hat".

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche bekämpfen die Angeklagten mit gemeinsam ausgeführter, auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde. Sie ist nicht berechtigt.

Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider haben die Tatrichter die Verantwortung der Angeklagten, wonach zufolge Gegenverrechnung einer aus Bauleistungen resultierenden Forderung der B***** GmbH in der Höhe von 55.000 Euro gegenüber Manuela S***** mit der Mietzinsforderung keine Vermögensverringerung eingetreten sei, in den Entscheidungsgründen sehr wohl berücksichtigt und plausibel dargelegt, weshalb sie diese Version abgelehnt haben. Dabei zogen sie die Gründung der Mieterin (als deren Geschäftsführer der Angeklagte fungierte und deren alleiniger Gesellschafter dessen Vater war; US 5) nur wenige Tage vor Abschluss der Mietverträge ebenso ins Kalkül wie die Tatsache, dass gemäß einem Sachverständigengutachten zum Bauzustand der auf den Liegenschaften errichteten Gebäude die behauptete teilweise Sanierung durch die B***** GmbH nicht erkennbar ist und eine solche auch von einer Zeugin nicht wahrgenommen werden konnte, sowie ferner, dass Umsatzsteuerüberwachungsbögen des für das genannte Unternehmen zuständigen Finanzamtes München im Zeitraum von 2004 bis April 2006 lediglich geringe Umsatzbewegungen ausweisen (US 9 f).

Indem die Mängelrüge die Gesamtheit dieser Entscheidungsgründe prozessordnungswidrig unberücksichtigt lässt (RIS-Justiz RS0119370) und die fehlende Erörterung von zwei bezogen auf den Zeitraum der behaupteten Leistungserbringung nachträglich erstellten, im Übrigen nicht firmenmäßig gezeichneten oder unterfertigten - und solcherart über tatsächliche Leistungen der B***** GmbH nicht aufschlussreichen - „Auftragsbestätigungen" vom 1. Oktober 2004 (Beilagen zur ON 18) reklamiert und aus diesen den den tatrichterlichen Annahmen zuwiderlaufenden Schluss zieht, die B***** GmbH hätte Dienstleistungen für die Angeklagte erbracht („... verrichtet wurden bzw zu verrichten sind ..."; vgl RS 3) sowie weiters Angaben der Angeklagten zur Bereitstellung von Stromversorgungsgeräten durch die B***** GmbH (erst) nach Abschluss der Mietverträge im Leistungszeitraum Jänner 2005 bis September 2007 releviert, bekämpft sie bloß unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter, die nach Maßgabe des Gebots zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verpflichtet waren, die „Auftragsbestätigungen" und unerhebliche Aussagedetails explizit zu erwähnen. Gleiches gilt, soweit die Rüge auf Basis eines „Fax vom 5. 7. 2004 (Notariat S***** & Sch*****), welches bereits einen Entwurf des Gesellschaftsvertrages betreffend die Firma B***** GmbH beinhaltet" (Beilage zur ON 18) den urteilskonträren Standpunkt einnimmt, die B***** GmbH habe sich zum Zeitpunkt der Arbeiten für die Angeklagte bereits im Gründungsstadium befunden und die geringen Bewegungen laut den Umsatzsteuerüberwachungsbögen mit unterbliebenem „Zahlungsfluss des Werkbestellers an den Werkunternehmer (Istbesteuerung lt ON 15, Seite 3 [?])" erklärt.

Im Übrigen ist als die Entstehung von Umsatzsteuer bewirkende Entgeltvereinnahmung im Sinn der hier angesprochenen Steuerberechnung (§§ 13 Abs 1 Z 1 lit b, 20 Abs 1 Z 1 dUStG; vgl ON 15 S 9, 13) auch eine (mit der Aufrechnungserklärung wirksame) Aufrechnung gegen eine Forderung des leistenden Unternehmers anzusehen (Zeuner in Bunjes/Geist, UStG8 § 13 Rz 19; Wagner in Sölch/Ringleb, UStG § 13 Rz 61), weshalb bei vorliegend behaupteter Aufrechnung von Mietzins mit Werklohn Umsatzsteuer mit Ablauf des auf den Abschluss der Mietverträge bezogenen Voranmeldungszeitraums angefallen wäre (§ 13 Abs 1 Z 1 lit b dUStG).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) orientiert sich mit der Behauptung eines Feststellungsmangels (gemeint: Rechtsfehler mangels Feststellungen; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 605) zu der durch den Abschluss der Mietverträge bewirkten Vermögensverringerung nicht an den dazu konkret getroffenen Feststellungen (US 6), welche sie im Übrigen ihrer weiteren Argumentation selbst zu Grunde legt. Auch soweit die Rüge im Kontext mit dem Hinweis auf Judikatur, wonach der Abschluss langfristig unkündbarer und ertragloser Bestandverträge eine Vermögensverringerung im Sinn des § 156 StGB darstellt (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 156 [2006] Rz 17), fehlende Feststellungen zu den Verbindlichkeiten der Angeklagten gegenüber der B***** GmbH zum Zeitpunkt des Abschlusses der Bestandverträge reklamiert, orientiert sie sich nicht am Urteilssubstrat, womit sie erneut den Anfechtungsrahmen verfehlt.

Schließlich wird auch die auf die Urteilsannahme einer fallbezogen wegen Nichtberücksichtigung der Mietverträge im gerichtlichen Zwangsversteigerungsverfahren unterbliebenen Schädigung von Gläubigern gestützte bloße Behauptung von (gemeint offenbar: absoluter) Versuchsuntauglichkeit nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet (eingehend 13 Os 151/03, JBl 2004, 531 [Burgstaller] = RZ 2004, 139 = SSt 2003/98; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).

Im Übrigen würde absolut untauglicher Versuch voraussetzen, dass die einem Tatbestand entsprechende Sachverhaltsverwirklichung bei generalisierender Betrachtung, also losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls geradezu denkunmöglich ist, sohin unter keinen Umständen erwartet werden kann (Hager/Massauer in WK2 §§ 15, 16 Rz 70), was die Rüge hier (mit Recht) nicht einmal ansatzweise einwendet.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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